Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren
Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren
Die Durchführung der Heilbehandlung von Versicherten in der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (DGUV), die Vergütung der damit beauftragten Ärzte und die Abrechnung
der ärztlichen Leistungen gegenüber den Unfallversicherungsträgern (UVTr) regelt der
Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger (Vertrag Ärzte/UV-Träger) [1 ]. Er beinhaltet in einer Anlage die Vergütung für ärztliche Leistungen und richtet
sich nach dem jeweils aktuell vereinbarten Leistungs- und Gebührenverzeichnis, der
sog. UV-GOÄ [2 ].
An den Vertrag Ärzte/UV-Träger sind alle Ärzte gebunden, die an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmen oder von den UVTr beteiligt worden sind (z. B. Krankenhausärzte,
ermächtigte Ärzte).
Generell gilt, dass mit der Übernahme der Behandlung von Patienten der gesetzlichen
Unfallversicherungsträger der Arzt die Regularien des Ärztevertrages anerkennt und
damit die Abrechnung auf der Grundlage der UV-GOÄ akzeptiert.
Der Arzt kann Gebühren nur für selbstständige ärztliche Leistungen berechnen, die
er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht
wurden (eigene Leistung). Als eigene Leistung gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen,
die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften
oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors
erbracht werden.
Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf
(eine Sprechstundenbedarfsregelung wie in der gesetzlichen Krankenversicherung existiert
bei der Abrechnung nach UV-GOÄ nicht) sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten
und Apparaten abgegolten, soweit nicht im Vertrag etwas anderes bestimmt ist.
Nach § 52 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger ist für die Festlegung, Einordnung
und Bewertung von Leistungen, die im Leistungs- und Gebührenverzeichnis nicht enthalten
sind sowie für die Auslegung und die Weiterentwicklung des Leistungs- und Gebührenverzeichnisses
eine ständige Gebührenkommission zuständig [1 ]. Die Beschlüsse der Gebührenkommission sind von den Vertragspartnern bekanntzugeben.
Die bekanntgegebenen Beschlüsse der ständigen Kommission sind bis zur Beschlussfassung
über die förmliche Änderung des Vertrages für die Vertragspartner bindend.
Die Ständige Gebührenkommission hat in ihrer Sitzung am 22. 08. 2017 nachfolgend aufgeführte
Änderungen des Leistungs- und Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger
[ÄV]) beschlossen:
Die Gebühren des Leistungs- und Gebührenverzeichnisses nach § 51 ÄV (Anlage 1 zum
ÄV – UV-GOÄ) werden
Nicht angepasst werden
die Gutachtengebühren der Gebührennummern (GNR) 146 – 152, 160, 161 und 165 und die
Schreibgebühren nach GNR 190,
die Gebühren für die Hautkrebsbehandlung der GNR 570, 571, 575, 576, 577, 740 a, 753,
754 und 757,
die Zuschläge für das ambulante Operieren der GNR 440, 441, 442, 443, 444, 445, 446,
447, 448 (neu), 448 a (neu), 449 sowie die ambulanten OP-Leistungen der GNR 2005,
2010, 2031, 2060, 2073, 2105, 2339, 2347, 2348, 2353, 2381, 2382, 2403, 2404, 2405,
2801,
die Gebühren für Laboruntersuchungen des Teils M.
BK 5103
Die am 01.01.2015 neu geschaffene Berufskrankheit (BK) Nr. 5103 („Plattenepithelkarzinome
oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“) legt per
definitionem fest, nach welchen Kriterien eine Anerkennung erfolgen kann. Gefordert
werden aktinische Keratosen als intraepitheliale Neoplasien und obligate Ausgangsstadien
eines Plattenepithelkarzinoms, wenn sie multipel auftreten. Als multipel im Sinne
dieser Berufskrankheit gelten aktinische Keratosen wenn sie:
Aktinische Keratosen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können sich zu multiplen
aktinischen Keratosen oder invasiven Plattenepithelkarzinomen weiterentwickeln. Daher
können beim Auftreten einzelner aktinischer Keratosen auch Maßnahmen nach § 3 der
Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) angezeigt sein. Das bedeutet, dass bei einem Versicherten,
der sich noch aktiv im Beruf befindet, Maßnahmen zur Prävention (hier UV-Lichtschutzmaßnahmen
und ggf. Schulungen der Betroffenen hierzu [4 ]) auch ohne Anerkennung als BK Nr. 5103 erfolgen können. Diese müssen durch den jeweiligen
UVTr/die Berufsgenossenschaft (BG) genehmigt und eingeleitet werden.
