Pneumologie 2018; 72(11): 782-789
DOI: 10.1055/a-0645-4789
Schritt für Schritt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sputumgewinnung – Schritt für Schritt

O. Karg
,
K. Avsar
,
H. Hoffmann
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Ortrud Karg
Zapfweg 11
81241 München

Publication History

Publication Date:
27 August 2018 (online)

 

Die meisten Ärzte und Pflegefachkräfte sehen die Sputumgewinnung als selbsterklärend an und überlassen sie fast regelhaft den Patienten ohne vorherige Anweisungen, wodurch häufig Fehler passieren. Diese schränken Sputumqualität und Aussagekraft der Ergebnisse stark ein. Um klinisch verwertbare Befunde zu erhalten, werden an die Sputumgewinnung und -verarbeitung im Labor hohe Anforderungen gestellt, die in dieser Übersicht näher erläutert werden sollen.


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Hintergrund

Die mikrobiologische Diagnostik hat zum Ziel, die für eine Infektionskrankheit verantwortlichen Erreger (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten) zu identifizieren und, wenn sinnvoll, eine Resistenzprüfung durchzuführen. Der bakteriologische Erregernachweis erfolgt vornehmlich durch Mikroskopie und Kultur. Sputum ist das am häufigsten verwendete Untersuchungsmaterial zur Diagnostik von Infektionen der unteren Atemwege und der Lunge und liefert darüber hinaus zytologisch auswertbares Material zur Einordnung verschiedener Atemwegserkrankungen. Mit Ausnahme der Tuberkuloseerreger lässt sich mit dem Nachweis von Krankheitserregern im Sputum die Ätiologie einer Infektion nicht sicher beweisen, v. a. wegen der häufigen Kontamination durch oropharyngeale Keime. Bei richtiger Sputumgewinnung und -untersuchung ist jedoch die Wahrscheinlichkeit klinischer Relevanz nachgewiesener pathogener Erreger sehr hoch.


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Definitionen

Sputum ist das Sekret der Atemwege, das aus der Tiefe hochgehustet und danach ausgespuckt wird (Auswurf). Es ist schleimig, eitrig oder blutig und enthält für die zytologische Untersuchung geeignete Entzündungs- oder Tumorzellen. Spontansputum wird ohne vorherige Provokation, induziertes Sputum nach Reizung der Atemwege durch Inhalation mit Kochsalzlösung produziert. Beide passieren bei der Gewinnung Mund und Rachen und enthalten deshalb nahezu immer auch Mikroorganismen der normalen Mund- und Rachenflora. Speichel („Spucke“) ist die Flüssigkeit der Mundhöhle und enthält überwiegend Zellen der Mund- und Rachenschleimhaut. Er ist für die mikrobiologische Untersuchung ungeeignet. Trachealsekret wird meist durch blinde Absaugung von Flüssigkeit aus der Luftröhre, Bronchialsekret durch die bronchoskopische Absaugung aus den Lappen- und Segmentbronchien gewonnen (tracheobronchiales Aspirat,TBAS). Wird hierzu Flüssigkeit zum Anspülen verwendet, bezeichnet man dies als Bronchiallavage. Häufig wird dieser Begriff mit der bronchoalveolären Lavage (BAL) verwechselt. Diese zielt auf eine Materialgewinnung aus dem Alveolarraum: Ein Segmentbronchus wird dafür mit dem Bronchoskop verschlossen, eine größere Flüssigkeitsmenge (100 – 300 ml) portionsweise in die Peripherie instilliert und sofort wieder abgesaugt.


