Einleitung
Obwohl bekannt ist, dass zusätzliche Tagschlafzeiten (i. d. R. Mittagsschlaf) zur
Nachtschlafzeit in der Allgemeinbevölkerung sehr verbreitet sind [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8], beziehen sich Referenzdaten für normalen Schlaf [9]
[10] ausschließlich auf eine einzelne nächtliche Schlafphase. Patienten mit etabliertem
mehrphasigem Schlafverhalten könnten bzgl. Schlafqualität und -quantität falsch beurteilt
werden, wenn nur die Nachtschlafphase polysomnografisch erfasst und ausgewertet wird.
Bei unbehandelter Schlafapnoe (OSA) ist die Qualität des Nachtschlafs deutlich beeinträchtigt.
Der nicht erholsame Nachtschlaf könnte daher dazu führen, dass tagsüber weiterhin
ein Schlafbedürfnis besteht und es im geeigneten Arbeitsumfeld oder sozialen Umfeld
zur Etablierung von zusätzlichem Tagschlaf kommt. Die Studie von Marsa et al. [6] weist genau in diese Richtung, dass es bei OSA-Patienten eine deutlich höhere Prävalenz
für Nickerchen/Mittagsschlaf gibt als bei Kontrollpatienten ohne OSA [11]. Die Daten der vorliegenden Studie sollen eine Einschätzung erlauben, ob bei unbehandelten
OSA-Patienten eine erhöhte Prävalenz für polyphasisches Schlafverhalten besteht. Erstaufnahmen,
die mit einer ambulanten polygrafischen Schlafapnoe-Voruntersuchung ins Schlaflabor
der Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft GmbH kamen, wurden per Fragebogen zu ihrem
Schlafverhalten und insbesondere zu Schlafzeiten in 24 Stunden eines Tages befragt,
um die Prävalenz mehrphasigen Schlafverhaltens in dieser Patientengruppe einzuschätzen.
Patienten mit etabliertem polyphasischem Schlafverhalten wurden nachverfolgt, um sowohl
eingeleitete Schlafapnoe-Therapien als auch Entlassungen ohne Therapieeinleitung zu
erfassen. Ziel dieser Studie ist es, an der so erhaltenen Patientengruppe (Patientengruppe
1) die Prävalenz polyphasischen Schlafverhaltens bei Schlafapnoe-voruntersuchten Patienten
darzustellen, und den Einfluss einer eingeleiteten Schlafapnoe-Therapie auf das Schlafverhalten
initial polyphasisch schlafender Patienten zu untersuchen. Die bzgl. des Therapieerfolgs
verfolgte Arbeitshypothese ist dabei, dass die OSA-Therapie den Nachtschlaf so erholsam
werden lässt, dass ein zusätzlicher Tagschlaf entfallen kann. Als zusätzliche zweite
Informationsquelle (Patientengruppe 2) werden Telemonitoring-Daten genutzt, um in
einer großen Datenpopulation den Anteil an Patienten zu erfassen, die ein mehrphasiges
Gerätenutzungsmuster aufweisen als Indikator für ein Fortbestehen des mehrphasigen
Schlafverhaltens unter eingeleiteter Schlafapnoe-Therapie.
Material und Methoden
Patientengruppe 1
Zur Erfassung der Patientengruppe 1 ([Abb. 1]) wurde für einen begrenzten Zeitraum von 4 Monaten an alle Patienten, die zur Abklärung
und/oder Therapieeinleitung einer Schlafapnoe erstmals in unser Schlaflabor kamen,
ein speziell für diese Studie entwickelter 24-Stunden-Schlafphasen-Fragebogen ausgegeben.
Der Fragebogen bestand aus 5 horizontal angeordneten 24-Stunden-Zeitskalen mit einer
30-Minuten-Unterteilung. In der ersten Skala sollten die Patienten Schlafzeiten an
normalen Wochentagen markieren. In der zweiten Skala sollten die Schlafzeiten an arbeitsfreien
Tagen bzw. Wochenenden eingetragen werden. Die unteren 3 Skalen waren für Schichtarbeiter
bestimmt. Skala 3 für Schlafzeiten bei Frühschicht, Skala 4 für Schlafzeiten bei Spätschicht
und Skala 5 für Schlafzeiten bei Nachtschicht. Alle Patienten hatten eine ambulante
polygrafische Schlafapnoe-Voruntersuchung. Für Patientengruppe 1 wurde das Vorliegen
von mindestens 2 Schlafphasen von je mehr als 20 min Dauer innerhalb von 24 Stunden,
die untereinander einen Zeitabstand von mindestens 2 Stunden aufweisen, an mindestens
5 von 7 Wochentagen als polyphasisches Schlafverhalten definiert.
