Die Ausgangslage: Das Internet verändert die Arzt-Patienten-Beziehung
Arzt-Bewertungsportale und sonstige Online-Bewertungen sind für viele Ärzte v. a.
sichtbare Zeichen einer Veränderung der Arzt-Patienten-Beziehung. Öffentlich, also
für fremde Dritte sichtbar, bewertet zu werden wird als ärgerlich oder bedrohlich
empfunden. Für manche Sozialwissenschaftler ist die zunehmende Popularität der Arzt-Bewertungsportale
auch Ausdruck der stetig zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitssystems. Anstelle
der traditionellen Arzt-Patienten-Beziehung tritt demnach eine neue Art von Dienstleistungsverhältnis.
Mittlerweile nutzen über 70 % der Bevölkerung das Internet täglich [1]. Seitdem über 60 % der Internetnutzer auf mobilen Endgeräten ihren Alltag planen
und organisieren, ist zunehmend zu beobachten, dass sie auch im Bereich der medizinischen
Versorgung wie Kunden agieren. Sie suchen online einen Arzt und „konsumieren“ ihren
anschließenden Arztbesuch so, wie sie im Internet Einkäufe erledigen. Die Ärzte auf
der anderen Seite, aus welchen Gründen auch immer, agieren vermehrt unternehmerisch
und begünstigen diese Entwicklung. Ein Trigger für solches Patientenverhalten ist,
dass Ärzte, anderen Dienstleistern gleich, im Internet individuell auf potenzielle
Patienten zugeschnittene Leistungen explizit bewerben. Je ausgeprägter solche Angebote
erfolgen, sei es durch einzelne Arztpraxen oder durch die Außendarstellung einer ganzen
Fachgruppe, desto größer wird das Risiko, dass etwas Elementares verloren geht. Unsere
Patienten scheinen allmählich das Vertrauen zu verlieren, dass Ärzte per se im besten
Interesse ihrer Patienten entscheiden und handeln. Paradoxerweise verstärkt diese
Gemengelage das Bedürfnis der Patienten, sich vorab über die Qualität eines bestimmten
Arztes zu informieren – also Bewertungsfunktionen von Suchmaschinen oder Bewertungsportale
zu konsultieren und diese auch selber mit Informationen zu füllen.
Spätestens seit dem Siegeszug der Smartphones ist das Internet die wichtigste, ubiquitär
verfügbare Quelle für Gesundheitsinformationen. Die Ärzte haben ihre Alleinstellung
als Lieferant für Gesundheitsinformationen verloren. Stattdessen wird immer öfter
von ihnen erwartet, von Patienten bereitgehaltene Gesundheitsinformationen zu interpretieren.
Außerdem gibt es eine zunehmende Vernetzung und Selbstorganisation der Patienten.
Diese veranlasst v. a. Patienten, die ohnehin fast alle Aspekte ihres Lebens online
organisieren, geradezu reflexartig dazu, Bewertungen über Ärzte abzugeben und sich
über Portale quasi auszutauschen. Von einer herkömmlichen Kundenbeziehung unterscheidet
sich die Arzt-Patienten-Beziehung dennoch deutlich. Sie ist und bleibt asymmetrisch.
Auch wenn sich traditionelle Rollen ändern, begegnen sich Arzt und Patient fast nie
auf Augenhöhe. Der Wissensvorsprung des Arztes einerseits und die anderseits als Ausnahmesituation
erlebte Untersuchungs- oder Krankheitssituation, in der Patienten einen Arzt konsultieren,
erlauben keine Symmetrie.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt sich die Frage, wie man als Arzt mit
Online-Bewertungen umgehen kann und sollte. Vier verschiedene Vorgehensweisen, die
sich nicht unbedingt ausschließen, können in Betracht gezogen werden.
Umgang mit Arztbewertungen bei Google
Arztbewertungen bei Google sind Teil der Realität und dürfen meines Erachtens von
medizinischen Behandlungseinrichtungen aller Art nicht ignoriert werden. Wenn unsere
Patienten auf ihrem Android-Handy die Ortungsdienste aktiviert haben, kann es vorkommen,
dass Google schon beim Verlassen der Behandlungseinrichtung nachfragt, ob ein Patient
eine Bewertung abgeben möchte. Das können Sternchen sein oder zusätzlich ein frei
formulierter Text. Einen Text findet man insbesondere dann, wenn jemand sich besonders
positiv oder negativ äußern will. Es gibt naturgemäß keine Tipps, wie man negative
Bewertungen vollständig vermeiden kann. Wir alle machen Fehler, werden missverstanden
oder können und dürfen es nicht jedem recht machen – so gesehen sind negative Bewertungen
leider unvermeidlich. Sachlich vorgetragene negative Bewertungen sind u. U. sogar
wichtig, um zukünftige Fehler zu vermeiden oder Verfahren in der Praxis zu verbessern.
