Schlüsselwörter
Mamma - Galaktografie - Tomosynthese - Galaktomosynthese - Ultraschall - MRT
Einleitung
Jahrzehntelang war dennoch die konventionelle Galaktografie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 95%) [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16] das einzige bildgebende Verfahren zur Darstellung von Milchgängen der Brust.
Heute steht uns neben der konventionellen Galaktografie ein multimodales Konzept zur Verfügung: Ultraschall mit hochfrequenten Schallsonden (10 – 18 MHz) (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 91%) [8], [10], [12], [13], [15], [17], [18], [19], [20], [21], die Magnetresonanz-(MR-)Mammografie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 89% bzw. 93%) [5], [13], [14], [19], [21], [22], [23] sowie die Duktoskopie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 71 bzw. 62%) [24], [25], [26]. Insbesondere die Sonografie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 91%) [8], [10], [12], [13], [15], [17] – [21] ist mittlerweile in allen Brustzentren verfügbar, und durch den Gebrauch hochfrequenter Schallsonden (10 – 18 MHz) ist auch eine qualitätsorientierte Duktussonografie möglich. Daneben bietet die Sonografie bei pathologischen Befunden (BI-RADS™ 4/5) auch die Möglichkeit einer einfachen, kostengünstigen, bildgesteuerten Biopsie. Die MR-Mammografie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 89 bzw. 93%) [5], [13], [14], [19], [21], [22], [23] findet zunehmend Anwendung, da auch in vielen Zentren MR-gesteuerte Biopsien möglich sind. Zusätzlich ergänzt wird das Spektrum der Diagnostik durch die Durchführung einer Duktuskopie/Galaktoskopie (Sensitivitäten und Spezifitäten bis zu 71 bzw. 62%) [24], [25], [26] mit gleichzeitiger histologischer Verifizierung der Befunde.
Die digitale Vollfeldmammografie (Full-Field Digital Mammography [FFDM]) ist das wichtigste Verfahren zur Frühdiagnose des Mammakarzinoms bzw. des duktalen Carcinoma in situ (DCIS). Die für ein Projektionsverfahren typische Überlagerung von Gewebestrukturen mindert jedoch häufig Spezifität und Sensitivität der mammografischen Untersuchung. Die digitale Tomosynthese der Brust (Digital Breast Tomosynthesis [DBT]) liefert auf der Basis einer begrenzten Anzahl von Einzelaufnahmen mit unterschiedlichen Projektionswinkeln überlagerungsfreie Schichtaufnahmen und kann so die unerwünschte Maskierung durch überlagerte Strukturen beseitigen. Klinische Untersuchungen zeigen, dass die digitale Tomosynthese tatsächlich das Potenzial besitzt, die Wiedereinbestellrate von Patienten zu reduzieren und gleichzeitig die Karzinomentdeckung zu steigern (Detektion und Volumetrie) – dies vor allem bei Frauen mit dichtem Brustgewebe [27], [30].
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, erstmalig die Tomosynthesetechnik [27] in der Galaktografie einzusetzen und die daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien [28] mit der etablierten Methode der duktusorientierten Sonografie zu vergleichen. Es sollen mit beiden Methoden invasive Mammakarzinome und deren Vorstufen wie duktale Carcinoma in situ (DCIS) sowie benigne Befunde erkannt werden.
Material und Methoden
Patientinnenkollektiv
Am Radiologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen und der Klinik für Radiologie – Klinikum Frankfurt Hoechst wurde bei insgesamt 5 Patientinnen neben der routinemäßigen komplementären Mammadiagnostik bestehend aus klinischer Untersuchung, Mammasonografie und Mammografie zusätzlich sowohl eine duktusorientierte Sonografie als auch eine kontrastmittelunterstützte Galaktografie mithilfe der Tomosynthese in 3-D- als auch den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien durchgeführt.
Einschlusskriterium zur Studienteilnahme war die einseitige pathologische Sekretion: blutige Sekretion oder spontane klar/seröse, trübe oder bräunlich/grüne (nicht milchige) Sekretion. Ausschlusskriterium waren Patientinnen mit voroperierter Mamma, Zustand nach Bestrahlung der Mamma oder medikamentöser Vorbehandlung.
