Die Psychiater von der Universität Oxford haben die Daten von 9848 Teilnehmerinnen
der „Avon Longitudinal Study of Parents and Children“ ausgewertet. Bei 970 Frauen
war eine postpartale Depression diagnostiziert worden. In Abhängigkeit vom erzielten
Punktwert der „Edinburgh Postnatal Depression Scale“ (EPDS; Score 0 – 30) wurde diese
als „mäßig schwer“ (13 – 14 Punkte), als „deutlich“ (15 – 16 Punkte) bzw. „schwer“
(≥ 17 Punkte) klassifiziert. Von einer Chronifizierung der Erkrankung gingen die Wissenschaftler
aus, wenn eine Mutter sowohl 2 als auch 8 Monate nach der Entbindung auffällige EPDS-Werte
aufwies. Über viele Jahre wurden die Studienteilnehmerinnen wiederholt psychiatrisch
beurteilt. Anhand der hierbei erhobenen Befunde wurde der natürliche Verlauf der maternalen
Depression innerhalb der ersten 11 Lebensjahre der Kinder objektiviert. Weitere Studienendpunkte
umfassten die mithilfe der „Rutter Total Problems Scale“ erfassten Verhaltensstörungen
der Kinder im Alter von 3,5 Jahren sowie die anhand der Abschlussprüfungen an der
High School beurteilten Leistungen im Fach Mathematik mit 16 Jahren. Zudem wurden
die Kinder im Alter von 18 Jahren zum Vorliegen einer depressiven Erkrankung befragt.
Ergebnisse
Bei 8878 Müttern (90,2%) konnte eine postpartale Depression ausgeschlossen werden.
Eine mäßige, deutliche bzw. schwere, aber nicht chronische Depression hatten 300 (3,1%),
158 (1,6%) bzw. 225 (2,3%) Frauen. Persistierende Symptome mäßiger, deutlicher bzw.
schwerer Ausprägung wiesen 129 (1,3%), 75 (0,8%) bzw. 83 (0,8%) Mütter auf. Bezüglich
des Langzeitverlaufs der maternalen Depression zeigte sich: Unabhängig vom Schweregrad
bzw. der Chronifizierung der Erkrankung litten alle betroffenen Mütter in den ersten
11 Jahren nach der Geburt an depressiven Symptomen. Am wenigsten beeinträchtigt waren
hierbei die Frauen mit einer initial mäßig stark ausgeprägten, nicht persistierenden
postpartalen Depression. Die deutlichste Symptombelastung nach 11 Jahren zeigten die
Frauen mit einer initial starken und im Verlauf chronifizierten Problematik. Die Kinder
von Müttern mit einer nicht persistierenden postpartalen Depression hatten unabhängig
vom Schweregrad der maternalen Erkrankung ein etwa doppelt so hohes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten
im Alter von 3,5 Jahren. Die deutlichsten Entwicklungsstörungen zeigten die Kinder
der Mütter mit einem initial hohen EPDS-Score und einem chronischen Depressionsverlauf:
Im Vergleich zu den Kindern von Müttern ohne postpartale Depression hatten sie ein
4,8-fach höheres Risiko für Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalter, ein 2,7-fach
höheres Risiko für schlechte schulische Leistungen sowie ein 7,4-fach höheres Risiko
für die Entwicklung einer Depression im Alter von 18 Jahren.
Fazit
Mütter, die auch noch 8 Monate nach der Geburt eines Kindes an einer postpartalen
Depression leiden, so das Fazit der Autoren, entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit
einen prolongierten Krankheitsverlauf. Insbesondere bei einer schweren Symptomatik
steigt zudem das Risiko für eine ungünstige Entwicklung der Kinder. Um den betroffenen
Familien gezielt Hilfestellungen zukommen lassen zu können, ist eine frühzeitige Identifikation
der Risikopatientinnen im Rahmen der nachgeburtlichen Betreuung wichtig.