Daher mein Tipp: Wenn eine negative Bewertung nicht völlig unsachlich ist oder aus
Gründen, die an anderer Stelle in diesem Beitrag genannt werden, wieder beseitigt
werden sollte, dann antworten Sie sichtbar für alle Internetnutzer. Es ist relativ
leicht, sich bei Google als Inhaber der bewerteten Behandlungseinrichtung zu registrieren
[2]. Danach haben Sie die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren und Ihre abweichende
Meinung darzustellen. Das ist delegierbar und muss natürlich nicht in allen Fällen
vom Arzt oder der Ärztin selbst vorgenommen werden. Einmal registriert erhält die
Behandlungseinrichtung jedes Mal eine E-Mail, wenn jemand eine neue Bewertung abgibt.
Was oft vergessen wird: Auch positive Bewertungen sollte man kommentieren oder sich
dafür bedanken. Für den Gesamteindruck, den die Behandlungseinrichtung oder ein einzelner
Arzt anhand aller Google-Bewertungen hinterlässt, ist nämlich neben den tatsächlichen
Bewertungen auch ausschlaggebend, wie der Bewertete damit umgeht. Und der dritte Tipp
zum Thema Google-Bewertungen: Lassen Sie den Anteil negativer Bewertungen schwinden,
indem Sie selbst aktiv werden. Positive Bewertungen lassen sich nämlich u. U. ganz
leicht generieren. Arzt oder medizinisches Personal können Patienten, die zufrieden
sind und sich bedanken, legal und ganz ohne schlechtes Gewissen um eine Bewertung
bitten – man darf es nur nicht vergessen. Sinngemäß gilt das auch für andere Portale.
„Haben Sie schon einmal ein Arztbewertungsportal benutzt? Wir würden uns freuen, wenn
Sie uns auch bewerten würden ...“ ([Abb. 1]).
Abb. 1 Ergebnis-Box einer Google-Suche. Neben den für Google typischen Reviews mit Sternchen
erkennt man weitere Arztbewertungen. Grüne Anmerkungen: (1) Inhalte, die vom Praxisinhaber
editiert werden können. (2) = Externe Bewertungsinhalte, die zumindest beeinflussbar
sind. (3) Bei nicht registrierten Nutzern steht hier: „Own this business?“ (4) Fremde
können ebenfalls Informationen beisteuern! Fluch oder Segen?
Juristisch oder mit Löschungsantrag gegen unliebsame Bewertungen vorgehen
Grundsätzlich können sich Ärzte nicht dagegen wehren, in einem öffentlichen Portal
oder bei einer Suchmaschine im Internet bewertet zu werden. Der Gesetzgeber und die
Gerichte erlauben sogar die anonyme Bewertung. Das im Grundgesetz verankerte Recht
auf Meinungsfreiheit ist demnach wichtiger als das Interesse eines einzelnen Arztes,
im Internet nicht bewertet zu werden. Anders ist das nur, wenn der Betreiber eines
Bewertungsportals nicht mehr neutraler Informationsvermittler ist, sondern selber
allzu deutlich seinen eigenen Profit mit der Veröffentlichung von Bewertungen durch
Internetnutzer realisiert. Der Bundesgerichtshof hat deshalb im Februar 2018 einer
Kölner Hautärztin recht gegeben und das Bewertungsportal Jameda dazu verurteilt, alle
Bewertungen über deren Praxis unverzüglich zu löschen. Viele Ärzte sahen nach der
ersten Berichterstattung über das Urteil die Chance gekommen, unbeliebte Bewertungen
endlich einfach „abbestellen“ zu können. Das ist nicht so. Es handelt sich um eine
Entscheidung, die einen bestimmten Sachverhalt voraussetzt. Die Richter in Karlsruhe
gaben der Klage nicht aus grundsätzlichen Überlegungen statt, sondern deshalb, weil
Jameda zwischen zahlenden und nicht zahlenden Benutzern unterschied. Während Premiumkunden
sich ohne störende Einblendungen der Ergebnisse anderer Arztpraxen präsentieren durften,
mussten sog. Basiskunden hinnehmen, dass neben ihren eigenen Bewertungen auch Anzeigen
von (i. d. R. besser bewerteten) Premiumkunden angezeigt wurden. Und Basiskunde ist
man übrigens dort u. U. auch ohne eigene Mitwirkung.