Duktusorientierte Sonografie, Galaktografie, Brusttomosynthese
Der duktusorientierte Ultraschall wurde zunächst mit einem hochauflösenden Ultraschallsystem (12 – 15 MHz), elektronischer Focus, linear-array Transducer (Siemens™, Acuson, Erlangen, Germany) durchgeführt. Die Beurteilungskriterien waren: unauffälliger Milchgang, Duktektasien, suspekter intraduktaler Befund. Bei allen Patientinnen erfolgte zusätzlich eine Galaktografie: Nach Lokalanästhesie und Aufsuchen des betroffenen Milchausführungsganges erfolgte nach Positionierung der Kanüle (Fa. Cook, Baesweiler, 30-G-Sialografie-Nadel) die Applikation von 0,1 bis zu 1,5 ml wasserlöslichem Kontrastmittel. Anschließend wurde der Ausführungsgang mithilfe eines Tupfers bzw. Pflasters komprimiert und mit einem Sprayverband versehen, um ein Austreten des Kontrastmittels zu verhindern [29]. Im Anschluss dieser Untersuchung wurden bei jeder Patientin eine digitale Brusttomosynthese und die daraus berechneten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografieaufnahmen erstellt [27], [28]. Bei den mammografischen Systemen handelte es sich um:
-
Selenia Dimensions (Hologic Bedfort™ MA, USA) und
-
Amulet Innovality (Fujifilm™, Deutschland).
Die Tomosynthese erfolgte bei dem Selenia-System in einer Ebene mit einem Rotationswinkel ± 7,5 Grad, Pixelgröße 70 µm, räumliche Aufteilung 8 Linienpaare (Lp)/mm bzw. bei dem Amulet Innovality System mit einem Standard-Rotationswinkel von ± 7,5 Grad (hochauflösend von ± 20 Grad), Pixelgröße 150/100 µm (100/50 µm), räumliche Auflösung 3 Lp/mm; 5 Lp/mm bzw. 10 Lp/mm. Die Dosis entsprach in der Engwinkeltechnik der einer digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografie von im Durchschnitt 1,70 mSv (Standardabweichung 0,42) und damit unterhalb der gesetzlichen Vorgabe von maximal 2,5 mGy/Aufnahme [29]. Die Aufnahmezeit betrug im Mittelwert 10 Sekunden. Mithilfe der Prozesssoftware der jeweiligen Systeme wurden aus den Tomosynthesedaten die synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografieaufnahmen generiert. Die Beurteilungskriterien waren sowohl für die Tomosynthese als auch die aus den Tomosynthesesequenzen generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien: Normalbefund, Duktektasien, singulärer Füllungseffekt, multiple Füllungsdefekte und Gangabbruch [16].
Operation und Pathologie
Alle Patientinnen wurden nach entsprechender Hautmarkierung zunächst duktektomiert. Jedes Operationspräparat wurde histopathologisch aufgearbeitet. Bei dem invasiven Mammakarzinom erfolgte in einem 2. operativen Eingriff die brusterhaltende Therapie mit Sentinellymphknotenbiopsie (SLN).
Statistische Analyse
Die Auswertung der 3 Untersuchungsmodalitäten erfolgte durch 3 in der komplementären Mammadiagnostik erfahrene Untersucher (1, 5 und 15 Jahre) und wurde mit der endgültigen Histologie korreliert. Bei sehr kleiner Fallzahl erschien die Berechnung von Sensitivität, Spezifität, dem ppV als Anzahl der richtig positiven/(Anzahl der richtig positiven + falsch positiven Ergebnisse) sowie des npV als Anzahl der richtig negativen/(Anzahl der richtig negativen + Anzahl der falsch negativen Ergebnisse) nicht sinnvoll.
Ergebnisse
Es wurde bei insgesamt 5 Patientinnen ein duktusorientierter Ultraschall und im Anschluss eine 3-D-digitale Tomosynthese ([Abb. 1 a] und [b]) und den aus den Datensätzen generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien als Galaktografie ([Abb. 1 c]) durchgeführt. Drei Untersucher (1, 5, 15 Jahre Berufserfahrung) werteten unabhängig voneinander die in der Bildgebung dargestellten Befunde aus.