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Indikationen

Aktuelle Leitlinien empfehlen die mikrobiologische Sputumdiagnostik bei Patienten, die wegen einer mittel- bis schweren, ambulant erworbenen oder wegen einer nicht beatmungsassoziierten, nosokomialen Pneumonie kurativ behandelt werden sollen [1]. Da nosokomiale Pneumonien in über 90 % der Fälle bei maschinell beatmeten Patienten auftreten, empfiehlt die Leitlinie hier die Gewinnung von TBAS oder eine BAL [2]. Bei einigen chronischen Lungenerkrankungen (z. B. Mukoviszidose) sind regelmäßige mikrobiologische Kontrolluntersuchungen zur Erfassung einer Kolonisation der unteren Atemwege indiziert [3] [4]. Bei Patienten mit leichtgradigen, ambulant behandelbaren Pneumonien ist eine mikrobiologische Diagnostik im Regelfall nicht erforderlich und sollte wegen des erheblichen Ressourcenverbrauchs unterlassen werden [1]. Da die Produktion von Spontansputum für den Patienten ein physiologischer Vorgang und risikolos ist, gibt es für seine Gewinnung keine Kontraindikationen.


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Qualitätsvorgaben

Die Wertigkeit der bakteriologischen Sputumuntersuchung wird von vielen Autoren kritisch beurteilt, bei guter Sputumqualität können ihre Ergebnisse aber wegweisend für die gezielte Antibiotikatherapie sein [5]. Die Qualitätsbeurteilung beginnt direkt nach Gewinnung mit der makroskopischen Betrachtung durch Arzt oder Pflegepersonal: Liegen 2 bis 5 ml gelblich-eitrigen, zähen Sekrets vor, kann von guter Qualität ausgegangen werden. Ist das Volumen geringer oder das Sekret glasig und flüssig, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit Speichel vor, der direkt vor Ort verworfen und gar nicht ins Labor geschickt werden sollte ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Sputumprobe guter Qualität (gelblich, eitrig, zäh) im Vergleich zu Speichel (glasig, transparent, flüssig) (Bildquelle: H. Hoffmann).

Im untersuchenden Labor wird das Verhältnis der Zahl von Leukozyten zu Plattenepithelzellen mikroskopisch eruiert. Mehr als 25 Granulozyten und weniger als 10 (–25) Plattenepithelzellen pro Gesichtsfeld bei 1000-facher Vergrößerung zeigen eine gute Qualität für eine Sputumkultur und nur geringe Speichelbeimengungen an [6] [7] [8] [9] [10]. Das Labor sollte die Güte der Sputumprobe auf seinem Befund z. B. durch die Angabe „Sputumqualität schlecht/mittel/gut“ oder indirekt durch Angabe der Anzahl von Blut- versus Epithelzellen pro Gesichtsfeld mitteilen ([Abb. 2], [Abb. 3]).

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Abb. 2 RAL GRAM-Färbung von Sputum schlechter Qualität (Speichel) mit vielen Plattenepithelzellen der Mundschleimhaut, keine Leukozyten (Bildquelle: H. Hoffmann).
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Abb. 3 RAL GRAM-Färbung von eitrigem Sputum guter Qualität mit Haufen von Staphylokokken zwischen massenhaft Granulozyten und monozytären Zellen (Bildquelle: H. Hoffmann).

Um möglichst hochwertiges Untersuchungsgut zu gewinnen, muss der Patient vor der Sputumproduktion genau angeleitet werden, wobei folgende drei Schritte beachtet werden sollten:


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Schritt 1 Erläuterung der richtigen Sputumgewinnung

  • Dem Patienten muss die optimale Gewinnung von Sputum vorab erklärt werden, wobei besonders auf den Unterschied zwischen Speichel und Sputum eingegangen werden sollte.

  • Vorteilhaft ist, wenn die Sputumgewinnung unter direkter Anleitung und Aufsicht durch fachkundiges Personal erfolgt. Dabei muss das Personal mit ausreichender Schutzausrüstung ausgestattet sein. Das Robert Koch-Institut sieht hierfür eine individuelle Risikobewertung durch den Arbeitgeber vor [11]. Da bei Verdacht auf eine respiratorische Infektion, die die Kriterien zur Sputumdiagnostik erfüllt, immer mit einer relevanten Infektionsgefahr gerechnet werden muss, hat das Personal nach Ansicht der Autoren bei der Aufsicht der Sputumproduktion auch immer Kittel, Handschuhe, eine Schutzbrille und eine FFP2-Maske zu tragen.

