Aktuelle Dermatologie 2018; 44(11): 486-488
DOI: 10.1055/a-0644-9633
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Zertifikate und ärztliche Tätigkeitsschwerpunkte in der Dermatologie: Rechtlicher Hintergrund

Certificates and Information on Physician’s Specializations in Dermatology: Legal Background
P. Elsner
Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Jena
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Peter Elsner
Klinik für Hautkrankheiten
Universitätsklinikum Jena
Erfurter Str. 35
07743 Jena

Publication History

Publication Date:
07 November 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Der Arztberuf ist ein freier Beruf und kein Gewerbe; als Angehörige eines freien Berufs üben Ärzte ihren Beruf eigenverantwortlich und medizinisch unabhängig aus.

Werbung für ihre ärztliche Tätigkeit ist Ärzten daher gemäß ihrer Berufsordnung nur eingeschränkt möglich, um Irrtümern und damit einer Verunsicherung von Patienten vorzubeugen, was das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte. Andererseits haben Patienten ein Recht darauf, über besondere Fähigkeiten und Qualifizierungen von Ärzten aufgeklärt zu werden, um den für ihre Behandlung geeigneten Arzt zu finden. Dieser inhärente Konflikt zwischen Werbeverbot und Informationsrecht und -pflicht wurde vom deutschen Bundesverfassungsgericht in mehreren Grundsatzurteilen im Sinne einer Lockerung des früher streng ausgelegten Werbeverbotes entschieden. Nach der Muster-Berufsordnung für Ärzte sind ÄrztInnen nunmehr „sachliche berufsbezogene Informationen gestattet“. „Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte“ dürfen angekündigt werden, „wenn diese Angaben nicht mit solchen nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können“.

Die von der Deutschen Dermatologischen Akademie ausgestellten Zertifikate als besondere Weiterbildungs- und Kompetenznachweise für FachärztInnen für Haut- und Geschlechtskrankheiten entsprechen diesen Anforderungen.


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Abstract

The medical profession is a free profession and not a trade; as members of a free profession, doctors have to practice responsibly and medically independently.
According to their professional code, doctors may only advertise their medical activity to a limited extent in order to prevent errors and thus uncertainty among patients, which could undermine confidence in the medical profession and lead to long-term negative repercussions on the medical care of the population. On the other hand, patients have a right to be informed about the special skills and qualifications of doctors to find the right doctor for the treatment they require. This inherent conflict between the prohibition of advertising and the right to objective information on doctors’ qualifications was decided by the German Federal Constitutional Court in several judgments in the sense of easing the previously strict ban on advertising for the medical profession. According to the occupational code for physicians, physicians are now allowed to provide objective information on their medical activities to patients. “Qualifications and main areas of activity” may be announced “if this information cannot be confused with such qualifications acquired under a regulated qualification law.”

The certificates issued by the German Dermatological Academy as special training and competence certificates for specialists in skin and venereal diseases meet these requirements.


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Einleitung

Die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BvDD). 1999 gegründet, hat sie als Zweck (u. a.) die Förderung der Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Dermatologie und ihren Teilgebieten für Fachärzte wie auch Assistenzpersonal. Während die DDA in ihrer Anfangszeit sich auf die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen konzentriert hatte, wurde diese Aufgabe inzwischen von den Landesärztekammern übernommen; die Vergabe von „Continuous Medical Education“ (CME)-Punkten erfolgt durch diese Organisationen der Ärzteschaft.

Seit Anfang der 2000er-Jahre vergibt die DDA darüber hinaus Zertifikate zum Kompetenznachweis auf der Basis wissenschaftlich fundierter Curricula an FachärztInnen für Dermatologie. Mehr als 2000 Zertifikate für Ästhetik und für Laserdermatologie wurden ausgestellt; in den letzten Jahren kamen zahlreiche weitere Zertifikate hinzu, etwa für die Tropen- und Reisedermatologie, aber auch für die Dermatoskopie/Auflichtmikroskopie und zuletzt die Psoriasis.


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Ärztliche Spezialisierung und ärztliches Werbeverbot

Ein Arzt ist ein Angehöriger der staatlich geregelten Heilberufe. „Arzt“ ist eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung; für eine Tätigkeit als Arzt ist der Erhalt der Approbation oder der Berufserlaubnis durch die zuständige Landesbehörde Voraussetzung. Der Inhalt der dafür in Staatsexamina nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten ist in der Approbationsordnung festgelegt [1].