Damit stellt sich die Frage, welche Bewertungen ein Arzt hinnehmen muss und wann er
sich erfolgreich wehren kann. Es gilt: Meinungsäußerungen und korrekte Tatsachenbehauptungen
sind erlaubt. Falsche Tatsachenbehauptungen sind verboten.
Reine Meinungsäußerungen sind auch dann zulässig, wenn der Bewertete sie als grob
ungerecht oder sogar als falsch empfindet. Erlaubt sind also tatsächlich Patientenkommentare
wie: „Der Arzt ist schlecht!“ oder „Einmal und nie wieder!“. Die Rechtsprechung räumt
jedem Patienten das Recht ein, selbst einzuschätzen, ob ihm ein Arzt gefallen hat
oder nicht. Das geht sogar so weit, dass ein bewertender Patient das Platzangebot
im Wartezimmer der bewerteten Praxis als mangelhaft einschätzen darf, obwohl der Raum
nachweislich riesengroß und gut bestuhlt ist. Was „mangelhaft“ ist und was nicht,
ist in diesem Kontext stets eine subjektive Einschätzung. Werturteile gelten erst
dann als unzulässig, wenn beleidigende Äußerungen veröffentlicht werden. Nicht erlaubt
wäre es deshalb etwa, einen Arzt als „Volltrottel“ zu bezeichnen oder seine Medizinische
Fachangestellte als „Dumme Ziege“.
Von Meinungsäußerungen muss man Tatsachenbehauptungen unterscheiden. Eine Tatsachenbehauptung
kann immer der Überprüfung auf wahr und unwahr unterzogen werden. Nötigenfalls könnte
also vor Gericht ein Zeuge oder ein Sachverständiger dazu aussagen, ob die veröffentlichte
Darstellung richtig oder falsch ist. Eine typische Tatsachenbehauptung wäre eine Aussage
wie: „An der Anmeldung konnten andere Patienten mithören, als mir mein Befund gesagt
wurde.“ Das stimmt entweder oder es stimmt nicht. Wenn es stimmt, muss der Bewertete
die Darstellung meist hinnehmen. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind dagegen immer
unzulässig.
Probleme kann es mit Beweislast und Anonymität geben. Im Fall einer Auseinandersetzung
ist es besonders relevant, wer die Richtigkeit der Aussage beweisen muss. Für die
Wahrheit potenziell ehrenrühriger Behauptungen ist nach der Rechtsprechung der Äußernde
beweispflichtig. Bei der Beurteilung von Ärzten dürfte wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses
auch die Behauptung ehrenrührig sein, der Arzt habe schlecht behandelt. Zudem wird
der Bewertende von Gerichten auch dann in die Pflicht genommen, Umstände zumindest
detailliert vorzutragen, die zwar er selbst, nicht aber der Arzt darzulegen vermag.
In der Praxis gibt es aber häufig das Problem, dass ein bewerteter Arzt wegen dürftiger
Angaben in einer Bewertung gar nicht feststellen kann, ob der Autor der Rezension
überhaupt Patient war. Gerade dies ist für den nachfolgend geschilderten Löschungsantrag
bedeutsam. Denn wer Beurteilungen in einem Portal hinterlässt, das ausdrücklich der
Bewertung von Arztpraxen dient, erklärt damit inzident immer auch, dass ein Behandlungskontakt
stattgefunden hat. Einen Arzt und seine Leistungen wird man nämlich schlecht beurteilen
können, wenn man nicht selbst Patient war oder zumindest von einem tatsächlichen Behandlungskontakt
zu berichten weiß.
Wer als Arzt der Ansicht ist, er sei unzulässig bewertet worden, sollte zunächst den
Betreiber der Plattform auffordern, die Bewertung zu löschen. Die Betreiber haben
dafür i. d. R. Online-Formulare. Der Bewertete sollte so genau wie möglich angeben,
welche Bewertung er angreift und warum die Darstellung unzulässig ist (Ausnahme s. u.).