  • Berichtet der Patient, dass er nur selten Sputum hochhustet, kann er dieses auch nach ausführlicher Anleitung alleine in einem gut belüfteten Raum produzieren. Dabei dürfen andere Patienten keinen und Personal nur Zugang mit entsprechender Schutzausrüstung haben.

  • Bei ambulanter Patientenversorgung und nicht ausreichender Anleitung vor Ort sollte eine schriftliche Anleitung erstellt und dem Patienten für die Gewinnung zuhause mitgegeben werden. Beispiele hierfür finden sich auf den Websites verschiedener Laboranbieter [12] [13].

  • Bei der Anleitung müssen alle nachfolgenden Schritte dem Patienten verständlich erläutert werden ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Sputumgewinnung unter Anleitung und Aufsicht durch Personal mit adäquater Schutzausrüstung (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).

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Schritt 2 Proben- und Transportgefäße

  • Um Probe und Personal zu schützen, sollen die Probengefäße so beschaffen sein, dass das Labor das Sputum ohne Umfüllen verarbeiten kann. Deshalb sollte das Probengefäß immer in enger Absprache mit dem Labor ausgewählt werden.

  • Die Probengefäße müssen leicht, fest, wasser- und aerosoldicht verschließbar sein. Ihre Stabilität muss einen Transport ohne Schäden gewährleisten.

  • Die Einfüllöffnung sollte einen Durchmesser von 25 bis 50 mm aufweisen, sodass die Patienten das Sputum problemlos mit gespitzten Lippen in das Röhrchen spucken können.

  • Es sollte ein Schriftfeld vorhanden sein, auf dem sich Patientendaten zur späteren Zuordnung im Labor gut leserlich markieren lassen.

  • Da es sich beim Transport von Sputumproben um einen Gefahrguttransport der UN-Kategorie 6.2 B handelt, müssen die Verpackungsregeln P650 eingehalten werden. Das Probengefäß muss dafür zusammen mit Saugmaterial in eine stoßfeste und wasserdichte Sekundärverpackung platziert und erneut fest verschlossen werden. Das Saugmaterial muss in der Lage sein, das gesamte Probenvolumen zu binden. Die Umverpackung wird mit den Kontaktdaten des Absenders, der Adresse, „oben“ und „UN3373“ beschriftet.

  • Ein häufiger Fehler ist, dass Patienten das Sputum in die Sekundärverpackung und nicht in das Probengefäß spucken. Die Patienten sollten deshalb explizit darauf hingewiesen werden, dass sie die Probengefäße zuerst aus der Sekundärverpackung herausnehmen, öffnen und dann in das eigentliche Probengefäß spucken müssen.

  • Für die Sputumgewinnung zuhause sind dem Patienten folgende Utensilien mitzugeben:

    1. vollständig beschriftetes Probengefäß,

    2. Sekundärverpackung,

    3. Umverpackung,

    4. Probenbegleitschein,

    5. ein dicht verpacktes Desinfektionstuch zur Reinigung des Probengefäßes nach möglicher Kontamination außen,

    6. eine schriftliche Anleitung.


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Schritt 3 Patientenvorbereitung

  • In der Nacht sammelt sich vermehrt Sekret in den Atemwegen an. Daher ist die erste Sputumproduktion am Morgen am ergiebigsten und für den Patienten oft leichter als während des Tages.

  • Mindestens eine Stunde vor der Sputumgewinnung sollte der Patient nicht essen und nicht trinken. Viele Speisen sind mit Bakterien besiedelt, die dann über die Mundflora das Untersuchungsgut kontaminieren und die Ergebnisse verzerren. Softdrinks können durch mögliche bakterizide Wirkung während des Transports die Replikation empfindlicher Pneumonieerreger (z. B. Haemophilus influenzae oder Pneumokokken) beeinträchtigen.

  • Der Patient soll sich mindestens eine Stunde vor der Probenahme nicht die Zähne putzen und kein Mundwasser verwenden. Hat er dies getan, muss vor der Sputumgewinnung entsprechend lang gewartet werden. Ein möglicherweise vorhandenes künstliches Gebiss soll eine Stunde vor Sputumgewinnung entfernt werden.

