Einleitung
Eine effektive Behandlung des Asthma bronchiale zielt neben der langfristigen Reduktion
von Exazerbationsrisiko, medikamentösen Nebenwirkungen und Folgeschäden auf eine gute
Kontrolle der Asthmasymptome ab [1]
[2]. Hinsichtlich der Einschätzung der Symptomkontrolle durch den Patienten divergieren
Wahrnehmung und Realität mitunter erheblich [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]. Ein großer Teil der Asthmapatienten schätzt die Krankheitskontrolle als gut ein
und beendet selbstständig die antiinflammatorische Erhaltungstherapie. Studien wie
AIRE (2000) und REALISE (2014) geben uns Informationen, ob und wie sich innerhalb
von etwa 15 Jahren Verbesserungen bei der Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale
eingestellt haben [3]
[4]. Die Ergebnisse fallen ernüchternd aus. In diesem Artikel sollen die Versorgungsrealität,
die Umsetzung der Therapieleitlinien sowie mögliche Optionen der Verbesserung der
Compliance dargestellt werden.
Asthma bronchiale
Mit weltweit ungefähr 300 Millionen Betroffenen ist Asthma bronchiale eine bedeutende
Volkskrankheit und kann Menschen jeden Alters und jeder Herkunft betreffen. In Deutschland
leiden etwa 5 % der Erwachsenen und sogar 10 % der Kinder an Asthma bronchiale [2]. Insbesondere in den entwickelten Ländern zeigt sich eine hohe Prävalenz, die vor
allem im Kindesalter in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich gestiegen ist. Aktuell
scheint laut neueren Studien jedoch ein Höchststand erreicht zu sein [11].
Asthma bronchiale wird als eine heterogene, multifaktorielle, meist chronisch-entzündliche
Erkrankung der Atemwege mit bronchialer Hyperreagibilität und einer variablen und
(teil-) reversiblen Atemwegsobstruktion angesehen [1]
[2]. Die Verengung der Atemwege wird durch eine Kontraktion der glatten Muskulatur der
Bronchialwände (Bronchospasmus), eine ödematöse Schleimhautschwellung und eine vermehrte
Schleimsekretion verursacht und hat eine Atemflusslimitierung zur Folge. Die bronchiale
Hyperreagibilität zeichnet sich durch eine pathologisch gesteigerte konstriktorische
Reaktion des Bronchialsystems auf unterschiedliche inhalative Reize aus und ist neben
der bronchialen Inflammation sowie der endobronchialen Obstruktion als entscheidendes
Krankheitsmerkmal hervorzuheben.
Das Asthma bronchiale zeigt ein sehr variables Krankheitsbild. Phasen mit geringer
Symptomatik können sich abwechseln mit Zuständen höchstgradiger Bedrohung und stationärer
Behandlungsbedürftigkeit. Symptome können Dyspnoe, Husten, Wheezing (Giemen), seltener
ein thorakales Engegefühl bis hin zum schwerstgradigen Asthmaanfall sein [2]. Patienten mit Asthma bronchiale leiden, und das sollte besonders betont werden,
häufig auch und insbesondere unter nächtlichen und frühmorgendlichen respiratorischen
Beschwerden. Dieser Sachverhalt ist der chronobiologischen Rhythmik der Atemwegsweite
geschuldet.
Ziel des Asthma-Managements ist es, eine optimale Symptomkontrolle zu erreichen und
die Risiken für Exazerbationen, Verschlechterungen der Lungenfunktion, Langzeitfolgen
und Nebenwirkungen der Therapie zu minimieren [1]
[2]. Inhalative Glukokortikosteroide bilden die Grundlage der medikamentösen Therapie.
Sie sind antiinflammatorisch wirksam und sollen als „Controller“ alleine oder in Kombination
mit anderen Wirkstoffen wie zum Beispiel langwirksamen Sympathikomimetika ein Erreichen
der aufgeführten Ziele gewährleisten. Ziele der Inhalationstherapie sind maximale
Effizienz und Sicherheit durch hohe und langanhaltende Arzneistoffkonzentrationen
am therapeutischen Zielort bei geringem systemischen Wirkstoffspiegel.