Abb. 1
a und b Kontrastmittelunterstützte Galaktografie in Tomosynthesetechnik in 3-D (DBT). a Einzelbild in CC-Projektion rechte Mamma; b Einzelbild in ML-Projektion rechte Mamma. c Aus der kontrastmittelunterstützten Galaktografie in Tomosynthesetechnik (3-D) generierte, synthetische, digitale 2-D-Vollfeld-Mammografie in CC-Projektion der Abb. a; Diagnose: multiple Füllungsdefekte und Gangabbrüche – BIRADS™ 4 [31]; Histologie: ausgedehnte Papillomatose der rechten Mamma.
Das mittlere Alter der Patientinnen betrug 54,2 Jahre (minimal 21 Jahre, maximal 83 Jahre).
Histopathologischer Befund
Histologisch ergaben sich bei den OP-Präparaten der 5 Patientinnen 1 invasives Mammakarzinom, 2-mal ein duktales Carcinoma in situ (DCIS) und 2 benigne Befunde als endgültige Diagnosen.
Vergleich zwischen duktusorientiertem Ultraschall und Brusttomosynthese mit Galaktografie und den daraus synthetisierten digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien
Untersucher 1 mit 1-jähriger Berufserfahrung in der komplementären Mammadiagnostik erkannte in dem duktusorientierten hochfrequenten Ultraschall ([Abb. 2]) 3 von 5 Diagnosen und lag 2-mal falsch – demgegenüber stellte er anhand der Brusttomosynthese und den daraus synthetisch erstellten digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien die Diagnose 4 von 5 mal richtig.
Untersucher 2 mit 5 Jahren Berufserfahrung lag bei der Beurteilung des duktusorientierten Ultraschalls ebenfalls bei 3 von 5 Diagnosen richtig – in der Brusttomosynthese und den daraus synthetisch erstellten digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien stimmten 5 von 5 Diagnosen überein.
Untersucher 3 mit 15 Jahren Berufserfahrung in der komplementären Mammadiagnostik erkannte in der duktusorientierten Sonografie 4 von 5 Befunden korrekt. Mittels der Brusttomosynthese und den daraus synthetisch erstellten digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien wurde die Diagnose 5 von 5 mal korrekt gestellt bezogen auf die endgültige Histologie.
Auf die Angabe von Sensitivität, Spezifität, positivem prädikiven Wert und negativem prädiktiven Wert wird aufgrund der kleinen Fallzahl verzichtet.
Abb. 2 Hochauflösender duktusorientierter Ultraschall (12 – 15 MHz). Multiple Papillome mit Gangabbrüchen bei blutig sezernierendem Milchgang (blau: Gangabrüche, rot: multiple Papillome, grün: Mamille).
Diskussion
Wir konnten mit unserer Untersuchung erstmalig zeigen, dass die Brusttomosynthese auch in der Galaktografie (Galaktomosynthese) einsetzbar ist und eine digitale, 3-dimensionale Darstellung suspekter Befunde ermöglicht. Zusammen mit den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien bietet sich eine zusätzliche Option in der Mammadiagnostik.
Zudem führten wir einen Vergleich zwischen der etablierten diagnostischen Methode der duktusorientierten, hochfrequenten Sonografie (12 – 15 MHz) und der kontrastmittelunterstützten Galaktografie in Tomosynthesetechnik und den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien durch.
Die Auswertungen zeigen eine annähernde Gleichwertigkeit von duktusorientiertem hochfrequenten Ultraschall und den aus der kontrastmittelunterstützten Galaktografie in Tomosynthesetechnik generierten, synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien in Hinsicht auf die richtig gestellte Verdachtsdiagnose und die endgültigen histopathologischen Befunde. Auf die Angabe von Sensitivität, Spezifität, positivem prädiktiven Wert und negativem prädiktiven Wert wird in dieser Untersuchung aufgrund der kleinen Fallzahl verzichtet.