Wenn plausibel eine Löschung verlangt wird, sind die Betreiber von Bewertungsplattformen
verpflichtet, mit dem Bewertenden Kontakt aufzunehmen. Dazu reicht es aus, dass der
bewertete Arzt darstellt, er könne beim besten Willen nicht beurteilen, ob ein – zumeist
ja anonym – bewertender Autor tatsächlich Patient war, Patient werden wollte oder
zumindest von einem tatsächlichen Patientenkontakt zu berichten weiß. Kontraproduktiv
ist es in diesem Fall natürlich, wenn der bewertete Arzt zu früh eine Art Gegendarstellung
abgibt, also den Sachverhalt aus seiner Sicht schildert. In der überwiegenden Zahl
der Fälle reagiert der Autor der Bewertung auf die Anfrage der Bewertungsplattform
gar nicht. Gerade wer anonym bewertet, legt keinen Wert darauf, identifiziert zu werden
– auch aus Furcht, sich mit dem bewerteten Arzt womöglich juristisch auseinandersetzen
zu müssen. Antwortet der Autor der Bewertung auf die Anfrage des Betreibers der Plattform
nicht, wird die Bewertung gelöscht.
Falls der Autor auf Anfrage allerdings plausibel darlegen kann, dass er Patient war
und seine Darstellung der Geschehnisse den Tatsachen entspricht, teilt der Plattformbetreiber
dies dem Bewerteten mit. Der Erfolg des Löschungsantrags hängt dann letztendlich davon
ab, wem der Plattformbetreiber glaubt.
Wenn der Betreiber einer Plattform nicht freiwillig zur Löschung bereit ist, kann
gegen unzulässige Bewertungen geklagt werden. Zuständig sind für solche Klagen auch
die Gerichte am Ort der Praxis oder sonstigen Behandlungseinrichtung. Das gilt selbst
dann, wenn der Betreiber der Bewertungsplattform den Geschäftssitz in den USA hat.
Ein Sonderfall muss noch erwähnt werden. Es gibt Bewertungen, die lediglich Sternchen
oder Schulnoten vergeben. Die Betreiber von Bewertungsplattformen weigern sich in
solchen Fällen oft, auch solche Bewertungen zu löschen. Auch die Gerichte sind sich
nicht einig, ob solche Bewertungen ohne Text reine Werturteile und damit immer zulässig
sind. Verschiedene Landgerichte haben dazu konträre Entscheidungen getroffen. Ohne
Frage kann es für einen Arzt existenzbedrohend sein, wenn er viele anonyme Bewertungen
hinnehmen muss, die lediglich aus einem einzigen Sternchen oder einem „ungenügend“
bestehen. Der juristische Weg allein führt in dieser Situation nach meiner Einschätzung
sowieso nicht zum Ziel, sondern aktives Handeln wird nötig, wie an anderer Stelle
in diesem Beitrag beschrieben.
Kunde bei einem Bewertungsportal werden, um die eigene Reputation zu verbessern
Das Geschäftsmodell der Bewertungsportale nutzt die schon angesprochene juristische
Situation und macht sog. Leistungserbringer (Ärzte) im Gesundheitswesen zu „Basiskunden“
der Portale. Der Arzt erhält unter Umstanden sogar briefliche Informationen, wenn
eine einzelne Bewertung von einem Patienten abgegeben wurde. Mit dem Brief werden
neben der Information auch kostenpflichtige Premiumoptionen angeboten. Ziel ist es,
zahlende Kunden zu gewinnen. Diese können unter anderem werbende Informationen zur
eigenen Behandlungseinrichtung hinterlegen und haben andere Möglichkeiten auf Bewertungsinhalte
zu reagieren als die sog. Basiskunden. Ohne Frage ist es für Kunden der Bewertungsportale
komfortabler und effizienter, zweckdienliche Patientenbewertungen zu veröffentlichen.
Sollte man dies tun? Zu diesem Thema gehen die Meinungen auseinander. In unserer Gemeinschaftspraxis
mit drei Fachärzten haben wir bislang davon abgesehen. Die Presse und verschiedene
Fernsehmagazine widmeten sich in den letzten Jahren wiederholt Vorwürfen, wonach Praxen,
die für die Premiumdienste der Bewertungsportale bezahlen, auch im Ranking besser
dargestellt würden. Sie sollen es überdies leichter haben, negative Bewertungen wieder
zu entfernen. Indizien dafür scheint es zu geben und auch hunderte wütender Zuschauerkommentare
zu solchen Sendungen erhärten diese Vermutung.
