Aktuelle Dermatologie 2018; 44(10): 426-430
DOI: 10.1055/a-0629-0114
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arzt-Bewertungsportale – Tipps und Tricks

Medical Review Sites – Helpful Hints and Tricks
U. Koch
Hautarztpraxis Uerdingen
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Ulrich Koch
Kurfürstenstr. 40
47829 Krefeld

Publication History

Publication Date:
25 June 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Wenn die ärztliche Tätigkeit und alle sonstigen Eigenschaften der eigenen Behandlungseinrichtung öffentlich im Internet bewertet werden, empfinden viele Ärzte dies als unbequem, ehrenrührig oder sehen gar ein Risiko für den wirtschaftlichen Erfolg. Die Rechtsprechung in Deutschland ist eindeutig: Es gibt keine Vermeidungsstrategie. Dieser Beitrag führt einige Handlungsoptionen für Ärzte auf, die sich aktiv mit Online-Bewertungen auseinandersetzen wollen und bewertet diese Optionen anhand eigener Erfahrungen des Autors.


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Abstract

Many doctors regard online reviews and ratings of their professional work as menacing or defamatory. Some even expect that their reputation and economic success could be deeply compromised. Constant jurisdiction in Germany however has straightened out, that there is no avoidance strategy. In this overview I consider some options for doctors, who actively want to go into the matter.


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Die Ausgangslage: Das Internet verändert die Arzt-Patienten-Beziehung

Arzt-Bewertungsportale und sonstige Online-Bewertungen sind für viele Ärzte v. a. sichtbare Zeichen einer Veränderung der Arzt-Patienten-Beziehung. Öffentlich, also für fremde Dritte sichtbar, bewertet zu werden wird als ärgerlich oder bedrohlich empfunden. Für manche Sozialwissenschaftler ist die zunehmende Popularität der Arzt-Bewertungsportale auch Ausdruck der stetig zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitssystems. Anstelle der traditionellen Arzt-Patienten-Beziehung tritt demnach eine neue Art von Dienstleistungsverhältnis. Mittlerweile nutzen über 70 % der Bevölkerung das Internet täglich [1]. Seitdem über 60 % der Internetnutzer auf mobilen Endgeräten ihren Alltag planen und organisieren, ist zunehmend zu beobachten, dass sie auch im Bereich der medizinischen Versorgung wie Kunden agieren. Sie suchen online einen Arzt und „konsumieren“ ihren anschließenden Arztbesuch so, wie sie im Internet Einkäufe erledigen. Die Ärzte auf der anderen Seite, aus welchen Gründen auch immer, agieren vermehrt unternehmerisch und begünstigen diese Entwicklung. Ein Trigger für solches Patientenverhalten ist, dass Ärzte, anderen Dienstleistern gleich, im Internet individuell auf potenzielle Patienten zugeschnittene Leistungen explizit bewerben. Je ausgeprägter solche Angebote erfolgen, sei es durch einzelne Arztpraxen oder durch die Außendarstellung einer ganzen Fachgruppe, desto größer wird das Risiko, dass etwas Elementares verloren geht. Unsere Patienten scheinen allmählich das Vertrauen zu verlieren, dass Ärzte per se im besten Interesse ihrer Patienten entscheiden und handeln. Paradoxerweise verstärkt diese Gemengelage das Bedürfnis der Patienten, sich vorab über die Qualität eines bestimmten Arztes zu informieren – also Bewertungsfunktionen von Suchmaschinen oder Bewertungsportale zu konsultieren und diese auch selber mit Informationen zu füllen.

