Einleitung
Frakturen des proximalen Femurs umfassen die Femurkopffrakturen, Schenkelhalsfrakturen
und die Frakturen der trochantären sowie subtrochantären Region. In Deutschland zeigt
sich eine altersabhängige, exponentiell ansteigende Inzidenz dieser Frakturen von
0,06% bei den 60- bis 64-Jährigen, bis hin zu 1,32% im Alter von 85 Jahren oder höher
[7].
Insgesamt handelt es sich bei den proximalen Femurfrakturen um die häufigste Ursache
eines stationären Krankenhausaufenthalts von Patienten im Alter über 64 Jahre, bedingt
durch die resultierende Immobilität mit notwendiger stationärer und operativer Versorgung
[12]. Aufgrund des demografischen Wandels ist in Zukunft von einer deutlichen Zunahme
dieser Verletzungsarten auszugehen [4]. Daher ist das Wissen um die SOPs bei proximalen Femurfrakturen im klinischen Alltag
von großer Bedeutung.
Cave
Die 90-Tages-Mortalität bei proximalen Femurfrakturen beträgt 7,9% [6].
Femurkopffraktur (Pipkin-Fraktur)
Femurkopffrakturen sind seltene Verletzungen, die häufig auf ein Hochenergietrauma
zurückzuführen und mit Hüftkopfluxationen oder Azetabulumfrakturen assoziiert sind.
Insgesamt wird in 5 – 15% der traumatischen Hüftkopfluxationen eine Femurkopffraktur
beobachtet [3]. Häufigster Unfallmechanismus ist der Verkehrsunfall mit resultierender „dashboard
injury“, betroffen sind vor allem junge Menschen, wobei das männliche Geschlecht überwiegt.
Weitere Unfallmechanismen, die zu dieser Verletzung führen, sind Verkehrsunfälle mit
Fußgängerbeteiligung, Sportunfälle und Stürze aus großer Höhe.
Schenkelhalsfraktur
Die Schenkelhalsfraktur ist eine typische Verletzung des alten Menschen. Ursache ist
in der Mehrzahl der Fälle ein Bagatelltrauma mit Sturz aus geringer Höhe, wobei die
Inzidenz dieser Verletzung bei den über 85-jährigen Frauen deutlich höher liegt als
in der altersgleichen männlichen Gruppe (2543 vs. 1370) [5]. Prädisponierend ist die Osteoporose.
Deutlich seltener ist eine Schenkelhalsfraktur Folge eines Hochenergietraumas, welches
vor allem junge männliche Patienten betrifft. Klinisch imponiert die Schenkelhalsfraktur
durch Schmerzen in der Leistenregion und die Unfähigkeit, das betroffene Bein von
der Untersuchungsliege anzuheben. Die aktive Beweglichkeit im Hüftgelenk ist aufgehoben.
In den meisten Fällen ist aufgrund des Muskelzugs eine Fehlstellung mit Beinverkürzung
und Außenrotation nachzuweisen.
Die Schenkelhalsfraktur ist die bedeutendste alterstraumatologische Verletzung und
geht einher mit einem hohen Risiko von perioperativer Morbidität und Mortalität [11].
Fraktur der peri- und subtrochantären Region
Die Hälfte der proximalen Femurfrakturen sind in der peri- bzw. subtrochantären Region
lokalisiert. Hinsichtlich der Patientencharakteristika, des Unfallmechanismus und
der Klinik besteht eine Analogie zu den Schenkelhalsfrakturen, wenngleich sich die
Strategie der operativen Behandlung deutlich unterscheidet.
Präoperative Diagnostik und Klassifikation
Präoperative Diagnostik und Klassifikation
-
Erhebung der Unfallanamnese
-
subjektive Beschwerden
-
körperliche Untersuchung:
-
Fehlstellung des Beines: dorsale Hüftkopfluxation mit Hüftkopffraktur: Flexion, Adduktion,
Innenrotation; Schenkelhalsfraktur und peri- bzw. subtrochantäre Frakturen: Beinverkürzung
und Außenrotation
-
Bewegungseinschränkung (Cave: Die detaillierte Bewegungsprüfung sollte aufgrund der
Schmerzen unterbleiben.)
