Steiß J-O.
Hrsg.
Ambulante pädiatrische
Pneumologie.
München-Deisenhofen: Dustri-Verlag; 2018. 29,50
€
ISBN: 978-3-87185-528-3
Die Kinder-Pneumologie im niedergelassenen Bereich hat in den letzten Jahren eine
rasante
Entwicklung genommen. Das vorliegende Buch führt mit 17 essenziellen Beiträgen in
die Thematik
ein. Zunächst werden die Geschichte, das Diagnosespektrum, die aktuellen Versorgungsstrukturen
und die Zukunft des Fachs dargestellt. Die zentralen Krankheitsmanifestationen (chronischer
Husten, Asthma, Anaphylaxie, ambulant erworbene Pneumonie) werden besonders gründlich
abgehandelt. Therapeutische Aspekte, die erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bereiten,
werden aus
verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Auch die Probleme der Transition werden eingehend
erörtert: Der Wechsel der medizinischen Bezugspersonen, geänderte Therapiekonzepte,
nicht
zuletzt auch die Ablösung vom Elternhaus und die Übernahme der Eigenverantwortung
der Patienten,
erschweren eine kontinuierliche Behandlung erheblich. Eine enge Kooperation zwischen
pädiatrischen und internistischen Pneumologen ist in dieser Situation überaus
wichtig.
Auch Erkrankungen, die auf den ersten Blick weniger bedeutsam erscheinen, werden berücksichtigt.
In letzter Zeit hat sich die Tuberkulose durch die Zuwanderung aus Risikoländern auch in Deutschland wieder mehr in den Vordergrund
geschoben. Die altersentsprechende Prävention, aktuelle Diagnostik und differenzierte
Therapie verlangt höchste Aufmerksamkeit. Dysfunktionelle und psychogene Atemstörungen, die häufig nur wenig Beachtung finden, werden dem Leser in einem aufschlussreichen
Beitrag nahegebracht. Der Artikel über die Flugtauglichkeit von Säuglingen und Kindern und die kompetente Beratung der Angehörigen wird der großen
Reisefreudigkeit der Deutschen gerecht. Diesbezügliche Anfragen gehören schon lange
zum Aufgabengebiet des Pädiaters. Bei Erkrankungen des Respirationstraktes sind die
speziellen Kenntnisse des Kinder-Pneumologen gefragt. Die kontinuierliche Atemgeräuschanalyse mittels eines mobilen Recordersystems (LEOSound Monitor) eröffnet neue Möglichkeiten
in der Diagnostik chronischer Erkrankungen des Respirationstraktes, zumal die Auskultation
und Lungenfunktionsdiagnostik wegen der mangelnden Kooperation besonders im frühen
Kindesalter an natürliche Grenzen stößt. Die Bedeutung von Reha-Institutionen wird angemessen gewürdigt. Besonders bei Kinder und Jugendlichen mit schlecht kontrolliertem
Asthma und Multimorbidität gelingt es häufig erst unter längerfristiger stationärer
Beobachtung, entscheidende Störfaktoren zu erfassen und die Erkrankung zu stabilisieren.
Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen profitieren nicht zuletzt vom regelhaften
Schul- und Förderangebot der Reha-Kliniken. Ein großes Problem stellte bislang die
mangelnde Nachhaltigkeit der Reha-Maßnahmen am Wohnort der Patienten dar. Vor Kurzem
sind aber die Voraussetzungen für eine Finanzierung ambulanter Reha-Maßnahmen geschaffen
worden. Dafür müssen die zuständigen Kliniken allerdings die entsprechenden Strukturen
vorhalten, vor allem ist eine enge Kooperation mit den niedergelassenen Kinder-Pneumologen
unabdingbar. Die Palette interessanter Beiträge wird ergänzt durch die Darstellung
der jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie in der Medizin. Die Ansammlung riesiger Datenmengen, deren Sicherheit nur schwer
zu garantieren ist, wird hinsichtlich der Chancen und Risiken kritisch beleuchtet.
Ziel der Telemedizin soll eine Erleichterung von Prävention, Diagnostik und Therapie
sein. Der Autor warnt jedoch eindringlich vor der Gefahr einer überbordenden Bürokratisierung
und Entpersonalisierung des Arzt-Patienten-Kontaktes.
Das Handicap eines Vielmänner-Buches liegt gewöhnlich in der großen Heterogenität.
Der Herausgeber, der selbst einige Artikel mitverfasst hat, hat bewusst darauf verzichtet,
den Autoren zu enge Grenzen zu setzen, damit ihre große persönliche Erfahrung zum
Tragen kommt. Gelegentliche Überlappungen haben den Vorteil, dass die einzelnen Beiträge
auch für sich allein gut verständlich sind. Sie halten sich dank zahlreicher Querverweise
in erträglichem Rahmen. Dem Herausgeber ist es gelungen, eine sehr komplexe Thematik
unter einen Hut zu bringen.
Das sehr ansprechende Buch, dessen Lektüre durch zahlreiche, oft farbige Abbildungen
und Tabellen erleichtert wird, richtet sich nicht nur an den Kinder-Pneumologen, der
sich über den aktuellen Wissensstand und neue Entwicklungen seines Interessengebietes
informieren möchte. Es ist darüber hinaus jedem Pädiater, Allgemeinmediziner und internistischen
Pneumologen wärmstens zu empfehlen. Das Buch wurde in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft
für Pädiatrische Pneumologie (BAPP e.V.) erstellt.
Prof. Dr. Hermann Lindemann, Gießen