Spätestens seit dem Siegeszug der Smartphones ist das Internet die wichtigste, ubiquitär verfügbare Quelle für Gesundheitsinformationen. Die Ärzte haben ihre Alleinstellung als Lieferant für Gesundheitsinformationen verloren. Stattdessen wird immer öfter von ihnen erwartet, von Patienten bereitgehaltene Gesundheitsinformationen zu interpretieren. Außerdem gibt es eine zunehmende Vernetzung und Selbstorganisation der Patienten. Diese veranlasst v. a. Patienten, die ohnehin fast alle Aspekte ihres Lebens online organisieren, geradezu reflexartig dazu, Bewertungen über Ärzte abzugeben und sich über Portale quasi auszutauschen. Von einer herkömmlichen Kundenbeziehung unterscheidet sich die Arzt-Patienten-Beziehung dennoch deutlich. Sie ist und bleibt asymmetrisch. Auch wenn sich traditionelle Rollen ändern, begegnen sich Arzt und Patient fast nie auf Augenhöhe. Der Wissensvorsprung des Arztes einerseits und die anderseits als Ausnahmesituation erlebte Untersuchungs- oder Krankheitssituation, in der Patienten einen Arzt konsultieren, erlauben keine Symmetrie.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt sich die Frage, wie man als Arzt mit Online-Bewertungen umgehen kann und sollte. Vier verschiedene Vorgehensweisen, die sich nicht unbedingt ausschließen, können in Betracht gezogen werden.


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Umgang mit Arztbewertungen bei Google

Arztbewertungen bei Google sind Teil der Realität und dürfen meines Erachtens von medizinischen Behandlungseinrichtungen aller Art nicht ignoriert werden. Wenn unsere Patienten auf ihrem Android-Handy die Ortungsdienste aktiviert haben, kann es vorkommen, dass Google schon beim Verlassen der Behandlungseinrichtung nachfragt, ob ein Patient eine Bewertung abgeben möchte. Das können Sternchen sein oder zusätzlich ein frei formulierter Text. Einen Text findet man insbesondere dann, wenn jemand sich besonders positiv oder negativ äußern will. Es gibt naturgemäß keine Tipps, wie man negative Bewertungen vollständig vermeiden kann. Wir alle machen Fehler, werden missverstanden oder können und dürfen es nicht jedem recht machen – so gesehen sind negative Bewertungen leider unvermeidlich. Sachlich vorgetragene negative Bewertungen sind u. U. sogar wichtig, um zukünftige Fehler zu vermeiden oder Verfahren in der Praxis zu verbessern. Daher mein Tipp: Wenn eine negative Bewertung nicht völlig unsachlich ist oder aus Gründen, die an anderer Stelle in diesem Beitrag genannt werden, wieder beseitigt werden sollte, dann antworten Sie sichtbar für alle Internetnutzer. Es ist relativ leicht, sich bei Google als Inhaber der bewerteten Behandlungseinrichtung zu registrieren [2]. Danach haben Sie die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren und Ihre abweichende Meinung darzustellen. Das ist delegierbar und muss natürlich nicht in allen Fällen vom Arzt oder der Ärztin selbst vorgenommen werden. Einmal registriert erhält die Behandlungseinrichtung jedes Mal eine E-Mail, wenn jemand eine neue Bewertung abgibt. Was oft vergessen wird: Auch positive Bewertungen sollte man kommentieren oder sich dafür bedanken. Für den Gesamteindruck, den die Behandlungseinrichtung oder ein einzelner Arzt anhand aller Google-Bewertungen hinterlässt, ist nämlich neben den tatsächlichen Bewertungen auch ausschlaggebend, wie der Bewertete damit umgeht. Und der dritte Tipp zum Thema Google-Bewertungen: Lassen Sie den Anteil negativer Bewertungen schwinden, indem Sie selbst aktiv werden. Positive Bewertungen lassen sich nämlich u. U. ganz leicht generieren. Arzt oder medizinisches Personal können Patienten, die zufrieden sind und sich bedanken, legal und ganz ohne schlechtes Gewissen um eine Bewertung bitten – man darf es nur nicht vergessen. Sinngemäß gilt das auch für andere Portale. „Haben Sie schon einmal ein Arztbewertungsportal benutzt? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns auch bewerten würden ...“ ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Ergebnis-Box einer Google-Suche. Neben den für Google typischen Reviews mit Sternchen erkennt man weitere Arztbewertungen. Grüne Anmerkungen: (1) Inhalte, die vom Praxisinhaber editiert werden können. (2) = Externe Bewertungsinhalte, die zumindest beeinflussbar sind. (3) Bei nicht registrierten Nutzern steht hier: „Own this business?“ (4) Fremde können ebenfalls Informationen beisteuern! Fluch oder Segen?