  • Kurz vor der Sputumproduktion spült sich der Patient den Mund gründlich mit frischem Wasser (kein Mundwasser!) aus. Aber Achtung: Im Leitungswasser können sich Legionellen und Mykobakterien befinden und falsche Verdachtsdiagnosen auslösen bzw. die richtigen Diagnosen vereiteln. Soll das Sputum auf Tuberkulosebakterien oder Legionellen untersucht werden, darf sich der Patient den Mund deshalb nicht ausspülen!


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Schritt 4 Sputumexpektoration

  • Der Patient nimmt das geöffnete Probengefäß bereits vor dem Hustenstoß in die Hand. Dabei soll er es nur von außen anfassen.

  • Bei spontanem Husten soll er nach tiefer Expektoration ca. 3 – 5 ml Sputum auffangen.

  • Wenn er nicht spontan abhusten kann, soll er zunächst mehrmals tief ein- und ausatmen und nach jedem Einatmen für ca. 3 – 5 Sekunden die Luft anhalten. Diesen Vorgang soll er so oft wie möglich wiederholen, wobei eine respiratorische Alkalose zu vermeiden ist. Durch die Atemarbeit soll die Lunge gut entfaltet und die Produktion von Sputum angeregt werden.

  • Sobald der Patient einen Hustenreiz spürt, soll er erneut tief Luft holen, kurz anhalten und dann versuchen, das Sputum aus den unteren Atemwegen hochzuhusten.

  • Sobald sich genügend Sputum im Mund gesammelt hat, spuckt der Patient es mit gespitzten Lippen in das Gefäß, wobei er die Öffnung direkt am Mund aufsetzt. So soll verhindert werden, dass Sputum seitlich am Gefäß entlangläuft.

  • Sofort nach dem Ausspucken soll der Patient den Deckel des Probengefäßes wieder dicht verschließen.

  • Hat der Patient das Probengefäß außen mit Sputum kontaminiert, muss es unbedingt mit schnell wirksamem, alkoholischem Desinfektionsmittel desinfizierend gereinigt werden. Danach ist zu prüfen, ob die Beschriftung des Röhrchens noch zu lesen ist. Gegebenenfalls muss sie wieder mit einem wasserfesten Lackstift ergänzt werden ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Hustender Patient mit Sputumröhrchen (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).

Sonderfall Mykobakteriologie

Bei Verdacht auf eine Infektion mit Mykobakterien (Tuberkulose [TB], Mykobakteriose) sind spezielle Maßnahmen zu berücksichtigen [14] [15] [16]. Es sollen 3 Sputumproben untersucht werden. Die erste wird direkt beim Erstkontakt mit dem Patienten, die zweite am nächsten Morgen (Morgensputum) und die dritte beim Zweitkontakt am Folgetag gewonnen. Vor der Sputumproduktion darf der Mund nicht ausgespült werden, um Kontaminationen mit ubiquitären Mykobakterien zu vermeiden. Es darf innerhalb einer Stunde Sputum gesammelt werden bis 3 – 5 ml Sputum gewonnen sind ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Nachweis säurefester Stäbchen im mikroskopischen Bild einer Sputumprobe nach Auramin-Thiazinrot-Färbung (Bildquelle: H. Hoffmann).

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Schritt 5 Sputumgewinnung zur zytologischen Untersuchung

  • Zur Zellkonservierung und Hemmung des Bakterienwachstums wird das gewonnene Sputum sofort ca. 1:1 mit vergälltem Alkohol gemischt. Dieser wird üblicherweise vom Pflegepersonal direkt nach Sputumgewinnung hinzugefügt und das Probengefäß dann sorgfältig und materialschonend geschwenkt. Einige kommerziell verfügbare Versandgefäße enthalten vergällten Alkohol, der über die Probe und anschließend mit der Probe zurück in das Versandgefäß gegossen werden muss.

  • Die diagnostische Treffsicherheit erhöht sich durch Abnahme mehrerer, üblicherweise drei unabhängig voneinander gewonnenen Morgensputa [17].