Abb. 1 Patienten-Flussdiagramm für die Patienten der Gruppe 1 und der Gruppe 2.
Durch Unterzeichnung der Schlafphasen-Fragebögen haben die Patienten ihr schriftliches
Einverständnis erklärt, an dieser Studie teilzunehmen. Die Bestimmungen der Deklaration
von Helsinki werden eingehalten, indem nur anonymisierte Datensätze verwendet wurden,
die lediglich Geschlecht, Alter, Body-Mass-Index (BMI), ESS-Score und Apnoe-/Hypopnoe-Index
(AHI) enthielten.
Im Fragebogen zum Zeitpunkt der Schlafapnoe-Diagnosestellung als polyphasisch identifizierte
und auf OSA-Therapie eingestellte Patienten mit aktuell bestehender Therapieadhärenz,
die sich im Zeitraum der ersten 18 Monate nach Therapieeinleitung im medizinischen
Versorgungsszentrum ambulant oder im Krankenhaus stationär zur Kontrolluntersuchung
vorstellten, wurden bzgl. Schlafverhalten befragt und die Therapiespeicher der Geräte
ausgelesen. Als polyphasisches Schlafverhalten wurde für Kontrollen der Patientengruppe
1 definiert das Vorliegen von mindestens 2 Schlafphasen von je mehr als 20 min Dauer
innerhalb von 24 Stunden, die untereinander einen Zeitabstand von mindestens 2 Stunden
aufweisen, an mindestens 5 von 7 Wochentagen, wenn dies nach Angaben der Patienten
weiterhin bestand. Ferner wurden die so festgestellten polyphasisch gebliebenen Patienten
nach ihren Angaben unterteilt in solche, die beim Tagschlaf ihr Gerät nicht nutzen,
und solche, die das Therapiegerät auch beim Tagschlaf nutzen.
Patientengruppe 2
Die Patientengruppe 2 ([Abb. 1]) bestand aus allen Patienten, denen seit Einführung Telemonitoring-fähiger Geräte
von unserer Einrichtung ein Schlafapnoe-Therapiegerät verordnet worden war (n = 2204),
die vom medizintechnischen Versorger eine Telemonitoring-fähiges Gerät bekommen hatten
(n = 1847) und der telemonitorischen Datenübertragung schriftlich zugestimmt hatten
(n = 487). Die Telemonitoring-Daten wurden von ResMed Deutschland Healthcare bereitgestellt.
Die deutschen Datenschutzgesetze erlauben die Nutzung solcher Daten, wenn sie anonymisiert
werden, für wissenschaftliche Zwecke. Daher war keine zusätzliche studienbezogene
Einverständniserklärung der Patienten notwendig. Somit standen Daten von 487 Therapiegeräten
zur Analyse von Gerätenutzungsmustern in normaler häuslicher Umgebung zur Verfügung.
Die Airview®-Software (ResMed Healthcare, Martinsried, Deutschland) gibt in der Online-Ansicht
detaillierte Informationen über die täglichen Nutzungsmuster der Schlafapnoe-Therapiegeräte.
Andere Informationen, wie z. B. Maskenleckage oder respiratorische Ereignisse unter
Therapie, sind ebenfalls über das Telemonitoring verfügbar. Hochauflösende tägliche
Nutzungsdaten mit minutengenauer Darstellung jeder Nutzungszeit in 24 Stunden werden
nur in der Online-Bildschirmansicht gezeigt. Als polyphasisches Schlafverhalten unter
Schlafapnoe-Therapie wurde für Patientengruppe 2 definiert das Vorliegen von mindestens
2 Gerätenutzungsphasen von je mehr als 20 min Dauer innerhalb von 24 Stunden, die
untereinander einen Zeitabstand von mindestens 2 Stunden aufweisen, an mindestens
5 von 7 Wochentagen.