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Juristisch oder mit Löschungsantrag gegen unliebsame Bewertungen vorgehen

Grundsätzlich können sich Ärzte nicht dagegen wehren, in einem öffentlichen Portal oder bei einer Suchmaschine im Internet bewertet zu werden. Der Gesetzgeber und die Gerichte erlauben sogar die anonyme Bewertung. Das im Grundgesetz verankerte Recht auf Meinungsfreiheit ist demnach wichtiger als das Interesse eines einzelnen Arztes, im Internet nicht bewertet zu werden. Anders ist das nur, wenn der Betreiber eines Bewertungsportals nicht mehr neutraler Informationsvermittler ist, sondern selber allzu deutlich seinen eigenen Profit mit der Veröffentlichung von Bewertungen durch Internetnutzer realisiert. Der Bundesgerichtshof hat deshalb im Februar 2018 einer Kölner Hautärztin recht gegeben und das Bewertungsportal Jameda dazu verurteilt, alle Bewertungen über deren Praxis unverzüglich zu löschen. Viele Ärzte sahen nach der ersten Berichterstattung über das Urteil die Chance gekommen, unbeliebte Bewertungen endlich einfach „abbestellen“ zu können. Das ist nicht so. Es handelt sich um eine Entscheidung, die einen bestimmten Sachverhalt voraussetzt. Die Richter in Karlsruhe gaben der Klage nicht aus grundsätzlichen Überlegungen statt, sondern deshalb, weil Jameda zwischen zahlenden und nicht zahlenden Benutzern unterschied. Während Premiumkunden sich ohne störende Einblendungen der Ergebnisse anderer Arztpraxen präsentieren durften, mussten sog. Basiskunden hinnehmen, dass neben ihren eigenen Bewertungen auch Anzeigen von (i. d. R. besser bewerteten) Premiumkunden angezeigt wurden. Und Basiskunde ist man übrigens dort u. U. auch ohne eigene Mitwirkung.

Damit stellt sich die Frage, welche Bewertungen ein Arzt hinnehmen muss und wann er sich erfolgreich wehren kann. Es gilt: Meinungsäußerungen und korrekte Tatsachenbehauptungen sind erlaubt. Falsche Tatsachenbehauptungen sind verboten.

Reine Meinungsäußerungen sind auch dann zulässig, wenn der Bewertete sie als grob ungerecht oder sogar als falsch empfindet. Erlaubt sind also tatsächlich Patientenkommentare wie: „Der Arzt ist schlecht!“ oder „Einmal und nie wieder!“. Die Rechtsprechung räumt jedem Patienten das Recht ein, selbst einzuschätzen, ob ihm ein Arzt gefallen hat oder nicht. Das geht sogar so weit, dass ein bewertender Patient das Platzangebot im Wartezimmer der bewerteten Praxis als mangelhaft einschätzen darf, obwohl der Raum nachweislich riesengroß und gut bestuhlt ist. Was „mangelhaft“ ist und was nicht, ist in diesem Kontext stets eine subjektive Einschätzung. Werturteile gelten erst dann als unzulässig, wenn beleidigende Äußerungen veröffentlicht werden. Nicht erlaubt wäre es deshalb etwa, einen Arzt als „Volltrottel“ zu bezeichnen oder seine Medizinische Fachangestellte als „Dumme Ziege“.

Von Meinungsäußerungen muss man Tatsachenbehauptungen unterscheiden. Eine Tatsachenbehauptung kann immer der Überprüfung auf wahr und unwahr unterzogen werden. Nötigenfalls könnte also vor Gericht ein Zeuge oder ein Sachverständiger dazu aussagen, ob die veröffentlichte Darstellung richtig oder falsch ist. Eine typische Tatsachenbehauptung wäre eine Aussage wie: „An der Anmeldung konnten andere Patienten mithören, als mir mein Befund gesagt wurde.“ Das stimmt entweder oder es stimmt nicht. Wenn es stimmt, muss der Bewertete die Darstellung meist hinnehmen. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind dagegen immer unzulässig.