  • Für die zytologische Diagnostik scheint induziertes Sputum Vorteile gegenüber spontan abgehustetem Sputum zu haben, da es vitalere und damit besser zu unterscheidende Entzündungszellen enthält. Zumindest gilt dies für Patienten mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung [18] ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Zytologische Sputumdiagnostik: Massenhaft eosinophile Granulozyten, gut erkennbar am leuchtend roten Zytoplasma und den zumeist zweilappigen Kernen. Weiterhin einige Lymphozyten, Makrophagen und neutrophile Granulozyten (400-fache Vergrößerung, H&E-Färbung) (Bildquelle: Dr. E. Stacher-Priehse, Pathologisches Institut, Asklepios Fachkliniken München-Gauting).

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Schritt 6 Sputuminduktion

Hintergründe

Bis zu ca. ein Drittel der Patienten mit bakteriellen Atemwegsinfektionen können spontan kein Sputum abhusten. Eine Provokation durch Inhalation vernebelter iso- oder hypertoner Kochsalzlösung kann helfen, die Sputumproduktion anzuregen. Für die Inhalation gibt es keinen technischen „Goldstandard“. Um insbesondere für Studien eine Vergleichbarkeit der Materialien zu ermöglichen, gibt es aber seit 2002 Empfehlungen der European Respiratory Society (ERS) [19]. Die Konzentration des Kochsalzes im Inhalat (in Studien 0,9 – 7 %) scheint keine wesentliche Rolle zu spielen, ebenso wenig die Menge bzw. die Zeitdauer der Inhalation. Typ und v. a. Leistung des Verneblers sind wahrscheinlich von größerer Bedeutung. Man sollte einen Ultraschallvernebler mit einem Ausstoß von ca. 1,0 ml pro.min verwenden [19]. Eine physiotherapeutische Anleitung zu passiven und aktiven Atemtechniken (Dauer ca. 10 Minuten) vor der Inhalation kann die Sputumproduktion nochmals verbessern [20]. Da die Kochsalzinhalation einen Bronchospasmus auslösen kann, wird v. a. für Patienten mit obstruktiver Atemwegserkrankung vorab eine spirometrische Untersuchung sowie eine Vorbehandlung mit einem kurz wirksamen Bronchodilatator (z. B. 200 µg Salbutamol) empfohlen. Die Prozedur muss von Personal mit ausreichender Erfahrung in der Notfallbehandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen überwacht werden.


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Vorgehen

  • Nach der Patientenaufklärung und -vorbereitung, wie unter Schritt 1 bis 3 beschrieben, wird zunächst die Lungenfunktion spirometrisch überprüft. Bei Vorliegen einer Obstruktion erhält der Patient ein kurz wirksames Betasympathomimetikum.

  • Danach inhaliert der Patient unter ärztlicher Überwachung 10 – 15 ml steriler, physiologischer oder hypertoner (z. B. 4,5 %) Kochsalzlösung mittels leistungsstarkem Vernebler über ca. 15 – 20 min. Bei Hyperreagibilität wird sofort antiobstruktiv behandelt.

  • Für Patienten mit Mukoviszidose wird nach S3-Leitlinie [3] eine Inhalation von ca. 3 ml 3 – 7 %iger Kochsalzlösung empfohlen.

  • Während und nach der Inhalation versucht der Patient mehrmals Sputum abzuhusten.

Zu beachten ist, dass die Sputuminduktion durch die massive Aerosolbildung mit einem besonders hohen Infektionsrisiko für Anwesende verbunden und deshalb ebenfalls mit entsprechender Schutzausrüstung durchzuführen ist. Das so gewonnene Sputum sieht aus wie Speichel und muss deshalb als „induziertes Sputum“ gekennzeichnet werden, damit das Labor die Qualität nicht fälschlicherweise als schlecht einstuft ([Abb. 8]).

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Abb. 8 Inhalierender Patient bei der Sputuminduktion (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).

Sollte auch durch Induktion kein Sputum gewonnen werden, muss das Untersuchungsgut wenn notwendig bronchoskopisch gewonnen werden.