Auf der Grundlage wissenschaftlicher Ergebnisse und Überlegungen zu den notwendigen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit sind folgende Kriterien
für eine Anerkennung wesentlich [5 ]
[6 ]
[7 ]:
Die Diagnose eines Plattenepithelkarzinoms der Haut oder multipler aktinischer Keratosen
ist gesichert. Hautveränderungen, bei denen der begründete Verdacht auf eine bösartige
oder zur Bösartigkeit neigende Erkrankung besteht, sind durch eine dermato-histologische
Untersuchung (Exzisionsbiopsie, Probebiopsie) abzuklären. Die histologische Sicherung
multipler aktinischer Keratosen ist nicht erforderlich bei entsprechender klinischer/fotografischer
Dokumentation einschließlich Benennung und Lokalisationsangabe jeder einzelnen Läsion.
Die Lokalisation an einer Hautregion, die unmittelbar durch UV-Strahlen in der konkreten
Arbeitstätigkeit betroffen wurde, ist nachgewiesen.
Ein chronischer Lichtschaden der Haut ist nicht notwendige Voraussetzung für die Anerkennung,
liegt in den meisten Fällen aber gleichwohl vor.
Der Hauttyp spielt grundsätzlich keine Rolle für die Anerkennung, er hat aber einen
Einfluss auf die Zeitdauer des Auftretens eines Plattenepithelkarzinoms der Haut nach
Beginn der beruflichen Exposition.
Bestimmte Berufsgruppen, sog. Outdoor-Worker, sind in erheblich höherem Maße der UV-Lichtbelastung
ausgesetzt als andere Berufsgruppen. Dazu gehören die Bereiche Land- und Forstwirtschaft,
Fischerei und Seefahrt, Baugewerbe und Handwerk (Dachdecker, Zimmerleute, Bauarbeiter,
Maurer, Stahlbauschlosser, Schweißer an Brücken), Straßenarbeiter sowie Tätigkeiten
wie Bademeister, Briefträger, Kindergärtner, Bergführer und ähnliche. Weiter zu berücksichtigen
sind in Deutschland unfallversicherte Beschäftigte im Ausland (tropische Länder) und
auf See. Auch Rentner, die in entsprechenden Berufen tätig waren und nach Beendigung
der beruflichen Tätigkeit an ehemals beruflich gegenüber natürlicher UV-Strahlung
exponierten Arealen ein Plattenepithelkarzinom oder multiple aktinische Keratosen
entwickelt haben, müssen gemeldet werden [7 ]. Bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen einer berufsbedingt verursachten Hautkrebserkrankung
erfolgt die Meldung mit dem Berichtsformular Berufskrankheitenanzeige (F6000, Ärztliche
Anzeige) ([Abb. 1 ] und [Abb. 2 ]). Damit der UVTr den Zusammenhang zwischen der Hautkrebserkrankung und den beruflichen
Einwirkungen prüfen kann, wird der Hautarzt nach Erstattung der Berufskrankheiten-Anzeige
i. d. R. aufgefordert, einen Hautkrebsbericht (Formular F6120 – 5103) zu erstatten
[8 ]. Die Feststellung eines kausalen Zusammenhangs durch den UVTr zieht i. d. R. die
Beauftragung zur Behandlung des Patienten nach sich. Der Behandlungsauftrag an den
meldenden/behandelnden Dermatologen wird den hoch-chronischen Krankheitsbildern entsprechend
in aller Regel langfristig erteilt. Bei bestehendem Behandlungsauftrag zur Behandlung
einer berufsbedingten Hautkrebserkrankung BK 5103 wird ebenfalls auf Anforderung des
UVTr einmal jährlich ein Nachsorgebericht (Formular F6122 – 5103) erstattet [8 ]. Weitere Informationen zur Versorgung von Patienten mit BK Nr. 5103 siehe Box 1 .
Abb. 1 Meldung bei begründetem Verdacht auf Vorliegen einer BK 5103 mittels Berufskrankheitenanzeige.