-
Überprüfung der körperfernen Durchblutung, Motorik und Sensibilität
-
bildgebende Diagnostik:
-
tiefe Beckenübersichtsaufnahme mit Messkugel und Hüfte axial nach Sven Johansson
-
bei Femurkopffraktur: CT-Diagnostik zur Abschätzung des Verletzungsausmaßes (Größe
des Fragments, freie Gelenkkörper)
-
bei peri- bzw. subtrochantären Frakturen: Bildgebung des gesamten Femurs einschließlich
Knie (Einbringen zephalomedullärer Implantate)
-
Komplettierung der (Medikamenten-)Anamnese. Betroffen sind häufig alte Patienten mit
Antikoagulation!
-
weitere Diagnostik entsprechend Unfallmechanismus und Untersuchungsbefund
Cave
Verletzung des Knies bei Femurkopffrakturen („dashboard injury“).
Femurkopffraktur
Die international am häufigsten angewandte Klassifikation der Hüftkopffrakturen erfolgt
nach Pipkin ([Abb. 1]) unter Berücksichtigung der Lagebeziehung der Fraktur zur Belastungszone des Femurkopfs.
Abb. 1 Femurkopffrakturen. Klassifikation nach Pipkin. (Wirth CJ, Mutschler W. Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie.
Stuttgart: Thieme; 2007)
Neben einem Beitrag zur Therapieentscheidung besitzt die Einteilung nach Pipkin ebenso
eine prognostische Bedeutung [14]:
-
Pipkin Typ I: Fraktur kaudal der Fovea capitis
-
Pipkin Typ II: Fraktur kranial der Fovea capitis
-
Pipkin Typ III: Pipkin Typ I/II in Kombination mit Schenkelhalsfraktur
-
Pipkin Typ IV: Pipkin Typ I/II in Kombination mit Azetabulumfraktur
Die AO-Klassifikation sowie die weniger gebräuchliche Brumback-Klassifikation sind
weitere Möglichkeiten zur Einteilung der Hüftkopffrakturen. Letztere umfasst eine
genauere Beschreibung der Frakturmorphologie einschließlich der potenziellen Luxationsrichtung
des Kopfes.
Schenkelhalsfraktur
Pauwels entwickelte 1935 eine mechanisch begründete Klassifikation der Schenkelhalsfrakturen,
basierend auf den vorliegenden Scherkräften. Insgesamt weist diese Klassifikation
eine hohe Interobservervariabiliät auf, bei fehlender klinischer Relevanz [9].
Der Pauwels-Winkel ergibt sich hierbei als Differenz aus Horizontale und Scherwinkel:
-
Pauwels Typ I: < 30°
-
Pauwels Typ II: 30 – 50°
-
Pauwels Typ III: > 50°
Garden beschrieb 1961 die Schenkhalsfrakturen in Abhängigkeit vom Dislokationsgrad
bzw. der zentralen Trabekelausrichtung im a.–p. Röntgenbild in vier Graden. Die Interobservervariabilität
ist hoch, lässt sich allerdings durch Unterteilung in nicht dislozierte (Typ I/II)
und dislozierte (Typ III/IV) Fraktur verringern. Die klinische Bedeutung dieser Subklassifikation
liegt in der höheren Hüftkopfnekroserate bei dislozierten Frakturen.
Im klinischen Alltag ist die Garden-Klassifikation wichtiger Bestandteil für die therapeutische Entscheidungsfindung ([Abb. 2]):
-
Garden Typ I: valgisierende und eingestauchte Fraktur, der Winkel zwischen Kopftrabekel
und medialer Kortikalis beträgt > 160°
-
Garden Typ II: nicht dislozierte Fraktur in der a.–p. Ebene
-
Garden Typ III: varisch und leicht dislozierte Fraktur, medial stehen die Trabekel
noch in Kontakt
-
Garden Typ IV: vollständig dislozierte Fraktur, kein Trabekelkontakt
Abb. 2 Mediale Schenkelhalsfrakturen. Klassifikation nach Garden. (Quelle: Ruchholtz S, Wirtz DC. Orthopädie und Unfallchirurgie
essentials. Stuttgart: Thieme; 2012)
Eine eher akademische Bedeutung kommt der AO-Klassifikation (1990) der Schenkelhalsfrakturen
zu, die den Dislokationsgrad und die Lokalisation berücksichtigt.