Die ursprüngliche Schweregradeinteilung des Asthma bronchiale nach Werten der Lungenfunktion
wurde aufgegeben. Stattdessen wird für die Verlaufskontrolle sowie die Grundlage der
Therapieentscheidungen der Grad der Asthmakontrolle ermittelt. Man unterscheidet dabei
3 Grade, wie unten aufgeführt. Der Schweregrad ergibt sich im Verlauf dann aus der
Therapiestufe, die zum Erhalt der Asthmakontrolle notwendig ist. Das Asthma bronchiale
als chronische Erkrankung bedarf einer regelmäßigen Verlaufsbeurteilung, insbesondere
natürlich bei Kindern und Jugendlichen [1]
[2].
Die Asthmakontrolle wird unterteilt in die 3 Grade:
Um den Grad der Asthmakontrolle definieren zu können, müssen bei jeder ärztlichen
Vorstellung Symptome/Parameter erfasst werden: die Symptomhäufigkeit tagsüber und
in der Nacht, die Einschränkung täglicher Aktivitäten, die Häufigkeit eingesetzter
Bedarfsmedikation sowie additiv die FEV1 der Lungenfunktion und das Auftreten von
Exazerbationen. Dieses Konzept spiegelt sich sowohl in nationalen als auch internationalen
Leitlinien wider. [Tab. 1] zeigt die Klassifikation der Asthmakontrolle.
Tab. 1
Klassifikation der Asthmakontrolle bei Erwachsenen und Kindern. Die beiden Kriterien
FEV1 und Exazerbation sind Zusatzkriterien zur erweiterten Prüfung der Asthmakontrolle
(gemäß GINA).
|
kontrolliertes Asthma bei Kindern
|
kontrolliertes Asthma bei Erwachsenen
|
teilweise kontrolliertes Asthma
|
unkontrolliertes Asthma
|
|
|
|
1 – 2 Kriterien erfüllt
|
mindestens 3 Kriterien erfüllt
|
Symptome tagsüber
|
keine
|
≤ 2 ×/Woche
|
> 2 ×/Woche
|
Symptome nachts
|
keine
|
keine
|
jedes Symptom
|
Bedarfsmedikation
|
keine
|
≤ 2 ×/ Woche
|
> 2 ×/Woche
|
Aktivitätseinschränkung
|
keine
|
keine
|
jede Einschränkung
|
FEV1
|
normal
|
normal
|
vermindert
|
Exazerbation
|
keine
|
keine
|
mindestens 1 ×/Jahr
|
in der aktuellen Woche
|
Asthmakontrolltest
Zur Einschätzung der Asthmakontrolle wird seit vielen Jahren der validierte Asthmakontrolltest
herangezogen [12]. Der Fragebogen ermittelt anhand von 5 Kriterien eine Punktzahl, die den Grad der
Asthmakontrolle der letzten 4 Wochen widerspiegeln soll. Zu diesen Kriterien zählen
Kurzatmigkeit, eine subjektive Einschätzung der Asthmakontrolle durch den Patienten
selbst, der Bedarf der Notfallmedikation, die Beeinträchtigung von Arbeit oder häuslichen
Tätigkeiten sowie nächtliches Erwachen aufgrund von Symptomen wie Kurzatmigkeit oder
Husten. Der Patient bewertet jedes Kriterium mit einer Punktzahl von 1 (am schlechtesten)
bis 5 (am besten). 25 Punkte: Asthma vollständig unter Kontrolle; 20 – 24 Punkte:
Asthma gut unter Kontrolle; < 20 Punkte: Asthma nicht unter Kontrolle.
Mangelnde Asthmakontrolle
Mangelnde Asthmakontrolle
Über mehrere Länder hinweg durchgeführte Multicenterstudien wie AIRE (2000) und REALISE
(2014) geben eine Information darüber, wie die praktische Realität der Asthmabehandlung
und -kontrolle wirklich aussieht [3]
[4]. Obwohl eine vergleichsweise sehr effektive medikamentöse Therapie zur Behandlung
des Asthma bronchiale zur Verfügung steht, sind die Ergebnisse der Asthmakontrolle
ernüchternd [3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]. Patienten mit Asthma bronchiale sind unverändert unzureichend kontrolliert! So
weisen alle großen Studien bei etwa 50 bis 80 % der Patienten einen nicht kontrollierten
bzw. teilweise kontrollierten Status auf. Im umgekehrten Sinne ist das Asthma bronchiale
somit lediglich bei einem Viertel der Patienten gut eingestellt.