Ergebnisse
Die Patientengruppe 1 (vgl. Patienten-Flussdiagramm, [Abb. 1]) setzt sich zusammen aus 216 Patienten, die einen Schlafphasen-Fragebogen zurückgegeben
haben. 34 Fragebögen enthielten jedoch keine eindeutigen Informationen oder waren
nicht ausgefüllt worden. 19 Fragebögen wurden versehentlich ausgegeben an Patienten,
die bereits auf eine Schlafapnoe- oder Beatmungstherapie eingestellt worden waren.
163 Fragebögen standen für die Analyse zur Verfügung. Die Charakterisierung der Patientengruppe
1 ist in [Tab. 1] zusammengefasst. Weibliche und männliche Patienten unterschieden sich nicht bzgl.
Alter und Body-Mass-Index (BMI). Der AHI war jedoch bei Frauen signifikant niedriger
als bei Männern (p < 0,01). In beiden Gruppen ergab sich im Mittel ein behandlungsbedürftiger
Befund, der bei den meisten Patienten auch zur Therapieeinleitung führte. 99 (60,7 %)
Patienten hatten monophasisches Schlafverhalten mit nur einer durchgehenden nächtlichen
Schlafphase. 64 (39,3 %) Patienten wiesen polyphasisches Schlafverhalten auf mit bis
zu 4 Schlafphasen in 24 Stunden. Der Großteil dieser Patienten (n = 59, 36,2 %) hatte
ein zweiphasiges Schlafmuster mit einem Abstand von 11:32 ± 2:07 Stunden zwischen
der Mitte der Nachtschlafphase und der Mitte der Tagschlafphase ([Abb. 2]). Die durchschnittliche Dauer der Tagschlafphase betrug 1:15 ± 1:07 Stunden. 3 (1,8 %)
Patienten hatten dreiphasiges Schlafverhalten und 2 (1,2 %) Patienten ein etabliertes
vierphasiges Schlafverhalten. Aufgrund der niedrigen Anzahl drei- und vierphasischer
Schläfer wurde diese Gruppe nicht näher analysiert, auch wurden keine statistischen
Vergleiche mit den anderen Gruppen vorgenommen, sodass sich die folgenden Ergebnisse
nur auf den Vergleich monophasischer und zweiphasischer Schläfer beziehen.
Tab. 1
Zusammensetzung der Patientengruppe 1.
|
Frauen
|
Männer
|
gesamt
|
Anzahl
|
35
|
129
|
164
|
Alter
|
53,8 ± 13,1
|
56,0 ± 13,3
|
55,5 ± 13,3
|
BMI
|
32,9 ± 6,9
|
31,2 ± 5,6
|
31,5 ± 5,9
|
AHI
|
25,6 ± 18,0[1]
|
36,1 ± 22,4
|
33,9 ± 21,9
|
BMI Body-Mass-Index, AHI Apnoe-/Hypopnoe-Index. Mittelwerte ± Standardabweichung.
1 Signifikanter Unterschied des AHI zwischen Frauen und Männern
Abb. 2 Chronobiologische Lage der Schlafphasen von mono- und biphasischen Schläfern. Die
Lage der Mitte der Nachtschlafphase von monophasischen Schläfern (NS_1Phas) unterscheidet
sich nicht von der Lage der Mitte der Nachtschlafphase von zweiphasigen Schläfern
(NS_2Phas). Die Mitte der Tagschlafphase bei biphasischen Schläfern (TS_2Phas) ist
um 11:32 ± 2:07 Stunden zur Lage der Mitte der Nachtschlafphase verschoben, erreicht
also fast einen Zwölf-Stunden-Zeitunterschied.
Der AHI monophasischer Schläfer (33,9 ± 22,3) unterschied sich nicht vom AHI zweiphasischer
Schläfer (34,2 ± 21,3). Der ESS-Score monophasischer Schläfer (9,8 ± 5,3) unterschied
sich ebenfalls nicht vom ESS-Score zweiphasischer Schläfer (10,6 ± 4,2). Die zweiphasische
Gruppe war signifikant älter (62,1 ± 14,8 Jahre) als die monophasische Gruppe (52,2 ± 10,3
Jahre, [Abb. 3]). Die Dauer der Nachtschlafphase unterschied sich nicht zwischen monophasischen
und zweiphasischen Schläfern ([Abb. 4]). Die Gesamtschlafzeit in 24 Stunden war jedoch bei biphasischen Schläfern signifikant
höher als bei monophasischen Schläfern.