Fraktur der peri- und subtrochantären Region
Pertrochantäre Femurfrakturen werden anhand der AO-Klassifikation eingeteilt:
-
Typ 31 A1: stabiler Frakturtyp, die mediale Kortikalis ist einfach frakturiert, keine
Beteiligung des Trochanter minor
-
Typ 31 A2: instabiler Frakturtyp, die mediale Kortikalis ist mehrfach frakturiert,
Mitbeteiligung des Trochanter minor, Trümmerzone zwischen Trochanter major und Trochanter
minor
-
Typ 31 A3: instabiler Frakturtyp, die mediale und laterale Kortikalis ist frakturiert,
inverse oder oblique Fraktur
Indikationsstellung und Verfahrenswahl
Indikationsstellung und Verfahrenswahl
Femurkopffraktur
Ziel ist die Wiederherstellung einer stabilen Hüftgelenksituation mit anatomischer
Gelenkkongruenz sowie ggf. auch Entfernung von interponierenden Fragmenten aus dem
Azetabulum. Nichtdislozierte Pipkin-Typ-I-Frakturen, die sich geschlossen anatomisch
reponieren lassen und im Anschluss stabil sind sowie keine interponierenden Strukturen
aufweisen, können konservativ behandelt werden.
In den meisten Fällen ist jedoch eine operative Versorgung erforderlich, die eine
Fragmentrefixation mit 2,0- bis 3,5-mm-Kleinfragmentschrauben bzw. Knochenfixierstiften
umfasst. In Abhängigkeit von der Größe des Fragments, der Anzahl der Frakturfragmente
und der Lokalisation des Fragments in Bezug auf die gelenktragende Region ist alternativ
eine Fragmentresektion möglich. Impressionsfrakturen müssen ggfs. hochgestößelt und
mit Spongiosa unterfüttert werden. Bei älteren Patienten empfiehlt sich anstelle einer
kopferhaltenden Operation die endoprothetische Versorgung.
Bei Pipkin-Typ-III-Frakturen sollte bei jungen Patienten zunächst die Verschraubung
der Schenkelhalsfraktur mittels kanülierten Großfragment-Spongiosaschrauben (7,3 mm
oder 7,0 mm) erfolgen, bevor über einen vorzugsweise anterioren oder anterolateralen
(Watson-Jones-)Zugang eine kopferhaltende Versorgung der Kopffraktur durchgeführt
wird.
Für die Versorgung von Pipkin-Typ-IV-Frakturen bietet sich insbesondere bei Beteiligung
des hinteren Pfannenrands der Kocher-Langenbeck-Zugang an, mit ggf. auch chirurgischer
Hüftgelenkluxation und Trochanter-Flip-Osteotomie zur Adressierung des Kopffragments.
Das genaue Vorgehen einschließlich bevorzugter Zugangswahl beschreibt [Tab. 1].
Tab. 1 Therapiealgorithmus bei Femurkopffrakturen.
Pipkin
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operatives Vorgehen
|
Zugang
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* Keine abschließende Empfehlung in der wissenschaftlichen Literatur vorliegend. Fragmentfixierung
bzw. Fragmentresektion abhängig von der Größe des Fragments, der Anzahl der Fragmente
und der Lagebeziehung des Fragments zur gelenktragenden Region.
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I
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1. Fragmentrefixation oder Fragmentresektion*
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anterior
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2. Endoprothese beim älteren Patienten
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anterior, anterolateral, lateral, posterior
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II
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1. Kopferhaltende Osteosynthese oder Fragmentresektion*
|
anterior
|
|
2. Endoprothese beim alten Patienten
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anterior, anterolateral, lateral, posterior
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III
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1. Schenkelhalsosteosynthese, folgend Fragmentrefixation oder Fragmentresektion*
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anterior-lateral
|
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2. Endoprothese beim alten Patienten
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anterior, anterolateral, lateral, posterior
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IV
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1. Refixation Pfannenfragment, folgend Fragmentrefixation oder Fragmentresektion*
|
posterior
|
|
2. Endoprothese beim alten Patienten
|
posterior, chirurgische Hüftluxation, Flip-Osteotomie
|
Cave
Die mit der Hüftkopffraktur assoziierte Luxation des Femurkopfs ist ein absoluter
Notfall und bedarf der sofortigen geschlossenen bzw. offenen Reposition.