Probleme kann es mit Beweislast und Anonymität geben. Im Fall einer Auseinandersetzung ist es besonders relevant, wer die Richtigkeit der Aussage beweisen muss. Für die Wahrheit potenziell ehrenrühriger Behauptungen ist nach der Rechtsprechung der Äußernde beweispflichtig. Bei der Beurteilung von Ärzten dürfte wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses auch die Behauptung ehrenrührig sein, der Arzt habe schlecht behandelt. Zudem wird der Bewertende von Gerichten auch dann in die Pflicht genommen, Umstände zumindest detailliert vorzutragen, die zwar er selbst, nicht aber der Arzt darzulegen vermag. In der Praxis gibt es aber häufig das Problem, dass ein bewerteter Arzt wegen dürftiger Angaben in einer Bewertung gar nicht feststellen kann, ob der Autor der Rezension überhaupt Patient war. Gerade dies ist für den nachfolgend geschilderten Löschungsantrag bedeutsam. Denn wer Beurteilungen in einem Portal hinterlässt, das ausdrücklich der Bewertung von Arztpraxen dient, erklärt damit inzident immer auch, dass ein Behandlungskontakt stattgefunden hat. Einen Arzt und seine Leistungen wird man nämlich schlecht beurteilen können, wenn man nicht selbst Patient war oder zumindest von einem tatsächlichen Behandlungskontakt zu berichten weiß.

Wer als Arzt der Ansicht ist, er sei unzulässig bewertet worden, sollte zunächst den Betreiber der Plattform auffordern, die Bewertung zu löschen. Die Betreiber haben dafür i. d. R. Online-Formulare. Der Bewertete sollte so genau wie möglich angeben, welche Bewertung er angreift und warum die Darstellung unzulässig ist (Ausnahme s. u.). Wenn plausibel eine Löschung verlangt wird, sind die Betreiber von Bewertungsplattformen verpflichtet, mit dem Bewertenden Kontakt aufzunehmen. Dazu reicht es aus, dass der bewertete Arzt darstellt, er könne beim besten Willen nicht beurteilen, ob ein – zumeist ja anonym – bewertender Autor tatsächlich Patient war, Patient werden wollte oder zumindest von einem tatsächlichen Patientenkontakt zu berichten weiß. Kontraproduktiv ist es in diesem Fall natürlich, wenn der bewertete Arzt zu früh eine Art Gegendarstellung abgibt, also den Sachverhalt aus seiner Sicht schildert. In der überwiegenden Zahl der Fälle reagiert der Autor der Bewertung auf die Anfrage der Bewertungsplattform gar nicht. Gerade wer anonym bewertet, legt keinen Wert darauf, identifiziert zu werden – auch aus Furcht, sich mit dem bewerteten Arzt womöglich juristisch auseinandersetzen zu müssen. Antwortet der Autor der Bewertung auf die Anfrage des Betreibers der Plattform nicht, wird die Bewertung gelöscht.

Falls der Autor auf Anfrage allerdings plausibel darlegen kann, dass er Patient war und seine Darstellung der Geschehnisse den Tatsachen entspricht, teilt der Plattformbetreiber dies dem Bewerteten mit. Der Erfolg des Löschungsantrags hängt dann letztendlich davon ab, wem der Plattformbetreiber glaubt.

Wenn der Betreiber einer Plattform nicht freiwillig zur Löschung bereit ist, kann gegen unzulässige Bewertungen geklagt werden. Zuständig sind für solche Klagen auch die Gerichte am Ort der Praxis oder sonstigen Behandlungseinrichtung. Das gilt selbst dann, wenn der Betreiber der Bewertungsplattform den Geschäftssitz in den USA hat.