In der von Price et al. publizierten REALISE-Studie, bei der mehr als 8000 Asthmapatienten
aus 11 europäischen Ländern zur Asthmakontrolle befragt wurden, wiesen 45 % ein unkontrolliertes
Asthma auf [4]. Bei 44 % der Befragten war es in den letzten 12 Monaten zu einer akuten Exazerbation
mit notwendiger oraler Steroidbehandlung gekommen, 12 % mussten stationär behandelt
werden. Über 80 % der Befragten schätzten ihr Asthma als gut kontrolliert ein. Zuletzt
war im Jahre 2000 eine Studie zur Asthmakontrolle in Europa (AIRE) von Rabe et al.
veröffentlicht worden [3]. 80 % der Befragten empfanden ihre Asthmakontrolle damalig als gut, dies war jedoch
nur bei 20 % wirklich der Fall. Wenngleich die Abnahme von 80 % auf 45 % unkontrollierter
Asthmapatienten sicherlich schon eine deutliche Verbesserung darstellt, ist das Ergebnis
noch nicht im Sinne des angestrebten Zieles.
Die Ergebnisse der Studie von Olaguibel et al. (2012) belegen, dass unkontrolliertes
Asthma, beurteilt anhand des Asthma Control Questionnaire (ACQ) alle Schweregrade
betrifft [5]. In die Studie konnten 1363 stabile Asthmatiker mit einem mittleren Alter von 38
Jahren eingeschlossen werden. Ein kontrolliertes Stadium wiesen lediglich 13,6 % der
Patienten auf, ein partiell kontrolliertes 34,2 % und ein unkontrolliertes 52,3 %.
Bereits in der Stufe 1 hatten 52,4 % der Patienten ein unkontrolliertes Asthma, 43,4 %
in Stufe 2, 51,1 % in Stufe 3 und 4 und 84 % in Stufe 5. In Stufe 1 waren 9,6 %, 11,6 %
in Stufe 2, 73 % in den Stufen 3 und 4 sowie 5,8 % in der Stufe 5 der Patienten zu
finden. Die hohen Raten unkontrollierten Asthmas in den Stufen 1 und 5 sind sicherlich
zum einen durch die niedrigeren Patientenzahlen zu erklären, in Stufe 1 könnten zudem
eine saisonale Asthmasymptomatik sowie eine Fehleinschätzung der Symptome eine Rolle
spielen. Patienten in Stufe 5 beurteilen sich mitunter auf niedrigem Niveau als stabil,
zeigen eine schlechte Therapieadhärenz oder sind in der Tat nicht ausreichend therapiert.
Im Artikel existieren hierzu keine konkreten Angaben.
In der Studie von Caminati et al. (2014) fand sich bei 13,7 % der 950 untersuchten
Patienten mit leichtem Asthma bronchiale eine vollständige Asthmakontrolle (ACT-Score
25) [6]. 51 % der Patienten waren gut (ACT-Score 20 – 24), 35,3 % schlecht (ACT-Score < 19)
kontrolliert. Nikotinkonsum, höheres Alter und Sozialstruktur waren mit einer schlechteren
Asthmakontrolle vergesellschaftet. In den letzten 12 Monaten mussten 4,5 % der Patienten
wegen einer Asthmaexazerbation stationär aufgenommen werden.
In der AIM (Asthma Insight and Management-)Studie (2015) wurden in 20 Staaten in Nordamerika,
Kanada, Europa, Lateinamerika und Asien 10 302 Patienten mit Asthma bronchiale bzw.
Eltern von asthmatischen Jugendlichen bezüglich ihres Asthmas befragt [7]. 67 % der Patienten schätzten ihr Asthma als gut kontrolliert ein, entsprechend
der geforderten Kriterien zur Asthmakontrolle waren es allerdings nur 9 %. Nahezu
ein Viertel der Patienten beklagte Symptome täglich oder an mehreren Tagen der letzten
4 Wochen.
Zwischen 11/2012 und 12/2016 wurden 4233 Patienten mit einem bereits behandelten Asthma
bronchiale (ICS oder ICS und LABA) für die Salford Lung Study (2017) rekrutiert und
in 2 Behandlungsarme (usual care versus Fluticason Furoate und Vilanterol) aufgeteilt
[8]. 29 % der „usual care group“ (2114 Patienten) hatten bei Einschleusung einen ACT-Score
≥ 20, 28 % der „Fluticasone Furoate and Vilanterol group“ (2119 Patienten). Insgesamt
hatten somit 71 % bzw. 72 % der Patienten bei Studienbeginn einen ACT-Score < 20 Punkte
und damit ein nicht ausreichend kontrolliertes Asthma. Über die Hälfte der Patienten
war in ihren Alltagsaktivitäten durch ihre Grunderkrankung beeinträchtigt oder beklagte
in der Woche vor Untersuchung ein nächtliches Erwachen infolge asthmatischer Beschwerden.