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Schritt 7 Angaben auf dem Probenbegleitschein

  • Auf dem Begleitschein sind die vollständigen Patientendaten inklusive der Adresse anzugeben. Sie werden für mögliche Meldungen an das zuständige Gesundheitsamt nach Infektionsschutzgesetz § 7 und gegebenenfalls für Abrechnungszwecke benötigt.

  • Häufig werden Angaben zum Einsender vergessen. Dadurch ist keine Zuordnung der Aufträge zu einem auftraggebenden Arzt möglich, Befunde drohen ins Leere zu laufen oder Aufträge werden abgelehnt. In Absprache mit dem Partnerlaboratorium können gegebenenfalls spezielle Auftragsscheine mit eingedruckten Einsenderdaten bereit gestellt werden. Noch besser und flexibler ist es aber, den Schein mit einem Stempel der Klinik oder Praxis, dem Namen und der Telefonnummer des zuständigen Arztes zu versehen.

  • Notwendige klinische Angaben umfassen die Verdachts- oder Arbeitsdiagnose, Vorbefunde, die Auflistung aktuell gegebener antimikrobiell wirksamer Substanzen und die Fragestellung zur Analyse.

  • Als Angaben zur Probe sind Entnahmetag und -uhrzeit, die Art des Untersuchungsguts und mögliche Probleme bei oder nach der Probenahme (z. B. Verunreinigungen, versehentliche Zugabe von Chemikalien o. ä.) mitzuteilen.

  • Schließlich ist noch der Auftrag zu den gewünschten Untersuchungen zu spezifizieren. Dabei kann der allgemeinste Auftrag zum Beispiel „Erreger und Resistenzen“ lauten, wobei sich der Mikrobiologe bei der Analytik auf die häufigsten und relevantesten bakteriellen Erreger von Pneumonie oder Bronchitis beschränken muss. Da die Laboratorien durch das Wirtschaftlichkeitsgebot an diese Fokussierung gebunden sind, muss der einsendende Arzt die Suche nach seltenen bakteriellen (z. B. Mykobakterien, Nokardien, Aktinomyzeten) oder nicht bakteriellen Erregern (z. B. respiratorische Viren wie Influenza, Pilze wie Aspergillus oder Pneumocystis jirovecii), oder die Durchführung von Spezialuntersuchungen (wie z. B. PCR-Assays) extra anfordern. Er kann dies auf demselben Probenbegleitschein z. B. durch Nutzung der üblicherweise vorhandenen Freifelder tun. Fehlt der Extra-Auftrag, dürfen die Sonderuntersuchungen nicht erfolgen.


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Schritt 8 Materialtransport

Hintergründe

Manche Erreger (Pneumokokken, Haemophilus influencae) sterben außerhalb des menschlichen Körpers rasch ab, während sich andere Mikroorganismen (Enterobakterien, Sprosspilze) bei längerer Lagerung oder Transport in der Probe vermehren können. Um qualitative und quantitative Veränderungen der bakteriellen Zusammensetzung zu vermeiden, soll das Untersuchungsmaterial möglichst schnell weiterverarbeitet werden. Infolge der massiven Konsolidierung der diagnostischen Laboratorien ist ein Transport innerhalb weniger Stunden nur noch für die wenigsten Krankenhäuser und Arztpraxen möglich. Lässt er sich nicht gewährleisten, soll die Sputumprobe sofort gekühlt und ohne Unterbrechung der Kühlkette innerhalb eines Tages zum Laboratorium transportiert werden.


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Vorgehen

  • Die Verarbeitung des Materials sollte möglichst innerhalb von weniger als 4 Stunden erfolgen. Die Probe muss dafür bei Raumtemperatur innerhalb von 2 – 3 Stunden nach Probenahme ins Labor transportiert werden.