Ein Sonderfall muss noch erwähnt werden. Es gibt Bewertungen, die lediglich Sternchen oder Schulnoten vergeben. Die Betreiber von Bewertungsplattformen weigern sich in solchen Fällen oft, auch solche Bewertungen zu löschen. Auch die Gerichte sind sich nicht einig, ob solche Bewertungen ohne Text reine Werturteile und damit immer zulässig sind. Verschiedene Landgerichte haben dazu konträre Entscheidungen getroffen. Ohne Frage kann es für einen Arzt existenzbedrohend sein, wenn er viele anonyme Bewertungen hinnehmen muss, die lediglich aus einem einzigen Sternchen oder einem „ungenügend“ bestehen. Der juristische Weg allein führt in dieser Situation nach meiner Einschätzung sowieso nicht zum Ziel, sondern aktives Handeln wird nötig, wie an anderer Stelle in diesem Beitrag beschrieben.


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Kunde bei einem Bewertungsportal werden, um die eigene Reputation zu verbessern

Das Geschäftsmodell der Bewertungsportale nutzt die schon angesprochene juristische Situation und macht sog. Leistungserbringer (Ärzte) im Gesundheitswesen zu „Basiskunden“ der Portale. Der Arzt erhält unter Umstanden sogar briefliche Informationen, wenn eine einzelne Bewertung von einem Patienten abgegeben wurde. Mit dem Brief werden neben der Information auch kostenpflichtige Premiumoptionen angeboten. Ziel ist es, zahlende Kunden zu gewinnen. Diese können unter anderem werbende Informationen zur eigenen Behandlungseinrichtung hinterlegen und haben andere Möglichkeiten auf Bewertungsinhalte zu reagieren als die sog. Basiskunden. Ohne Frage ist es für Kunden der Bewertungsportale komfortabler und effizienter, zweckdienliche Patientenbewertungen zu veröffentlichen. Sollte man dies tun? Zu diesem Thema gehen die Meinungen auseinander. In unserer Gemeinschaftspraxis mit drei Fachärzten haben wir bislang davon abgesehen. Die Presse und verschiedene Fernsehmagazine widmeten sich in den letzten Jahren wiederholt Vorwürfen, wonach Praxen, die für die Premiumdienste der Bewertungsportale bezahlen, auch im Ranking besser dargestellt würden. Sie sollen es überdies leichter haben, negative Bewertungen wieder zu entfernen. Indizien dafür scheint es zu geben und auch hunderte wütender Zuschauerkommentare zu solchen Sendungen erhärten diese Vermutung.

Ob man die eigene Behandlungseinrichtung in den Augen potenzieller Patienten wirklich besser dastehen lässt, wenn, überspitzt gesagt, die erreichte durchschnittliche Bewertungsnote 1,0 lautet, wo doch alles im Leben Licht- und Schattenseiten hat, sollte jeder selbst entscheiden. Die Fokussierung auf ein einziges Bewertungsportal ist nach meiner Einschätzung insbesondere dann in den Augen der Internetöffentlichkeit problematisch, wenn es zu deutlich erkennbaren Diskrepanzen mit den Bewertungen bei anderen Portalen kommt


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Public Reporting – Arztbewertungen fremder Anbieter mit eigenen Ergebnissen kontern