Bisher existiert keine Literatur zur kontrastmittelunterstützten Galaktografie in Tomosynthesetechnik und den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien.
Insgesamt ergibt unsere Untersuchung, dass mehr richtige Verdachtsdiagnosen in Hinsicht auf die endgültige Histologie anhand der kontrastmittelunterstützten Galaktografie in Tomosynthesetechnik und den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien erlangt wurden als durch die Standarddiagnostik des duktusorientierten hochfrequenten Ultraschalls. Das Ergebnis trifft auf alle 3 Untersucher zu, die jeweils unterschiedlich lange Berufserfahrung im Bereich der komplementären Mammadiagnostik (1, 5, 15 Jahre) besitzen ([Tab. 1]).
Tab. 1 Ergebnisse der 3 Untersucher: Anzahl richtiger Verdachtsdiagnosen im Hinsicht auf die endgültige Histologie der Präparate (n = 5) in Abhängigkeit der Bildmodalität.
Bildmodalität
|
duktusorientierter hochfrequenter Ultraschall (12 – 15 MHz)
|
kontrastmittelunterstützte Galaktografie in Tomosynthesetechnik (3-D) und daraus generierte, synthetische digitale 2-D-Vollfeld-Mammografie
|
Untersucher 1 (1 Jahr Beruferfahrung)
|
3
|
4
|
Untersucher 2 (5 Jahre Berufserfahrung)
|
3
|
5
|
Untersucher 3 (15 Jahre Berufserfahrung)
|
4
|
5
|
Das Ergebnis ist insofern überraschend, als dass die Brusttomosynthese und im Speziellen die kontrastmittelunterstützte Galaktografie in Tomosynthesetechnik keine Routinetechniken in der Mammadiagnostik sind. Demgegenüber werden die Mammasonografie und der duktusorientierte Ultraschall als Routinediagnostik regelmäßig eingesetzt und die Untersucher weisen in deren Beurteilung einen hohen Erfahrungsschatz auf. Ein Vergleich mit Literaturdaten ist hier nicht möglich, da keine vergleichende Literatur verfügbar ist.
Limitationen unserer Untersuchung sind vor allem in der beschränkten Fallzahl zu sehen. Dennoch können durch unsere Daten Fragen und Hypothesen aufgeworfen werden:
-
Erstmaliger Einsatz der Tomosynthese in der Galaktografie (Galaktomosynthese) mit tendenziell besseren Ergebnissen im Vergleich zum duktusorientierten hochfrequenten Ultraschall im Sinne eines Proof-of-concept – kann dies zu einer Renaissance der Galaktografie führen?
-
Erweiterung des Spektrums der Tomosynthese in der komplementären Mammadiagnostik.
In einer Literaturdurchsicht (PubMed) unter den Stichworten: Breast, Mammography, Ultrasound, Galactography, MRI, Ductography, Tomosynthesis wird deutlich, dass bisher keine vergleichende Untersuchung von klinischer Untersuchung, Abstrichzytologie, duktusorientiertem hochauflösendem Ultraschall, Galaktografie, MR-Mammografie, Duktoskopie mit histologischer Korrelation oder gar der Galaktografie mit DBT (Galaktomosynthese) existiert.
Mit unserer Untersuchung konnten wir jedoch erste interessante Ergebnisse erzielen. Ziel sollte sein, diese Ergebnisse in einer multizentrischen Studie zu evaluieren. Sollten sich die von uns erzielten Studienergebnisse auch an einem größeren Patientenkollektiv bestätigen lassen, könnte die Tomosynthese und insbesondere die kontrastmittelunterstützte Galaktografie in Tomosynthesetechnik (Galaktomosynthese) mit den daraus generierten synthetischen digitalen 2-D-Vollfeld-Mammografien die komplementäre Mammadiagnostik sinnvoll ergänzen und zu einer Renaissance dieser Methode führen.
Durch unsere Methodik wird es möglich sein, einerseits die Anzahl unnötiger Operationen zu reduzieren und andererseits das operative Management durch die 3-dimensionale Visualisierung des pathologischen Prozesses zu optimieren.