In einer von Caminati et al. (2017) in Italien durchgeführten Studie wurden 239 Asthmapatienten
in 37 Apotheken rekrutiert und hinsichtlich ihres Asthmas befragt [9]. Die Patienten waren im Mittel 51 Jahre alt, 129 waren Frauen. Die Qualität der
Asthmakontrolle wurde mittels ACT eingeschätzt, die Differenzierung in dieser Studie
war wie folgt: ACT-Score 25 Punkte: voll kontrolliert, ACT-Score 20 – 24 Punkte: gut
kontrolliert, ACT-Score < 20 Punkte: teilkontrolliert und ACT-Score < 15 Punkte: unkontrolliert.
Bei mehr als 50 % der Patienten konnte eine gute Asthmakontrolle nachgewiesen werden.
26 % der Patienten waren teilkontrolliert, 20 % unkontrolliert. 4,7 % der Patienten
benutzten orale Steroide, nur 2,9 % hatten einen Medikamentenplan. Im Vergleich zu
anderen Studien ist der Prozentanteil der als „unkontrolliert“ eingeschätzten Patienten
in dieser Untersuchung deutlich geringer. In einer von den Autoren durchgeführten
Zusammenstellung der Daten von 13 international (in Apotheken) durchgeführten Studien
zur Asthmakontrolle (minimale Patientenzahl 224, maximale 5551) kommen die Autoren
auf Raten von 48 bis 87 % unkontrollierter Asthmapatienten.
Studien zur Versorgungsqualität
Studien zur Versorgungsqualität
Chapman und Mitarbeiter (2017) haben eine Befragung zum Asthmamanagement bei 1809
Ärzten (Allgemeinärzte, Internisten, keine Pneumologen) in Australien, Kanada, China,
Japan, Frankreich und Deutschland durchgeführt [10]. Ein schriftlicher Aktionsplan mit Handlungsanweisungen lag nur bei 37 % aller Patienten
vor, ein validierter Fragebogen zur Symptomerfassung wurde in 10 % der Fälle angewandt.
Asthmasymptome wurden in Deutschland von 31 % der Ärzte erfragt, in der Gesamtheit
von 41 %. Die Häufigkeit nächtlichen Erwachens, ebenfalls ein wichtiges Symptom der
Asthmakontrolle, wurde von weniger als einem Drittel der Ärzte objektiviert, in Deutschland
von nur 6 %. Die Daten belegen, dass die praktische Versorgungsrealität von Patienten
mit Asthma, bezogen auf die GINA-Kriterien, als schlecht zu beurteilen ist.
Rubin et al. (2018) haben das Patienten-Arzt-Verhältnis und die dadurch beeinflussbare
Therapieadhärenz in ihrer Studie an 1000 Patienten bzw. Eltern von Asthmakindern hinterfragt
[13]. Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Unterschiedlichkeit
von Krankheitsbeurteilung und Symptomkontrolle durch Arzt und Patient ein relevantes
Problem darstellt. Die Patienten wollen ihre Erkrankung besser verstehen und aktiver
in den Behandlungsprozess einbezogen werden. Gleichzeitig ist ihnen wichtig, wie die
weitere Zukunft bzw. die gesundheitlichen Perspektiven aussehen.
Was sollte optimiert werden?
Was sollte optimiert werden?