Ob man die eigene Behandlungseinrichtung in den Augen potenzieller Patienten wirklich
besser dastehen lässt, wenn, überspitzt gesagt, die erreichte durchschnittliche Bewertungsnote
1,0 lautet, wo doch alles im Leben Licht- und Schattenseiten hat, sollte jeder selbst
entscheiden. Die Fokussierung auf ein einziges Bewertungsportal ist nach meiner Einschätzung
insbesondere dann in den Augen der Internetöffentlichkeit problematisch, wenn es zu
deutlich erkennbaren Diskrepanzen mit den Bewertungen bei anderen Portalen kommt
Public Reporting – Arztbewertungen fremder Anbieter mit eigenen Ergebnissen kontern
Public Reporting ist nach meiner Erfahrung für viele niedergelassene Ärzte in Deutschland
nach wie vor ein Fremdwort. Als Public Reporting bezeichnet man, wie Ärzte, Krankenhäuser
und Pflegeeinrichtungen bewertete Ergebnisse ihrer Arbeit offenlegen, die sie zuvor
im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements erhoben haben. In Deutschland
sind die Krankenhäuser seit 2005 verpflichtet, strukturierte Qualitätsberichte zu
veröffentlichen. Für Berichte über das Qualitätsmanagement in der ambulanten ärztlichen
Versorgung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig. Die Qualitätsmanagement-Richtlinie
des gemeinsamen Bundesauschusses regelt, was „eigentlich“ auch alle niedergelassenen
Ärzte regelmäßig im Rahmen ihres einrichtungsinternen Qualitätsmanagements regelmäßig
tun und dokumentieren müssen. Dazu gehören u. a. die regelmäßige Fehlerdokumentation
und Patientenzufriedenheitsbefragungen. Und hier liegt ein Anknüpfungspunkt zu den
Arzt-Bewertungen. Patientenerfahrungen sind nämlich ein zentraler Qualitätsindikator
ärztlicher Versorgung [3]. Während viele Arztbewertungssysteme zwar für sich reklamieren, Patientenerfahrungen
objektiv und repräsentativ abzubilden, gibt es nur wenige, die dies in einer genügend
großen Zahl von Behandlungsfällen pro Arztpraxis auch leisten können. Das lässt sich
nämlich nur erreichen, wenn die Arztpraxis aktiv im Rahmen ihres QM anonymisierte
und nachweisbare Bewertungen durch eigene Patienten generiert und publiziert. Um es
an einem Beispiel der Gemeinschaftspraxis des Autors zu verdeutlichen: Im selben Zeitraum,
in dem die Praxis im Jahr 2017 neun Bewertungen bei Google erhielt, hatte sie ca.
28 000 Patientenkontakte. Das Public Reporting Tool, mit dem im selben Zeitraum einige
Hundert Bewertungen durch eigene Patienten erhoben und veröffentlicht wurden, ist
das Retaxo-System (www.retaxo.com). Hierbei wird den Patienten ein Fragenkatalog, der auch auf die Notwendigkeiten
der Behandlungseinrichtung abgestimmt werden kann, im unmittelbaren Zusammenhang mit
einem Behandlungskontakt vorgelegt. Eine Medizinische Fachangestellte der Praxis validiert
den Patientenkontakt. Die Bewertungsinhalte bleiben anonym, die personenbezogenen
Daten der Patienten und die Bewertungen werden getrennt verschlüsselt und gespeichert.
Die Resultate werden nicht auf einem Bewertungsportal veröffentlicht, sondern auf
der Internetseite der Praxis und bei den Google-Suchergebnissen ([Abb. 2]).
Abb. 2 Qualitätsmanagement liefert zugleich Daten für öffentlichkeitswirksames Public Reporting:
Patientenbefragung in der eigenen Praxis.
Ärzte müssen sich zwar grundsätzlich gefallen lassen, dass sie online von Patienten
bewertet werden. Bewertungen müssen sie allerdings nur hinnehmen, wenn tatsächlich
ein Behandlungskontakt zugrunde lag. Beleidigungen und falsche Tatsachenbehauptungen
müssen nicht hingenommen werden. In vielen Fällen führt ein gut begründeter Löschungsantrag
zur Entfernung der unzulässigen Bewertung.
Die offensive Strategie im Umgang mit Onlinebewertungen erfordert, dass man selber
Patienten animiert, Bewertungen abzugeben. Die Fokussierung auf ein einziges Bewertungsportal
kann nach meiner Einschätzung problematisch sein, wenn die verfolgte Strategie zu
starken Diskrepanzen beim Vergleich mit Bewertungsergebnissen anderer Portale führt.
Pflichtbestandteil der eigenen Strategie sollte stets ein aktives Engagement beim
Marktführer der Suchmaschinen sein, wo viele Bewertungen zusammen mit den Suchergebnissen
gebündelt auftauchen. Public Reporting ist eine weitere nützliche Option.