Während es medizingeschichtlich zunächst nur einen einheitlichen Arztberuf mit definierter universitärer Ausbildung gab, wurde mit dem durch die rasante Entwicklung der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert einhergehenden Fortschritt eine zunehmende Spezialisierung erforderlich, dies schon allein deshalb, weil die Fülle des medizinischen Wissens nicht mehr von einer Person zu bewältigen war. Damit entstanden die medizinischen Fachgebiete, die sich in den Definitionen der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern wiederfinden, denen alle Ärzte auf gesetzlicher Grundlage der landesspezifischen Heilberufsgesetze angehören müssen (Kammerzwang) (paradigmatisch wird hier Bezug genommen auf das Thüringer Heilberufegesetz [ThürHeilBG]) [2]. Die Kammerangehörigen dürfen danach neben ihrer Berufsbezeichnung Arzt weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten beruflichen Gebiet (Gebietsbezeichnung), oder Teilgebiet (Teilgebietsbezeichnung) oder auf zusätzlich erworbene Kenntnisse in einem anderen Bereich (Zusatzbezeichnung) hinweisen (§ 24 ThürHeilBG). Diese Bezeichnungen bestimmen die Kammern für ihre Kammerangehörigen, „wenn dies die wissenschaftliche Entwicklung oder eine angemessene Versorgung der Bevölkerung (...)“ erfordern (§ 25 ThürHeilBG). Insbesondere im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung werden von Kostenträgern inzwischen zusätzliche Qualifikationsnachweise gefordert, wogegen sich zuletzt der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt 2018 verwahrt hat [3].

Darüberhinausgehende Bezeichnungen sind Ärzten ebenso nicht erlaubt, wie dies auch für berufswidrige Werbung gilt. Als Angehörige eines freien Berufs üben Ärzte ihren Beruf eigenverantwortlich, medizinisch unabhängig sowie nicht gewerblich aus [4]. Berufswidrige − und damit berufsrechtlich unzulässige − Werbung ist in der Musterberufsordnung definiert als „anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung“ [4]; Ärzte dürfen eine solche Werbung auch durch andere weder veranlassen noch dulden. Die Berufswidrigkeit von Werbung ist im Einzelfall zu beurteilen; nach der Definition der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist berufswidrig „insbesondere solche Werbung, die zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen würde, weil sie das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte“ (so z. B. das VG Münster, Urteil vom 22. November 2017 – 5 K 4424/17 –, juris).

Dieses seit langem geltende ärztliche Werbeverbot, das bis auf den hippokratischen Eid zurückverfolgt werden kann („Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern sowie Kolleginnen und Kollegen die schuldige Achtung erweisen ...“), steht im Konflikt mit dem legitimen Anspruch von Patienten, über eine Bezeichnung hinaus Näheres zu Tätigkeitsschwerpunkten von Ärzten zu erfahren, um ihr Recht auf freie Arztwahl auch in Kenntnis der von Ärzten angebotenen Heilverfahren im Sinne eines „informed consent“ bewusst wahrnehmen zu können.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland hatte sich Anfang der 2000er-Jahre mit dieser Problematik auseinandergesetzt und das traditionelle Werbeverbot für Ärzte gelockert. In seinem Leiturteil vom 23. 07. 2001 zur Klage eines Zahnarztes mit Zertifikat „Implantologie“ führte das Bundesverfassungsgericht aus: „Das Werbeverbot für Ärzte soll dem Schutz der Bevölkerung dienen, es beugt einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vor. (...) Hat ein Zahnarzt bereits ein Zertifikat über den Nachweis besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der oralen Implantologie erworben, ist zunächst kein Grund ersichtlich, weshalb er hierauf durch die Angabe des Tätigkeitsschwerpunkts Implantologie nicht aufmerksam machen dürfte“ (1 BVR 874/00). In einem weiteren Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 08. 01. 2002 wurde diese Auffassung bzgl. der Bezeichnungen „Kniespezialist“ und „Wirbelsäulenspezialist“ für Chirurgen und Orthopäden bestätigt und sowohl mit dem berechtigten Interesse der Ärzte, über ihre besondere Erfahrung zu informieren, als auch mit dem Interesse der Patienten begründet: „Auch die Patienten haben ein legitimes Interesse daran zu erfahren, welche Ärzte über solche vertieften Erfahrungen auf dem Gebiet der Wirbelsäulen- und der Kniechirurgie verfügen. Die Gefahr einer Verwechslung mit Facharztbezeichnungen besteht nicht, da beide Bezeichnungen einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt aufweisen: Unter der Bezeichnung „Spezialist“ wird ein Fachmann verstanden, der über besondere Erfahrungen in einem engeren (medizinischen) Bereich verfügt, während die Facharztbezeichnung eine förmlich erworbene Qualifikation darstellt“ (1 BvR 1147/01).