Therapieadhärenz
Die Therapieadhärenz ist Basis für eine gute Symptomkontrolle. Eine mangelnde Adhärenz
kann langfristig eine fixierte Atemwegsobstruktion oder rezidivierende Exazerbationen
zur Folge haben. Es ist von großer Bedeutung, Probleme bei der Asthmakontrolle zu
erkennen. Eine Differenzierung zwischen einem schwer zu behandelnden Asthma und einem
schweren unzureichend kontrollierten Asthma ist bedeutsam und mit erheblichen Konsequenzen
verbunden. Gelingt es dem Hausarzt trotz Eskalierung der sicherlich sehr guten medikamentösen
Therapieoptionen nicht, das Asthma gut einzustellen, so ist die Vorstellung des Patienten
bei einem Pneumologen notwendig. Auch die Abgrenzung des Asthmas von einer COPD ist
nicht immer ganz einfach. Ein häufiger Grund für ein nicht ausreichend kontrolliertes
Asthma stellt die mangelnde Medikamentenadhärenz dar, da beispielsweise die Notwendigkeit
einer regelmäßigen Dauermedikation (inhalatives Kortison) nicht eingesehen und diese
einfach beendet wird [3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[13]
[14]. Bei Patienten mit einem unzureichend kontrollierten Asthma sollte vom Hausarzt
zunächst abgeklärt werden, ob die nicht ausreichende Symptomkontrolle durch eine schlechte
Adhärenz, Triggerfaktoren wie Allergene oder Nikotin, unbehandelte Komorbiditäten
oder ein schwergradiges refraktäres Asthma bronchiale bedingt ist. Ist trotz aller
therapeutischer Maßnahmen und einer guten Therapieadhärenz keine ausreichende Asthmakontrolle
zu erreichen, so muss der Facharzt in die Behandlung miteinbezogen werden. Neue zielgerichtete
Therapieoptionen können dann in Abhängigkeit der Asthma-Phänotypen zum Einsatz kommen.
Die korrekt durchgeführte Inhalation stellt ein weiteres relevantes Problem dar. Dass
eine Instruktion häufig nicht oder in nicht ausreichendem Maße erfolgt, kennt jeder
aus der eigenen Praxis bzw. spätestens dann, wenn er sich vom Patienten die Abfolge
eines Inhalationsvorgangs demonstrieren lässt. Viele Patienten bekommen ein Medikament
ohne Erklärung in der Praxis oder Apotheke ausgehändigt. Ein auf den individuellen
Patienten angepasster Therapieplan sollte erstellt und Maßnahmen zum Selbstmanagement
erörtert werden. Dies geschieht in der Regel nicht oder nur selten. Mit Einführung
der Disease Management Programme (DMP) hat sich die Gesamtsituation zwar verbessert,
aber sie ist noch keineswegs optimal [18].
Disease Management Programm (DMP) und Schulungsmaßnahmen
Das DMP Asthma legt Qualitätsziele fest [15]
[16]
[17]
[18]: Die Vermeidung stationärer Notfälle wird sowohl bei Kindern und Jugendlichen als
auch bei Erwachsenen von über 99 % der Teilnehmer erreicht. Zu den wesentlichen Qualitätszielen
gehören die Überprüfung der Inhalationstechnik, die Vorlage eines Selbstmanagementplanes
sowie die Verwendung eines inhalativen Kortikosteroids, sobald eine dauerhafte Therapie
notwendig ist [16]. Es reicht nicht aus, Inhalationstechniken anhand von Informationsbroschüren oder
Filmen zu vermitteln. Hinsichtlich der DMP-Programme kann festgestellt werden, dass
eine Teilnahme am DMP Asthma bronchiale mit den dazu gehörenden Asthmaschulungen eindeutig
zu einer Verbesserung der Asthmakontrolle und einer Reduzierung der Symptome bei Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen geführt hat [15]
[17]
[18]. Dabei ist die enge Anbindung an den behandelnden Arzt sowie die regelmäßige Betreuung
der Patienten von entscheidender Bedeutung. Trotz der vergleichsweise guten Ergebnisse
des DMP sind interessanterweise bundesweit nur etwa 25 % der Kinder und Jugendlichen
mit einem Asthma bronchiale in das DMP eingeschrieben [15]. Es gilt zu bedenken, dass Patienten mit einem partiell bzw. nicht kontrollierten
Asthma bronchiale langfristig deutlich kostenintensiver sind als gut kontrollierte
Patienten [19]. Häufigere Vorstellungen in der Notaufnahme, stationäre Krankenhausaufenthalte sowie
höhere sekundäre Folgekosten durch Arbeitsausfall sind hier als bedeutsam anzusehen.
Es muss Ziel unserer Bemühungen sein, vor allem die medikamentöse Therapieadhärenz
der Patienten zu verbessern. Die Schulung muss dazu einen elementaren Beitrag leisten.
Inhalationsproblematik
Bei der Entscheidung für eine bestimmte Inhalationstechnik müssen, insbesondere bei
Kindern und Jugendlichen, Alter, Entwicklungsstand und Umfeld berücksichtigt werden.