Abb. 2 Grafische Dokumentation der befallenen Lokalisationen und Ausdehnung als sinnvolle,
aber nicht zwingend erforderliche Anlage zur BK-Anzeige.
BK 5103 – Gebührennummern (2)
BK 5103 – Gebührennummern (2)
Neben den bereits bestehenden Gebührennummern (GNR) der UV-GOÄ im Kapitel L „Chirurgie“,
die bei operativen Verfahren eingesetzt werden, wurden neue GNR geschaffen, um insbesondere
die Behandlung von UV-Licht-bedingten Hautschäden, wie aktinischen Keratosen, sicherstellen
zu können (Abrechnungsbeispiele: s. [Abb. 3 ]).
Abb. 3 Abrechnungsbeispiele.
Die neuen GNR sind Voraussetzungen für die Abrechnung von erbrachten Leistungen im
Rahmen der Läsions- und Feldtherapie aktinischer Keratosen. Hierzu gehören auch die
Neuschaffung von GNR für die Photodynamische Therapie (PDT) (GNR 570, 571) und die
Lasertherapie (GNR 575, 576, 577).
Die häufig durchgeführte medikamentöse Behandlung aktinischer Keratosen wird durch
die neue GNR 753 dargestellt. Voraussetzung für die Abrechnung ist die Erstellung
eines Behandlungsplanes, die Abrechnung kann einmalig pro rezeptiertem Therapiezyklus
erfolgen. Für den Behandlungsplan wurde kein einheitliches Formular vereinbart, dieser
kann informell erstellt werden. Er sollte die gesamte Vorgehensweise im Rahmen des
Therapiezyklus dokumentieren. Der Therapiezyklus wird definiert durch die jeweilige
präparatespezifische Fachinformation (Art und Dauer der Therapie). Eine automatische
Vorlage beim UVTr ist nicht Inhalt der Leistungslegende. Anwendung finden werden die
Kombinationen der PDT (GNR 570, 571) mit der medikamentösen Behandlung (GNR 753) bei
Behandlungsnotwendigkeit und Vorliegen von verschiedenen Hautarealen (z. B. Kapillitium
und Unterarmstreckseite oder Schulter). Ausgeschlossen ist die Kombination dieser
GNR im Rahmen der Behandlung eines gleichen Hautareals. Entgegen der Leistungslegende
zur GNR 570 „die Leistung kann nur nach Genehmigung des UV-Trägers erbracht werden“
wird die Einholung dieser Genehmigung in der Praxis nicht notwendig, da diese bislang
mittels des Standard-Behandlungsauftrages erteilt wird, im Gegensatz zur Notwendigkeit
der Einholung der Genehmigung des UVTr vor Erbringung der Laserbehandlung nach GNR
577. Eine Einholung der Genehmigung zur Durchführung der Laserbehandlungen nach den
GNR 575 und 576 ist hingegen nicht notwendig.
Anwendung der GNR 570 und 571 (PDT)
Eine Einschränkung bei der Erbringung der PDT „pro Sitzung“ ist nicht Inhalt der Gebührenlegende.
Bei Vorliegen der Behandlungsnotwendigkeit von zwei oder mehr flächig befallenen Körperarealen
in unterschiedlichen Lokalisationen ist die Gesamtfläche des Erkrankungsgeschehens
(Gesamtfläche der Feldkanzerisierung) entscheidend. Die Gesamtfläche ist die Summe
aller Flächen mit Hautläsionen, die im Zeitpunkt der Therapieentscheidung mit dem
jeweiligen Verfahren zu behandeln sind. Die Abrechnung der GNR 570 umfasst die PDT-Behandlung
von bis zu 100 cm2 der im Behandlungsplan festgestellten Gesamtfläche, ggf. auch in mehreren Sitzungen.
Die PDT-Behandlung des darüberhinausgehenden Teils der Gesamtfläche ist nach GNR 571
abzurechnen.
Liegen mehrere behandlungsbedürftige Feldkanzerisierungen vor, kann wie folgt abgerechnet
werden: GNR 570 + GNR 571 × n oder GNR 570 + GNR 753/754.