Infolge der Urteile der Bundesgerichte wurden auf dem 105. und 106. Deutschen Ärztetag die Vorschriften zur Werbung in der Berufsordnung (§§ 27, 28 MBO-Ä [4]) erheblich geändert. Danach sind ÄrztInnen nunmehr „sachliche berufsbezogene Informationen gestattet“. „Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte“ dürfen angekündigt werden, „wenn diese Angaben nicht mit solchen nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können.“

Es kam in den vergangenen Jahrzehnten zwar zu einer erheblichen, durchaus auch kritisch zu sehenden Zunahme von Zusatzbezeichnungen in der Weiterbildungsordnung, die aber gleichwohl nicht alle Facetten und Tätigkeitsschwerpunkte eines Fachgebietes abdecken können, sodass für seriös von wissenschaftlichen Fachgesellschaften zertifizierte Zusatzqualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte ein objektiver Bedarf im Sinne der Erfüllung des legitimen Informationsinteresses der Patienten besteht.


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Die Zertifikate der DDA

Die DDA-Zertifikate ([Tab. 1]) erfüllen die Anforderungen der MBO-Ä: Das Zertifikat „Psoriasis“ etwa ist eine „sachliche berufsbezogene Information“, denn die DermatologInnen, die es erworben haben, haben sich bzgl. der Psoriasis in besonderer Weise fortgebildet, sie haben sich als Mitglied eines „Psoriasis-Netzes“ zur leitliniengerechten Therapie der Psoriasis verpflichtet, die Behandlung von PatientInnen mit Psoriasis ist einer ihrer Praxisschwerpunkte und das DDA-Zertifikat kann nicht mit der Facharztbezeichnung „HautärztIn“ verwechselt werden.

Tab. 1

Zertifikate der Deutschen Dermatologischen Akademie [5].

Zertifizierung für FachärztInnen

  • Psoriasis

  • Dermatoskopie/Auflichtmikroskopie

  • Tropendermatologie

  • Magistralrezepturen

  • Wundmanagement

  • Fortbildungsintensiver Arzt/Praxis

  • Ambulantes Operieren

  • Lasertherapie

  • Medizinisch-Dermatologische Kosmetologie

Zertifizierung für medizinische Assistenzberufe

  • Dermatologische Externa-Therapie für Pflegekräfte und Fachangestellte

  • Berufsdermatologie für Pflegekräfte und Fachangestellte

Die Anforderungen für den Erwerb der DDA-Zertifikate sind transparent auf der Webseite der DDA oder in wissenschaftlichen Publikationen in Fachjournalen kommuniziert [5]; ihr Inhalt wird regelmäßig überprüft und der Entwicklung des medizinischen Wissens angepasst. Die DDA-Zertifikate setzen Facharztwissen und die Anerkennung als Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten grundsätzlich voraus. In begründeten Einzelfällen können jedoch für andere Facharztgruppen auf Antrag Ausnahmen vom Präsidenten bzw. Kuratorium beschlossen werden. Alle Zertifikate müssen vom Kuratorium der DDA, das aus demokratisch legitimierten Vertretern der Fachgesellschaften zusammengesetzt ist, genehmigt werden. Die Erfüllung der Voraussetzung für die Vergabe der Zertifikate im Einzelfall wird von der Geschäftsstelle der DDA überprüft, sodass in der rechtlichen Gesamtbetrachtung ein geordnetes Verfahren vorliegt.


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Zusammenfassung

Die Vergabe von wissenschaftlich fundierten Zertifikaten zum Kompetenznachweis von DermatologInnen durch die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) − eine Dachorganisation von BVDD und DDG − hat sich rückblickend bewährt. Über die anfänglich angebotenen Qualifizierungen in den Bereichen Ästhetik und Laserdermatologie hinaus bietet die DDA mittlerweile eine größere Zahl weiterer Zertifikate auch für andere Kompetenzbereiche unseres Faches an.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Peter Elsner
Klinik für Hautkrankheiten
Universitätsklinikum Jena
Erfurter Str. 35
07743 Jena