Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(07): 398-399
DOI: 10.1055/a-0631-3914
Fokussiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Behandlungsmöglichkeit für viele Schlaganfallpatienten

Thomalla G. et al.
MRI-Guided Thrombolysis for Stroke with Unknown Time of Onset.
NEJM 2018 doi:10.1056/NEJMoa1804355
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Juli 2018 (online)

 

Eine von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) geleitete Studie („WAKE-UP“) hat erstmals gezeigt, dass auch Patienten, die im Schlaf einen Schlaganfall erleiden und die Symptome erst nach dem Aufwachen am nächsten Morgen feststellen, von einer Thrombolyse profitieren können. Die Wiedereröffnung des verstopften Blutgefäßes im Gehirn durch ein Medikament ist bisher nur möglich, wenn der Symptombeginn bekannt ist und nicht länger als 4,5h zurückliegt. In der WAKE-UP-Studie gelang es nun erstmals, mittels MRT-Diagnostik geeignete Patienten für die Thrombolyse auszuwählen, auch ohne den Zeitpunkt des Schlaganfalls zu kennen.

Bei ihnen traten geringere neurologische Symptome oder Behinderungen auf als bei anderen Patienten. Das positive Ergebnis der Studie sei ein großer Schritt zur weiteren Verbesserung der Behandlung von Schlaganfallpatienten, da die Studie die Möglichkeit eröffnet, eine große Zahl von Patienten mit einer Thrombolyse zu behandeln, die bisher davon grundsätzlich ausgeschlossen waren, so Prof. Dr. Götz Thomalla. Die Behandlung auf Basis der MRT-Bildgebung ohne Wissen um den Zeitpunkt des Symptombeginns stelle einen Paradigmenwechsel für die Thrombolyse beim Schlaganfall dar. Auf der Basis der Studienergebnisse wird man nach Einschätzung der Wissenschaftler in Zukunft bei vielen Schlaganfallpatienten eine bleibende Behinderung abwenden können.

Bei rund 20 % Prozent aller Patienten mit akutem Schlaganfall ist der genaue Zeitpunkt des Symptombeginns unbekannt. Diese große Gruppe von Patienten kam bislang allein aufgrund des fehlenden Wissens um das Zeitfenster für eine Thrombolyse nicht in Frage.

Mit MRT geeignete Patienten für Thrombolyse identifizieren

In die WAKE-UP-Studie wurden Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall und unbekanntem Zeitpunkt des Symptombeginns im Alter von 18-80 Jahren eingeschlossen. Die Auswahl der Patienten für die Behandlung erfolgte mittels Magnetresonanztomografie (MRT). Verwendet wurden 2 spezielle Untersuchungssequenzen, die diffusiongewichtete Bildgebung (Diffusion Weighted Imaging, DWI) und die „Fluid-Attenuated Inversion Recovery“-Bildgebung (FLAIR). Aus früheren Untersuchungen war bekannt: Zeigt sich im DWI eine akute Schlaganfall-Schädigung, im FLAIR jedoch nicht eindeutig („DWI-Flair-Mismatch“), dann befindet sich der Patient mit großer Sicherheit noch in einem Zeitfenster, in dem die Thrombolyse effektiv und sicher angewandt werden kann.

In der WAKE-UP-Studie wurden 503 solcher Patienten behandelt – entweder mit dem Wirkstoff Alteplase oder einem Plazebo. Nach 90 Tagen war das klinische Ergebnis in der mit Alteplase behandelten Gruppe signifikant besser als in der Plazebogruppe, erklären die Forscher.

  • So erreichten 53,3 % der mittels Thrombolyse behandelten Patienten ein sehr gutes klinisches Ergebnis,

  • dagegen nur 41,8 % der Plazebogruppe.

Patienten in der Alteplasegruppe hatten eine um 62 % höhere Chance, 3 Monate nach dem Schlaganfall geringere neurologische Symptome oder Behinderungen zu haben als die Patienten der Plazebogruppe. Auch in der Selbsteinschätzung hinsichtlich Gesundheitszustand und Lebensqualität nach 3 Monaten hatten die Patienten in der Alteplasegruppe signifikant profitiert.

Nach einer Mitteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf


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