Eine vorbereitende Kürettage/ein vorbereitendes Debridement kann in Kombination mit
der GNR 753 abgerechnet werden. Die Kombination der Leistungserbringung wird in der
Praxis häufig vorkommen; bei Vorliegen einer Feldkanzerisierung ist es in vielen Fällen
angezeigt, stärker ausgebildete aktinischen Keratosen vor Einleitung der Feldtherapie
zu reduzieren bzw. zu entfernen.
Die Beschränkung auf die einmalige Leistungsabrechnung pro Behandlungsfall erfolgt
ausschließlich bei der GNR 740 a (Kryochirurgische Behandlung). Als Behandlungsfall
gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß Ziffer 1 der Allg. Best. zu Abschnitt
B ein Zeitraum von 3 Monaten. In diesem Zeitraum darf gemäß Ziffer 2 der Allg. Best.
zu Abschnitt B die Nr. 1 neben Leistungen der Abschnitte C bis O nur einmal abgerechnet
werden.
Die detaillierte Dokumentation der aktinischen Keratosen u./o. der Feldkanzerisierung(en)
– i. d. R. mittels des einmal jährlich zu erstattenden Nachsorgeberichts [8 ] − ist für den weiteren Verlauf des Verfahrens wesentlich. Hierauf begründet sich
nicht nur das therapeutische Vorgehen des Behandlers, sondern auch die sachgerechte
Verfahrensabwicklung durch den UVTr und eine korrekte rechtmäßige Einschätzung der
Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (MdE) [6 ].
Neben der Behandlung solitärer oder multipler aktinischen Keratosen steht auch das
Vorgehen bei der operativen Entfernung von manifesten Hautkrebsen in engem Zusammenhang
mit der qualitativ umfassenden ambulanten Versorgung von Patienten mit anerkannter
BK Nr. 5103. Die GNR entsprechen denen in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und
umfassen im Wesentlichen die GNR im Zusammenhang mit der Chirurgie an der Körperoberfläche
(Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke GNR 490; Infiltrationsanästhesie großer Bezirke
GNR 491; Probeexzision GNR 2401; Exzision kleine Geschwulst GNR 2403; Exzision große
Geschwulst GNR 2404; einfache Hautlappenplastik GNR 2381; schwierige Hautlappenplastik
GNR 2382; jeweilige Zuschlagsziffern 442, 442A, 443, 444).
Die GNR 1 ist nach den Arbeitshinweisen der UVTr im Rahmen der Erstattung einer ärztlichen
Anzeige einer BK nicht abrechenbar. Gemäß DGUV-Rundschreiben 0159/2016 vom 18.04.2016
ist die Beratung und (umfassende) Untersuchung nicht abrechenbar, wenn ein Nachsorgebericht
BK-Nr. 5103 bei Hautkrebserkrankungen (F6122 – 5103) erstattet wird. Die GNRn. 1 bis
6 und 7 bis 15 sind in der Vergütung des Berichts mit enthalten und dürfen daher nicht
gesondert abgerechnet werden.
Die vorliegende UV-GOÄ bietet nunmehr Lösungen für die Abrechnung der primär gebräuchlichen
Verfahren bei Vorliegen von aktinischen Keratosen (läsionsbezogen, feldbezogen) und
Plattenepithelkarzinomen. Wichtig hierbei: Ein Anspruch auf Therapieerfolg besteht
(adäquat der GOÄ/des EBM) auch in der UV-GOÄ nicht!
Bundesweite Clearingstelle
Bundesweite Clearingstelle
Seit 1.1.2018 ist eine bundesweite Clearingstelle eingerichtet. Mit der Clearingstelle
wird sichergestellt, dass bundesweit jeder Arzt in Streitfragen einen Ansprechpartner
hat und die Entscheidungen bundeseinheitlich mit Unfallversicherungsträgern/Berufsgenossenschaften
getroffen werden. Da die Clearingstelle direkt bei den Vertragspartnern KBV und Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung (DGUV) angesiedelt ist, können die Entscheidungen in die Weiterentwicklung
der UV-GOÄ einbezogen werden. Bei Streitigkeiten übersenden Ärzte ihre Anträge schriftlich
mit einer ausführlichen Darstellung des Problems und unter Beifügung der anonymisierten
entscheidungserheblichen Unterlagen (z. B. Berichte, Rechnungen, bisheriger Schriftwechsel)
möglichst auf elektronischem Weg an die Clearingstelle-Unfallversicherung@kbv.de .