Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 211-212
DOI: 10.1055/a-0644-9132
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Infektionen
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Nekrotisierendes Sweet-Syndrom nach elektiver Handoperation

Lipof JS. et al.
Necrotizing Sweet Syndrome of the Upper Extremity After Elective Hand Surgery.

J Hand Surg Am 2018;
43: 389.e1-389.e6
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Publication History

Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Das Sweet-Syndrom oder die akute febrile neutrophile Dermatose ist ein Krankheitsprozess, der durch eine Konstellation klinischer Symptome, unter anderen auch Hautläsionen, gekennzeichnet ist. Handchirurgen aus San Francisco beschreiben in einem Fallbericht eine neue Entität des nekrotisierenden Sweet-Syndroms, die nach einer elektiven Handoperation aufgetreten ist.


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    Bei dem Patienten handelte es sich um einen 47 Jahre alten, rechtshändigen Mann mit Dupuytrenʼscher Kontraktur. Nach einer rechtseitigen palmaren partiellen Fasziektomie hatte der Patienten am 2. Tag nach dem Eingriff Fieber (38,05°C), Schwellungen, Hautrötungen und Schmerzen. Eine lokale Wundversorgung und Antibiotikabehandlung erbrachte keine Besserung.

    Nach weiter bestehendem Fieber und einem Anstieg der Leukozyten nach 24 Stunden auf 19 000/mcl erfolgten ein Débridement und die Bestimmung von Bakterienkulturen. Festgestellt wurde eine Nekrose von Fettgewebe ohne fauligen Geruch. Die Gramfärbung war negativ, und es kam zu keinem Bakterienwachstum auf jeglicher Kultur. Der Patient wurde auf die Intensivstation eines tertiären Zentrums verlegt und mit Breitband-Antibiotika behandelt. Unter der Annahme einer nekrotisierenden Infektion erfolgte wiederholt ein chirurgisches Débridement von nicht lebensfähigem Gewebe und purulentem exsudativem Material. Allerdings konnten während seines Aufenthalts keine bakteriellen und mykobakteriellen Infektionen und auch kein Befall mit Pilzen nachgewiesen werden.

    Die Temperatur stieg auf 40,2° C, die Leukozytenzahl auf 54 000 Zelle/ml, die Blutsenkung lag bei 52 und das C-reaktive Protein bei 317 mg/ml. Nach jedem Débridement schienen sich Fieber, Leukozytose und Marker der Inflammation zu verschlechtern. Aufgrund des Fiebers, der ansteigenden Leukozytenzahl (mit neutrophilen Granulozyten), Produktion von Akute-Phase-Proteinen, negativen Kulturen sowie apparenter Pathergie wurde eine seltene Form einer nekrotisierenden neutrophilen Dermatose vermutet. Eine Behandlung mit Steroiden wurde begonnen, zunächst mit täglich 100 mg Methylprednisolon intravenös und 0,6 mg Colchicin/bid oral. Das Débridement wurde beendet und ein Kleiderwechsel minimiert, um die Auswirkungen der Pathergie zu begrenzen.

    Der Patient unterzog sich Wiederherstellungsoperationen und die Medikation wurde mit dem Antagonisten des Interleukin-1-Rezeptors, Anakinra, weitergeführt und die Gabe von Steroiden daraufhin verringert. Unter dieser Behandlung verbesserte sich sein Zustand und 6 Monate nach der Operation hatte sich nach Handtherapie und Heimtraining die Bewegung der Hand verbessert. Ein Jahr nach der Operation wurde die Anakinratherapie abgesetzt, die Colchicinbehandlung aber weitergeführt.

    Fazit

    Ein starker klinischer Verdacht ist erforderlich, um eine nekrotisierende polymikrobielle Infektion vom nichtinfektiösen nekrotisierenden Sweet-Syndrom zu unterscheiden, so die Autoren. Im Gegensatz zu einer nekrotisierenden Infektion spricht das Sweet-Syndrom auf systemische Steroide an.

    Richard Kessing, Zeiskam


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