  • Bei längeren Transportzeiten muss die Sputumprobe innerhalb einer Stunde nach Probenahme auf 4 – 6 °C gekühlt und der Transport unter Einhaltung der Kühlkette in einer kontrollierten Kühlbox durchgeführt werden. Die Maximalzeit von Probenahme bis Verarbeitung im Labor darf aber auch unter diesen Bedingungen 24 Stunden nicht überschreiten (Ausnahme: 72 h Maximalzeit bei mykobakteriologischer Diagnostik).

  • Lässt sich das Untersuchungsgut nicht innerhalb dieser Maximalzeit ins Laboratorium bringen, sollte auf die Untersuchung verzichtet werden.


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Schritt 9 Verarbeitung und Analytik im mikrobiologischen Labor

  • Für die Mikroskopie werden im mikrobiologischen Laboratorium ca. 10 – 20 µl des Sputums mit einer Öse oder einem Stäbchentupfer direkt auf einem Glas-Objektträger ausgestrichen und nach Gram (allgemeine Bakteriologie), Ziehl-Neelsen oder mit Auramin O (mykobakteriologische Diagnostik) bzw. mit Spezialfarbstoffen (z. B. Versilberung für Pilze oder Strahlenpilzbakterien) gefärbt. Die Mikroskopieergebnisse werden noch am selben Tag befundet und vom Laboratorium mitgeteilt, haben aber nur eine geringe Aussagekraft. Ihre Sensitivität und Spezifität sind so gering, dass sich weder eine sichere Diagnose stellen, noch ausschließen lässt. Sie können bei bestimmten Konstellationen aber einen hilfreichen Hinweis auf die Ätiologie der Krankheit geben. So ist z. B. der mikroskopische Nachweis von Diplokokken bei einer Lobärpneumonie als starker Hinweis auf eine Pneumokokkenpneumonie zu werten, ihr Ausbleiben schließt sie aber in keiner Weise aus.

  • Für die Kultur werden Sputumproben auf einer Übersichtsplatte eines komplexen Mediums (z. B. Columbia-Agar mit 5 % Schafsblut) und mehreren Selektivnährmedien ausplattiert (s. [Abb. 9]). Manche Nährmedien haben sich für die pneumologische Diagnostik besonders bewährt, so z. B. der Hirn-Herz-Agar mit 5 % Pferdeblut und Bacitracin für den Nachweis von Haemophilus influencae, der v. a. in Laboratorien mit pneumologischer Ausrichtung zum Einsatz kommt. Die bakteriologische Untersuchung dauert in der Regel 2 – 3 Tage.

  • Schnellere Diagnostik ist mittels PCR (Polymerase-Chain-Reaction)-Technologie möglich. Sie beruht auf der in vitro Vervielfältigung spezifischer Nukleinsäuresequenzen eines oder mehrerer Mikroorganismen. Im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden zeichnet sie sich v. a. durch hohe Sensitivität, Spezifität und Schnelligkeit aus. Die Multiplex PCR-Technologie erlaubt eine gleichzeitige Amplifikation von mehreren DNA/RNA-Zielsequenzen, wodurch eine simultane Diagnostik auf bis zu 24 virale, bakterielle oder mykotische Erreger aus einer Probe möglich ist [21]. Ergebnisse liegen nach 1 – 4 Stunden vor.

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Abb. 9 Übersichtsplatte (Kochblutagar mit 5 % Schafsblut) von 100 µl einer verflüssigten Sputumprobe zur Keimzahlbestimmung nach 24 Stunden Inkubation bei 36 ± 1 °C mit 5 % CO2 in der Umgebungsluft. Zu sehen ist die bakterielle Standortflora des Mund- und Rachenraums mit vergrünenden Streptokokken, Koagulase-negativen Staphylokokken, Haemophilus species und apathogenen Neisserien (Bildquelle: H. Hoffmann).
Fazit

Während der Nachweis fakultativ pathogener Bakterien in primär sterilem Untersuchungsgut fast immer einer Diagnose gleichkommt, hängt die Sputumdiagnostik von einer Vielzahl von Faktoren, insbesondere aber von der Qualität der Präanalytik ab. Um dennoch eine klinische Entscheidung auf der Basis eines Sputumbefunds treffen zu können, muss die Qualität des Untersuchungsguts und der Begleitmaßnahmen optimal gesteuert werden. Nur wenn qualitativ gute Sputumproben gewonnen werden und Patientenanleitung, Probenbegleitschein, Transport und Verarbeitung die entsprechenden Qualitätsstandards erfüllen können, ist die Sputumdiagnostik sinnvoll einsetzbar [10]. Die für die verschiedenen Untersuchungen unterschiedlichen Maßnahmen werden in der [Tab. 1] nochmals in einer Übersicht dargestellt.