Unstrittig ist auch, dass Inhalationssysteme Kindern, Jugendlichen (deren Eltern)
und auch Erwachsenen erklärt werden müssen. Es ist bedeutsam zu wissen, dass es frei
zugängliche webbasierte Videos in mehreren Sprachen gibt, die für jeden im Handel
befindlichen Inhalator die richtige Inhalationstechnik vorführen. Die Anwendungen
sollten demonstriert und wiederholt geübt werden. Mit dem Patienten bzw. den Eltern
von Kindern oder Jugendlichen sollte ein Inhalationsplan unter Berücksichtigung der
individuellen Situation erstellt werden. Bei Kindern ist die Einbeziehung der Eltern
in die Schulungsmaßnahme unabdingbar. Der Arzt bzw. schulende Mitarbeiter sollte über
ausreichende theoretische und praktische Kenntnisse der verschiedenen Inhalationstechniken
verfügen. Sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern ist eine beständige Wiederholung
und Kontrolle vermittelter Informationen zu empfehlen.
Kontrolle nächtlicher Symptome
Asthmapatienten schätzen ihre Symptome häufig als gut kontrolliert ein, wenngleich
dies objektiv nicht der Fall ist. Weiterhin wird die nächtliche Symptomatik insbesondere
bei Kindern unterschätzt, zumal eine objektive Symptomkontrolle bislang nicht gewährleistet
ist. In einer Studie von Ding et al. wurden 1115 Patienten (Alter im Mittel 38,4 Jahre)
mit leichtgradigem Asthma bronchiale hinsichtlich der Asthmakontrolle analysiert [20]. Nahezu die Hälfte der Patienten (40,6 %) wies nächtliche Symptome auf. Wenn ein
Kind nachts vermehrt hustet oder anfängt zu giemen, nehmen Eltern das natürlich bewusst
wahr und reagieren dementsprechend. Nach außen wahrnehmbares Giemen ist aber nur selten
zu hören und stellt die Spitze des Eisbergs dar. Mithilfe der Langzeitregistrierung
der Atemgeräusche kann Wheezing, das normalerweise nur mithilfe des Stethoskops zu
hören ist, objektiv registriert werden. Subjektive (Eltern) und objektive Angaben
(Aufzeichnung) zur Frequenz von Husten und Wheezing unterscheiden sich mitunter extrem.
Symptome, die im Schlaf auftreten, werden verständlicherweise seitens der Patienten
häufig nicht wahrgenommen [21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]. Asthmatische Kinder und Jugendliche leiden im Vergleich zu gesunden Kontrollen
vermehrt unter Tagesbefindlichkeitsproblemen [22]
[23]
[24]
[25]. Es ist davon auszugehen, dass ein nächtlich schlecht eingestelltes Asthma bronchiale
zu einer schlechteren Schlafqualität führt und damit wiederum zu einer Einschränkung
der Leistungsfähigkeit am Tage. Da die Symptomberichte der Eltern von asthmatischen
Kindern häufig ungenau und nur bedingt verwertbar sind, ist die Objektivierung respiratorischer
Symptome wie Husten und Wheezing, insbesondere im Schlaf, von elementarer Bedeutung.
Die akustische Langzeitregistrierung der Atemnebengeräusche stellt hier eine wichtige
Ergänzung des diagnostischen Spektrums dar [27]
[28]
[29]
[30]. Ihre Vorteile liegen in der einfachen Verfügbarkeit sowie einer auch für den Patienten
nachvollziehbaren anschaulichen Symptombewertung.
Die GINA-Leitlinien konnten bislang nur mäßig erfolgreich in die praktische Versorgungsrealität
überführt werden. Bezüglich der Symptomkontrolle zeigen sich Wahrnehmung und Realität
der Patienten stark divergierend. Die Studienlage zusammenfassend haben weiterhin
deutlich mehr als 50 % der Patienten ein unkontrolliertes bzw. teilkontrolliertes
Asthma bronchiale. Die nicht konsequent angewandte Erhaltungstherapie, deren spontane
Beendigung sowie die vermehrte Inanspruchnahme der Bedarfstherapie bedingen eine höhere
Exazerbations- und Mortalitätsrate. Patienten mit einem schweren unzureichend kontrollierbaren
Asthma sollten einem Facharzt zur Phänotypisierung und individuellen Therapie vorgestellt
werden. Wiederholte Schulungsmaßnahmen im Rahmen von Disease Management Programmen
sind – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen – eine notwendige Voraussetzung für
einen langfristigen Therapieerfolg. Die Langzeitregistrierung von Husten und Wheezing
kann einen wesentlichen Beitrag zur (nächtlichen) Asthmakontrolle leisten.