Schenkelhalsfraktur
Eine konservative Therapie von Schenkelhalsfrakturen ist nur in Ausnahmefällen indiziert.
Valgusimpaktierte Schenkelhalsfrakturen können unter suffizienter Schmerztherapie
und engmaschigen Röntgenverlaufskontrollen zum Ausschluss einer sekundären Dislokation
unter Vollbelastung nichtoperativ behandelt werden. Aufgrund der hohen sekundären
Dislokationsrate mit bis zu 56% [16] wird im eigenen Vorgehen jedoch die prophylaktische (perkutane) Schraubenosteosynthese
favorisiert.
Grundsätzlich sollte das Ziel der operativen Versorgung von Frakturen des Schenkelhalses
das frühzeitige Wiedererlangen der Mobilität des Patienten sein, um Komplikationen
und Folgeerkrankungen (Thrombose, Pneumonie, Dekubitus) zu vermeiden. Eine frühzeitige,
notfallmäßige operative Versorgung ist laut Lehrmeinung von großer Bedeutung. In verschiedenen
Studien konnte gezeigt werden, dass ein erhöhtes Risiko von perioperativen Komplikationen
bei verzögerter operativer Therapie vorliegt.
Insbesondere bei kopferhaltender Osteosynthese besteht eine erhöhte Gefahr der sekundären
Hüftkopfnekrose, wenngleich hierzu eine gute wissenschaftliche Evidenz nicht vorliegt
[8]. Ebenso reduziert sich bei einer frühzeitigen endoprothetischen Frakturversorgung
die postoperative Komplikationsrate sowie Sterblichkeit der Patienten [12]. Umstritten ist die Druckentlastung des Kapselhämatoms bei geschlossener Reposition
und Osteosynthese [2].
Der Therapiealgorithmus bei Schenkelhalsfrakturen wird in [Abb. 3] dargestellt.
Abb. 3 Schenkelhalsfrakturen. Therapiealgorithmus.
Fraktur der peri- und subtrochantären Region
Für die operative Versorgung von peri- und subtrochantären Frakturen stehen extramedulläre
und zephalomedulläre Implantate zur Verfügung. Die Wahl des Implantats basiert auf
der Frakturmorphologie.
Stabile peritrochantäre Frakturen mit medialer Abstützung (AO-31.A1-Frakturen) können
mit extramedullären Implantaten versorgt werden. Implantat der Wahl ist die DHS (dynamische
Hüftschraube) bzw. DHK (dynamische Hüftklinge), welche beide eine mediolaterale Dynamik
und bei korrekter „Center-Center-“Platzierung eine belastungsstabile Nachbehandlung
erlauben.
Frakturen mit Beteiligung beider Trochanteren müssen als instabil betrachtet werden
(AO 21.A2) und weisen neben einer mediolateralen auch eine kraniokaudale sowie in
Abhängigkeit von der intertrochantären Trümmerzone eine Rotationsinstabilität auf.
In diesem Falle ist die Versorgung mittels zephalomedullärem Implantat (Gamma-Nagel,
PFNa, TFN) empfehlenswert. Alternativ ist die Verwendung einer DHS bzw. DHK mit Trochanterstabilisierungsplatte
möglich. Biomechanisch bieten die zephalomedullären Implantate aufgrund der höheren
Stabilität infolge der verminderten Distanz zwischen Hüftkopf und Implantat mit resultierendem
geringerem Hebelarm einen Vorteil; klinisch konnte dies bislang nicht nachgewiesen
werden [10].
Frakturen mit inversem bzw. obliquem Frakturverlauf (AO 31.A3) sowie Frakturen der
subtrochantären Region sollten mittels langem zephalomedullärem Nagel versorgt werden.
Häufig liegt aufgrund des Muskelzugs eine grobe Dislokation der Frakturfragmente vor,
sodass regelhaft ein offenes Vorgehen empfehlenswert ist. Hierbei erfolgen zunächst
die Reposition und Fixierung der Fragmente mittels Draht- oder Kabelcerclage, bevor
der Marknagel eingebracht wird. In Abhängigkeit von der Knochenqualität ist die additive
Zementaugmentation der extramedullären bzw. zephalomedullären Implantate empfehlenswert.