Abb. 3 Vergleich des Alters monophasischer Schläfer (1_Phase) und biphasischer Schläfer
(2_Phase). Die monophasische Gruppe ist signifikant jünger (52,2 ± 10,3 Jahre) als
die biphasische Gruppe (62,1 ± 14,8 Jahre). Aufgrund der zu niedrigen Fallzahlen wurden
für die dreiphasigen (3_Phase) und vierphasigen (4_Phase) Patienten keine statistischen
Tests bzgl. des Alters durchgeführt.
Abb. 4 Monophasische Schläfer (Nacht 1P) haben eine signifikant längere Nachtschlafphase
als biphasische (Nacht 2P). Die Tagschlafdauer bei zweiphasigen Schläfern (Tag 2P)
überschreitet mit 1,25 ± 1,16 Stunden deutlich die Dauer eines Powernaps (10 – 20 min).
Die akkumulierte Gesamtschlafdauer in 24 Stunden ist bei den biphasischen Schläfern
länger als bei monophasischen Schläfern.
Von den 64 Patienten mit polyphasischem Schlafverhalten waren 10 Fälle assoziiert
mit Schichtarbeit. Da Schichtarbeit erheblichen Einfluss auf die chronobiologische
Lage der Schlafphasen haben kann, wurden diese Patienten von der weiteren Analyse
ausgeschlossen. Von den übrigen 54 Patienten hatte sich in 6 Fällen bei der stationären
Diagnostik kein behandlungsbedürftiger Befund bzgl. Schlafapnoe ergeben, sodass die
Patienten ohne Therapie entlassen wurden. Bei den übrigen 48 Patienten wurde eine
OSA-Therapie eingeleitet mit APAP (n = 28), CPAP (n = 15), adaptiver Servoventilation
(ASV, n = 3), Bilevel-Therapie (n = 1) oder Lagerungsbandage (n = 1) zur Verhinderung
der Rückenlage. In den 47 Fällen eingeleiteter Geräte-Therapie war daher eine Nachuntersuchung
mit Analyse der Therapienutzung potenziell möglich. Nach 18 Monaten hatten sich 10
Patienten noch nicht wieder zur Kontrolle vorgestellt und 4 Patienten die Therapie
abgebrochen, sodass Daten von 33 Patienten ausgewertet werden konnten. Insgesamt waren
27 Patienten (81,8 %) unter OSA-Therapie konvertiert zu einem monophasischen Schlafverhalten,
während 6 Patienten (18,2 %) auch nach Therapieeinleitung ein mehrphasisches Schlafverhalten
beibehielten. Von diesen hielten 5 (15,2 %) regelmäßigen Mittagsschlaf ohne Gerät,
und nur ein Patient (3,0 %) nutzte seine Therapie auch beim Mittagsschlaf. In den
Gesprächen gaben 4 Patienten, die unter Therapieeinleitung auf monophasisches Schlafverhalten
wechselten, an, ihr Nachtschlaf sei nun so erholsam, dass kein Tagschlaf mehr nötig
wäre. Die anderen 23 äußerten sich nicht explizit. Für das Beibehalten des initial
etablierten polyphasischen Schlafverhaltens unter OSA-Therapie ergibt sich kein Hinweis
aus der Effektivität der Therapie. AHI-Ausgangsbefunde, Betrag der AHI-Reduktion und
AHI unter OSA-Therapie weisen keine Unterschiede auf ([Tab. 2]), sodass keine unterschiedliche Therapiequalität der schlafstörenden Atmungsstörungen
zwischen den beiden Gruppen vorliegt. Auch die subjektive Schläfrigkeit, die per ESS-Score
bestimmt wurde, unterschied sich nicht zwischen beiden Gruppen und ergibt somit auch
keinen Hinweis für das Beibehalten polyphasischen Schlafverhaltens nach OSA-Therapieeinleitung.