Public Reporting ist nach meiner Erfahrung für viele niedergelassene Ärzte in Deutschland nach wie vor ein Fremdwort. Als Public Reporting bezeichnet man, wie Ärzte, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bewertete Ergebnisse ihrer Arbeit offenlegen, die sie zuvor im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements erhoben haben. In Deutschland sind die Krankenhäuser seit 2005 verpflichtet, strukturierte Qualitätsberichte zu veröffentlichen. Für Berichte über das Qualitätsmanagement in der ambulanten ärztlichen Versorgung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig. Die Qualitätsmanagement-Richtlinie des gemeinsamen Bundesauschusses regelt, was „eigentlich“ auch alle niedergelassenen Ärzte regelmäßig im Rahmen ihres einrichtungsinternen Qualitätsmanagements regelmäßig tun und dokumentieren müssen. Dazu gehören u. a. die regelmäßige Fehlerdokumentation und Patientenzufriedenheitsbefragungen. Und hier liegt ein Anknüpfungspunkt zu den Arzt-Bewertungen. Patientenerfahrungen sind nämlich ein zentraler Qualitätsindikator ärztlicher Versorgung [3]. Während viele Arztbewertungssysteme zwar für sich reklamieren, Patientenerfahrungen objektiv und repräsentativ abzubilden, gibt es nur wenige, die dies in einer genügend großen Zahl von Behandlungsfällen pro Arztpraxis auch leisten können. Das lässt sich nämlich nur erreichen, wenn die Arztpraxis aktiv im Rahmen ihres QM anonymisierte und nachweisbare Bewertungen durch eigene Patienten generiert und publiziert. Um es an einem Beispiel der Gemeinschaftspraxis des Autors zu verdeutlichen: Im selben Zeitraum, in dem die Praxis im Jahr 2017 neun Bewertungen bei Google erhielt, hatte sie ca. 28 000 Patientenkontakte. Das Public Reporting Tool, mit dem im selben Zeitraum einige Hundert Bewertungen durch eigene Patienten erhoben und veröffentlicht wurden, ist das Retaxo-System (www.retaxo.com). Hierbei wird den Patienten ein Fragenkatalog, der auch auf die Notwendigkeiten der Behandlungseinrichtung abgestimmt werden kann, im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Behandlungskontakt vorgelegt. Eine Medizinische Fachangestellte der Praxis validiert den Patientenkontakt. Die Bewertungsinhalte bleiben anonym, die personenbezogenen Daten der Patienten und die Bewertungen werden getrennt verschlüsselt und gespeichert. Die Resultate werden nicht auf einem Bewertungsportal veröffentlicht, sondern auf der Internetseite der Praxis und bei den Google-Suchergebnissen ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Qualitätsmanagement liefert zugleich Daten für öffentlichkeitswirksames Public Reporting: Patientenbefragung in der eigenen Praxis.
Fazit

Ärzte müssen sich zwar grundsätzlich gefallen lassen, dass sie online von Patienten bewertet werden. Bewertungen müssen sie allerdings nur hinnehmen, wenn tatsächlich ein Behandlungskontakt zugrunde lag. Beleidigungen und falsche Tatsachenbehauptungen müssen nicht hingenommen werden. In vielen Fällen führt ein gut begründeter Löschungsantrag zur Entfernung der unzulässigen Bewertung.

Die offensive Strategie im Umgang mit Onlinebewertungen erfordert, dass man selber Patienten animiert, Bewertungen abzugeben. Die Fokussierung auf ein einziges Bewertungsportal kann nach meiner Einschätzung problematisch sein, wenn die verfolgte Strategie zu starken Diskrepanzen beim Vergleich mit Bewertungsergebnissen anderer Portale führt. Pflichtbestandteil der eigenen Strategie sollte stets ein aktives Engagement beim Marktführer der Suchmaschinen sein, wo viele Bewertungen zusammen mit den Suchergebnissen gebündelt auftauchen. Public Reporting ist eine weitere nützliche Option.


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Interessenkonflikt

Der Autor ist Sonderreferent für „IT in der Praxis“ des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen, BVDD. Der Autor ist Geschäftsführer der Retaxo UG, Düsseldorf, die ein System zur Generierung von validierten, anonymisierten Patientenbewertungen für Arztpraxen und Krankenhäuser anbietet.


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Dr. med. Ulrich Koch
Kurfürstenstr. 40
47829 Krefeld


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Abb. 1 Ergebnis-Box einer Google-Suche. Neben den für Google typischen Reviews mit Sternchen erkennt man weitere Arztbewertungen. Grüne Anmerkungen: (1) Inhalte, die vom Praxisinhaber editiert werden können. (2) = Externe Bewertungsinhalte, die zumindest beeinflussbar sind. (3) Bei nicht registrierten Nutzern steht hier: „Own this business?“ (4) Fremde können ebenfalls Informationen beisteuern! Fluch oder Segen?
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Abb. 2 Qualitätsmanagement liefert zugleich Daten für öffentlichkeitswirksames Public Reporting: Patientenbefragung in der eigenen Praxis.