Eine primäre endoprothetische Versorgung sollte bei peri- und subtrochantären Frakturen
– insbesondere bei Verlust der medialen Abstützung – vermieden werden. Neben dem erhöhten
Risiko einer Varusimplantation und eines Rotationsfehlers ist die Offset-Rekonstruktion
deutlich erschwert [1]. Insgesamt zeigt sich bei Patienten mit endoprothetischer Versorgung nach Frakturen
der peri- und subtrochantären Region eine gesteigerte Komplikationsrate [13].
Aufklärung und Komplikationen
Aufklärung und Komplikationen
Allgemeine Operationsrisiken
Allergie, Thrombose, Lungenembolie, Fettembolie, Verletzung von benachbarten Strukturen
(Gefäße/Nerven/Sehnen/Muskeln), Blutung, Nachblutung, Infektion, Wundheilungsstörung,
Lagerungsschäden, Folgeoperation, Immobilität, Schmerzen.
Spezielle Operationsrisiken
-
sekundärer Repositionsverlust
-
Hüftkopfnekrose (bei konservativer Therapie bzw. Osteosynthese)
-
Cut-out/Cut-through (bei extra- und intramedullären Implantaten)
-
Läsion des N. ischiadicus (bei Hüftkopffraktur bzw. dorsalem Zugang)
-
intraoperative/periimplantäre/periprothetische Fraktur
-
Arthrose
-
Pseudarthrose
-
Trendelenburg-Hinken
-
Beinlängendifferenz
-
Rotationsfehler des Beines (bei Prothesen- und Marknagelimplantation)
-
Prothesenluxation
-
Prothesenverschleiß (Abrieb)
-
Fehllage der Prothesenpfanne (Inklination/Anteversion)
-
Fehlimplantation Prothesenschaft (Varus-/Valgusimplantation, Rotationsfehler, Offset-Rekonstruktion)
-
Implantatlockerung, Implantatversagen, Implantatbruch
-
Notwendigkeit des Implantatwechsels (Prothesenwechsel)
-
Girdlestone-Situation
-
Arthrodese
Präoperative Checkliste
-
präoperative (Größen-)Planung der Implantate anhand der Röntgenbilder (Messkugel verwenden!)
-
Überprüfung des Vorhandenseins der (Prothesen-)Implantate (einschließlich der nächstkleineren
bzw. nächstgrößeren Implantate)
-
Kontrolle der Laborbefunde, insbesondere des Gerinnungsstatus
-
Bestimmung der Blutgruppe und Bereitstellen von zwei Erythrozytenkonzentraten (bei
Prothesenimplantation)
-
Markierung der verletzten Seite
Perioperative Maßnahmen
-
perioperative Antibiose (z. B. Cefuroxim 1,5 g i. v. in der Einleitung und intraoperativ
alle zwei Stunden)
-
Lagerung:
-
Hüftkopffraktur: abhängig vom Zugangsweg (anterior, lateral, posterior) in Rückenlage
oder Seitenlage mit entsprechender Verwendung von Stützen (Rückenlage) oder Vakuummatratze
und Stützen (Seitenlage)
-
Schenkelhalsfraktur:
-
abhängig vom Operationsverfahren (Osteosynthese, Prothese) und Zugangsweg (anterior,
anterolateral, lateral, posterior)
-
bei osteosynthetischer Versorgung ggf. Verwendung des Extensionstisches
-
bei prothetischer Versorgung Rücken- (antero-lateraler Zugang) oder Seitenlagerung
(lateraler oder posteriorer Zugang) mit entsprechenden Hilfsmitteln (s. o.) bzw. Extensionstisch
bei anteriorem Zugang
-
peri-/subtrochantäre Fraktur: Rückenlage auf dem Extensionstisch, das gesunde Bein
in Beinschale abduziert auslagern, Oberkörper zur gesunden Seite abduzieren
-
Auslagerung der Arme
-
Rasur des Operationsgebiets
-
Sicherstellung der Durchleuchtungsmöglichkeiten (Hüfte a.–p. und ggfs. Hüfte axial)
-
ggf. geschlossene Reposition unter entsprechenden Repositionsmanövern
-
steriles Abwaschen des betroffenen Beines, einschließlich der Region auf der verletzten
Seite bis zum Bauchnabel
-
Abdecken des Beines mittels Vertikalfolie (Extensionstisch) bzw. des beweglichen Beines