Tab. 2
AHI-Ausgangsbefund, AHI-Reduktion unter OSA-Therapie, AHI unter OSA-Therapie und diagnostische
ESS-Scores im Vergleich der zum monophasischen Schlafverhalten konvertierten Patienten
und der polyphasisch gebliebenen Patienten in der Patientengruppe 1.
|
monophasisch nach OSA-Therapieeinleitung
|
polyphasisch nach OSA-Therapieeinleitung
|
p-Wert
|
Anzahl
|
27
|
6
|
–
|
AHI-Diagnose
|
37,5 ± 21,9
|
38,3 ± 25,6
|
0,47
|
AHI Diag-Ther
|
31,3 ± 22,9
|
33,0 ± 22,9
|
0,44
|
AHI-Therapie
|
6,2 ± 6,3
|
5,4 ± 3,1
|
0,32
|
ESS-Diagnose
|
10,1 ± 3,5
|
12,7 ± 6,5
|
0,20
|
AHI-Diagnose: Apnoe-/Hypopnoe-Index in der diagnostischen Messung, AHI Diag-Ther:
Subtraktion des Apnoe-/Hypopnoe-Index unter OSA-Therapie vom Apnoe-/Hypopnoe-Index
in der diagnostischen Messung ergibt den Betrag der Apnoe-/Hypopnoe-Index-Reduktion
unter OSA-Therapie, AHI-Therapie: Apnoe-/Hypopnoe-Index unter OSA-Therapie.
Die Patientengruppe 2 (Flussdiagramm, [Abb. 1]) setzt sich zusammen aus Patienten, die ein Telemonitoring-fähiges Therapiegerät
haben und der Übertragung der Gerätedaten auf einen Server des medizintechnischen
Versorgers zugestimmt zustimmten. Die verwendeten Therapiegeräte waren 293 (60,2 %)
APAP-Geräte, 148 (30,4 %) CPAP-Geräte, 41 (8,4 %) Servoventilatoren und 5 (1,0 %)
Bilevel-Geräte. Mittels Airview®-Software wurden die Gerätenutzungsmuster analysiert als Anhaltspunkt für monophasisches
oder polyphasisches Schlafverhalten. Ein monophasisches Nutzungsmuster mit nur einer
durchgehenden nächtlichen Nutzungszeit wurde bei 473 Patienten beobachtet. Regelmäßige
polyphasische Nutzungsmuster ([Abb. 5], [Abb. 6]) wurden bei 14 Patienten beobachtet (8 CPAP-Geräte, 5 APAP-Geräte, ein Servoventilator).
Daraus lässt sich ableiten, dass 2,9 % der Patienten mit OSA-Therapiegeräten ein polyphasisches
Schlafverhalten haben und in jeder Schlafphase in 24 Stunden ihr Therapiegerät nutzen.
Aus den Telemonitoring-Daten lässt sich allerdings nicht ableiten, wie viele Patienten
ihr Therapiegerät nur für die Nachtschlafphase nutzen und Tagschlaf ohne Therapie
halten. Anhaltspunkte zur Einschätzung des Anteils dieser Patienten ergaben sich aber
in der Patientengruppe 1 (15,2 %).
Abb. 5 Etablierte regelmäßige zweiphasige Therapiegerätenutzung eines 85-jährigen Patienten.
Telemonitoring-Daten mit AirView®-Software (ResMed Deutschland Healthcare, Martinsried, Deutschland) dargestellt.
Abb. 6 Etabliertes polyphasisches CPAP-Nutzungsmuster eines 71-jährigen Patienten. Telemonitoring-Daten
mit AirView®-Software (ResMed Deutschland Healthcare, Martinsried, Deutschland) dargestellt.