Tab. 1

Maßnahmen bei der Sputumgewinnung.

Art der Untersuchung

Patientenisolierung

Bes. Schutz des Personals vor Exposition

Mundreinigung vor Sputumexpektoration

Zugabe Alkohol

Rascher Materialtransport

Allg. Mikrobiologie

 + 

 + 

 + 

 –

 + 

Mykobakterien

 + 

 + 

 –

 –

 + 

Zytologie

 –

 –

 + 

 + 

 –


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Autorinnen/Autoren


Ortrud Karg

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Dr. med. Ortrud Karg ist ehemalige Chefärztin der Klinik für Intensivmedizin und Heimbeatmung der Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Sie leitet die DGP-Fortbildungsakademie.


Korkut Avsar

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Dr. med. Korkut Avsar ist Leiter der Abteilung Infektiologie der Klinik für Pneumologie, Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Sein Schwerpunkt ist die Tuberkulose.


Harald Hoffmann

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Dr. med. Harald Hoffmann ist Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie. Er leitet das WHO Supranationale Referenzlaboratorium München-Gauting, ist ärztlicher Leiter von SYNLAB Gauting, Geschäftsführer der IML red GmbH und ehrenamtlicher Vorsitzender des Kuratoriums Tuberkulose in der Welt e.V.

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Ortrud Karg
Zapfweg 11
81241 München


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Abb. 1 Sputumprobe guter Qualität (gelblich, eitrig, zäh) im Vergleich zu Speichel (glasig, transparent, flüssig) (Bildquelle: H. Hoffmann).
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Abb. 2 RAL GRAM-Färbung von Sputum schlechter Qualität (Speichel) mit vielen Plattenepithelzellen der Mundschleimhaut, keine Leukozyten (Bildquelle: H. Hoffmann).
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Abb. 3 RAL GRAM-Färbung von eitrigem Sputum guter Qualität mit Haufen von Staphylokokken zwischen massenhaft Granulozyten und monozytären Zellen (Bildquelle: H. Hoffmann).
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Abb. 4 Sputumgewinnung unter Anleitung und Aufsicht durch Personal mit adäquater Schutzausrüstung (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).
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Abb. 5 Hustender Patient mit Sputumröhrchen (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).
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Abb. 6 Nachweis säurefester Stäbchen im mikroskopischen Bild einer Sputumprobe nach Auramin-Thiazinrot-Färbung (Bildquelle: H. Hoffmann).
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Abb. 7 Zytologische Sputumdiagnostik: Massenhaft eosinophile Granulozyten, gut erkennbar am leuchtend roten Zytoplasma und den zumeist zweilappigen Kernen. Weiterhin einige Lymphozyten, Makrophagen und neutrophile Granulozyten (400-fache Vergrößerung, H&E-Färbung) (Bildquelle: Dr. E. Stacher-Priehse, Pathologisches Institut, Asklepios Fachkliniken München-Gauting).
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Abb. 8 Inhalierender Patient bei der Sputuminduktion (Bildquelle: H. Hoffmann, Szene nachgestellt).
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Abb. 9 Übersichtsplatte (Kochblutagar mit 5 % Schafsblut) von 100 µl einer verflüssigten Sputumprobe zur Keimzahlbestimmung nach 24 Stunden Inkubation bei 36 ± 1 °C mit 5 % CO2 in der Umgebungsluft. Zu sehen ist die bakterielle Standortflora des Mund- und Rachenraums mit vergrünenden Streptokokken, Koagulase-negativen Staphylokokken, Haemophilus species und apathogenen Neisserien (Bildquelle: H. Hoffmann).