unter Verwendung von Stockinette und Schlitztuch (Rückenlage bzw. Seitenlage)
-
Sauger, Saugersack, monopolarer Elektrokauter, Jet-Lavage (bei prothetischen Eingriffen),
je nach zu erwartenden Blutverlust und OP-Dauer ggf. Cell Saver
-
Instrumentarium:
-
Grundsieb für Knochen- und Weichteileingriff
-
Schraubenosteosynthese: Kirschner-Drähte, kanülierte Schrauben (Größe 7,0-/7,3-mm-Spongiosaschrauben)
-
extramedulläre/zephalomedulläre Implantate: Kirschner-Drähte, Messlehre, Zielgerät/Zielbügel,
Zentrierhülse, Dreistufenbohrer, bzw. Stufenbohrer, Spiralbohrer, Einschlaginstrument/Einschlagbolzen,
Führungsstange und Kombihammer, Abstütz-/Kompressionsmutter/Gewebeschutzhülse/Trokar,
Schraubenzieher, Bohrbüchsen, Drehmoment
-
Hüft-TEP: TEP-Grundsieb mit Hohmann-Hebel/-Haken, oszillierende Säge, implantatspezifisches
Sieb mit Reamer, Einschläger, Raspeln, Probeimplantate (Pfannen, Inlays, Schaft, Kopf)
– zementiert/zementfrei
-
Team-Time-out nach WHO-Richtlinien
-
Redon-Drainagen
-
elastische Wickelung des Beines und Anlage eines Spica-Verbands
Postoperative Maßnahmen und Nachsorge
Postoperative Maßnahmen und Nachsorge
Das postoperative Vorgehen nach proximalen Femurfrakturen umfasst folgende Punkte:
-
physikalische (AV-Pumpe) und medikamentöse Thromboseprophylaxe ab sechs Stunden postoperativ
-
adäquate Schmerztherapie
-
Entfernung der Drainagen nach 24 – 48 Stunden
-
Röntgen der Hüfte in zwei Ebenen am zweiten postoperativen Tag
-
regelmäßige Wundkontrollen und Verbandswechsel
-
physiotherapeutische Beübung (inklusive CPM), manuelle Lymphdrainage:
-
Hüftkopffraktur: frühfunktionelle Mobilisierung, Entlastung für sechs bis acht Wochen,
ggf. zwölf Wochen bei Versorgung von Impressionsfrakturen mit Unterfütterung, zur
Luxationsprophylaxe Limitierung der Hüftflexion bis 60° sowie Vermeidung von Adduktion
über die Mittellinie und forcierter (Innen-)Rotation für sechs Wochen
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Schenkelhalsfraktur: frühfunktionelle Mobilisierung mit Vollbelastung (bei Prothesenimplantation
oder DHS/DHK) bzw. Teilbelastung bis 20 kg (bei Schraubenosteosynthese), bei erhöhtem
Luxationsrisiko nach Prothesenimplantation Begrenzung der Flexion im Hüftgelenk auf
60°, keine Adduktion über die Mittellinie und Vermeidung forcierter (Innen-) Rotationsbewegungen
im Hüftgelenk für die ersten sechs Wochen
-
peri-/subtrochantäre Fraktur: frühfunktionelle Mobilisierung mit Vollbelastung ohne
Limitierung der Hüftgelenkbeweglichkeit
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Thromboseausschluss mit Duplexsonografie oder Phlebografie 4 – 6 Tage postoperativ
-
Entfernung des Hautverschlussmaterials am 14. postoperativen Tag
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radiologische Verlaufskontrollen nach sechs Wochen
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Einbindung des Sozialdienstes (Anschlussheilbehandlung/Kurzzeitpflege/häusliche Versorgung,
Versorgung mit Hilfsmitteln wie Toilettensitzerhöhung, Keilkissen, Greifzange)
-
bei jungem Patienten ggf. Implantatentfernung von Schrauben und extramedullären/zephalomedullären
Implantaten nach sicher nachgewiesener (CT-Kontrolle) Konsolidierung der Fraktur
Erstveröffentlichung
Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Günther KP, Hoffmann R, Hrsg. SOPs in
der Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart: Thieme; 2017.