Diskussion
Das Halten von Mittagsschlaf zusätzlich zum Nachtschlaf an mindestens 2 Tagen pro
Woche hat in der Allgemeinbevölkerung eine Prävalenz von 22,2 % und wächst mit steigendem
Alter linear an mit einer Prävalenz von 53,3 % bei Probanden im Alter über 75 Jahren
[6]. In dieser an OSA-voruntersuchten Patienten (Patientengruppe 1) durchgeführten Studie,
die erstmals ins Schlaflabor kamen, betrug die Prävalenz polyphasischen Schlafverhaltens
39,3 %. Das Alter der Patienten der großen Gruppe (36,2 %) mit biphasischem Schlafverhalten
ist signifikant höher (62,1 ± 14,8 Jahre) als das der Gruppe mit monophasischem Schlafverhalten
(52,2 ± 10,3 Jahre). Im Vergleich zu den Daten von Ohayon & Zulley [6] beträgt die Prävalenz für Mittagsschlaf in der Altersgruppe von 55 – 64 Jahren dagegen
nur 29,0 % (confidence interval 25,2 – 32,8 %) [6], was auf eine erhöhte Prävalenz polyphasischen Schlafverhaltens bei OSA-Patienten
im Vergleich zur Normalbevölkerung hindeutet. Unterstützt wird dies durch die Studie
von Marsa et al. [11], die den Zusammenhang von Nickerchen/Mittagsschlaf und OSA untersuchte. Die Prävalenz
von Nickerchen/Mittagsschlaf war in der OSA-Gruppe deutlich höher als normal und stieg
mit Erhöhung des AHI weiter an [11]. Die Daten aus Patientengruppe 1 dieser Studie zeigten keinen Unterschied des OSA-Schweregrads
zwischen monophasischen und biphasischen Schläfern. Dies ist ein unerwartetes Ergebnis,
da ein höherer AHI mit mehr Schlafstörungen verbunden sein sollte, die nicht erholsamen
Nachtschlaf zur Folge haben und deshalb eher zu zusätzlichem kompensatorischen Schlafbedürfnis
am Tag führen müsste.
In der Gruppe der biphasischen Schläfer betrug die Dauer der Tagschlafphase 1:15 ± 1:07
Stunden. Dieses Ergebnis stimmt vollkommen überein mit den Daten von Campbell & Murphy
[1] in ihrer Studie über das spontane Schlafbedürfnis im Tagesverlauf in Abhängigkeit
vom Alter der Probanden [1]. Dazu lebten die Probanden für 72 Stunden in einem Zeitgeber-freien Raum und wurden
in 3 Altersklassen aufgeteilt (jung ≤ 30 Jahre, mittel 31 – 59 Jahre, alt ≥ 60 Jahre).
Unter diesen Bedingungen war die Prävalenz von Mittagsschlaf in allen Altersgruppen
gleich hoch, und die Dauer der Tagschlafphase unterschied sich nicht (jung 1:38 ± 1:05
Stunden, mittel 1:19 ± 0:51 Stunden, alt 1:14 ± 0:48 Stunden) [1].
Die Phasenlage der Tagschlafphase unterschied sich in der Patientengruppe 1 dieser
Studie deutlich von den Daten von Campbell & Murphy [1]. Da Campbell & Murphy im Zeitraum der Versuchsdurchführung für 72 Stunden die Körperkerntemperatur
mitgemessen haben, wurde der Temperaturverlauf genutzt, um die individuelle circadiane
Zeit der Probanden darzustellen. Die Einschlaf- und Aufwachzeiten wurden als Phasenwinkel
der circadianen Probandenzeit dargestellt [1]. Zum Vergleich dieser Daten erfolgte die Umrechnung der Phasenwinkel in die Darstellungsweise,
die in dieser Studie verwendet wurde (Lage der Mitte der Schlafzeiten). Während Campbell
& Murphy [1] einen Zeitabstand 10:45 ± 3:08 Stunden zwischen Mitte der Nachtschlafphase und Mitte
der Tagschlafphase bei ihren Probanden beobachtet haben, betrug er in dieser Studie
11:32 ± 2:07 Stunden. Die Abweichung von im Mittel 47 Minuten könnte ein Effekt der
Untersuchungsbedingungen sein, da sich die Probanden von Campbell & Murphy [1] in einem Zeitgeber-freien Raum befanden und keiner Arbeit nachgingen, während die
Patientengruppe 1 dieser Studie im Fragebogen die normale Alltagssituation wiedergegeben
haben.
Aufgrund der Beobachtung, dass die Schlafqualität durch unbehandelte Schlafapnoe oft
erheblich beeinträchtigt und damit nicht erholsam ist, könnte zusätzlicher Tagschlaf
als Kompensation der fortbestehenden Müdigkeit am Tage von den Patienten etabliert
sein. Der Effekt einer OSA-Therapie wäre damit nicht nur in der Wiederherstellung
erholsamen Nachtschlafs zu sehen, sondern auch in der nachhaltigen Beseitigung einer
Einschlafneigung am Tage. Dies war in der Patientengruppe 1 bei 81,8 % der Patienten
zu beobachten, während das mehrphasige Schlafverhalten bei 18,2 % der Patienten erhalten
blieb. Davon benutzen 15,2 % der Patienten ihr Gerät nicht beim Mittagsschlaf, und
3 % wendeten ihr Therapiegerät auch beim Mittagsschlaf an. In der großen Patientengruppe
2 dieser Studie ergab sich ein Anteil von 2,9 % der Patienten mit regelmäßiger mehrphasiger
Gerätenutzung, die auf mehrphasiges Schlafverhalten unter Therapie schließen lässt,
sodass die Daten aus beiden Studiengruppen in diesem Punkt sehr gut übereinstimmen.
Offensichtlich nutzt aber der größere Anteil an Patienten, die nach OSA-Therapieeinleitung
ein erhaltenes polyphasische Schlafverhalten zeigen, die OSA-Therapie nicht beim Tagschlaf.
Eine Erklärung dafür ist, dass sich die Schlafplätze/-umstände für Nachtschlaf deutlich
unterscheiden von denen für Tagschlaf. Der Nachtschlaf erfolgt i. d. R. im Bett im
Schlafzimmer in Nachtwäsche, während der Tagschlaf oftmals in normaler Alltagskleidung
auf einem Sofa o. ä. in einem anderen Raum absolviert wird. Das Therapiegerät verbleibt
aber im Schlafzimmer und wird nicht dorthin getragen, wo jeweils geschlafen wird.
Eine Patientin hat im Gespräch genau diese Begründung für die fehlende Tagnutzung
gegeben, während sich die anderen Studienteilnehmer dazu nicht geäußert haben. Dieses
Problem wird von mehreren OSA-Therapie-Ratgebern explizit aufgegriffen und den Patienten
darin empfohlen, auch während Nickerchen/Mittagsschlaf die Therapie zu nutzen (z. B.
www.sleepguide.com, www.sleepeducation.org, www.sleephealthfoundation.org.au, www.cpaptalk.com).
Die eingangs formulierte Hypothese, dass durch Einleitung der OSA-Therapie der Nachtschlaf
so erholsam wird, dass kein Tagschlaf mehr notwendig ist, trifft für 81,8 % der Patienten
zu. Für die 18,2 % Patienten, die ein polyphasisches Schlafverhalten unter Therapie
beibehalten, müssen andere Einflussgrößen für die Beibehaltung des zusätzlichen Tagschlafs
überwiegen. Im Zwei-Prozess-Modell von Borbély [12] könnte dies einem Zustand entsprechen, in dem die homöostatische Schlafkomponente
schon gegen Mittag eine Amplitude erreicht, die bei den monophasisch gewordenen anderen
Patienten unter OSA-Therapie erst nach Ablauf des ganzen Tages erreicht wird. Die
innere Uhr gibt offensichtlich bei allen Menschen mittags eine Einschlafneigung vor
[1], erreicht aber nur bei diesen Patienten eine Intensität, die eine Tagschlafphase
erfordert, um die eingetretene Müdigkeit wieder abzubauen und den Rest des Tages wach
zu bleiben.
Limitationen der Studie
Die hier verwendeten unterschiedlichen Definitionen (vgl. Material und Methoden) für
polyphasisches Schlafverhalten resultierten aus dem jeweils unterschiedlichen Kontext,
in dem eine Information über das Schlafverhalten vom jeweiligen Patienten zu erhalten
war. Obwohl damit eine methodische Unschärfe in Kauf genommen wurde, sind im Rahmen
dieser Studie alle 3 beschriebenen Definitionen als gleichwertig aussagekräftig bzgl.
Vorliegen von mono- oder polyphasischem Schlafverhalten verwendet worden. Dies ermöglichte
eine für den Patienten ökonomische Studiendurchführung, die aber dennoch die für die
Untersuchung substanziellen Informationen zu erfassen erlaubte.