Schlüsselwörter
Pädiatrische Gastroenterologie - Kindergastroenterologie - Blutung - CEUS - Endosonografie
- fäkaler Mikrobiomtransfer - Kapselverfahren
Kapselverfahren in der gastroenterologischen Diagnostik
Motility-Kapsel
Nachdem die Videokapsel-Endoskopie zur Visualisierung des Dünndarms (Lokalisierung
von Blutungsquellen, Morbus-Crohn-Diagnostik etc.) schon seit Jahren in der Pädiatrie
etabliert ist, zeichnen sich neue Kapseltechniken ab: Die Motility-Kapsel (Smartpill;
[Abb. 1 a]) wurde zur Messung von Passagezeiten der einzelnen Abschnitte des Gastrointestinaltrakts
entwickelt. Sie dient der Diagnostik von Motilitätsstörungen (beispielsweise Gastroparese
und Obstipation) in der Abgrenzung zu funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen.
Belastende Verfahren wie radiologische, szintigrafische sowie manometrische Messungen
können so vermieden werden.
Abb. 1 Kapselverfahren in der gastroenterologischen Diagnostik.
a Wireless-Motility-Kapsel.
b Auswertung der Motility-Kapsel-Studie einer 17-jährigen Patientin mit chronischer
Übelkeit (siehe [Fallbericht]) mit Temperatur (blaue Kurve), pH (grüne Kurve) und Druck (rote Kurve). Magenentleerungszeit
(gastric emptying time, GET): 13,4 h (Norm < 5 h); Dünndarmpassagezeit (small bowel
transit time, SBTT): 12,21 h (Norm 2,5 – 6 h); Kolonpassagezeit (colonic transit time,
CTT): 18,33 h (Norm < 59 h); Dünndarm- und Kolonpassagezeit (small and large bowel
transit time, SLBTT): 30,5 h (Norm < 64 h); Gesamtdarmpassagezeit (whole gut transit
time, WGTT): 44,4 h (Norm < 73 h). KE: Kapseleinnahme; PY: Pyloruspassage; ICJ: ileozökaler
Übergang; KA: Kapselausscheidung.
Die Motility-Kapsel misst kontinuierlich über maximal 5 Tage den pH-Wert, die Druckverhältnisse
und die Temperatur. Vor allem über den pH-Wert kann die Passagezeit dem Magen, Dünndarm
und Kolon zugeordnet werden, ein Abfall der Temperatur zeigt das Ausscheiden der Kapsel
an. Normwerte für Erwachsene existieren [1], erste Erfahrungen im Kindesalter sind veröffentlicht [2]. Das System ist allerdings erst ab dem 18. Lebensjahr zugelassen.
Fallbeispiel
Ein 17-jähriges Mädchen leidet seit ca. 8 Monaten an Übelkeit, phasenweisem Erbrechen
und Inappetenz mit Gewichtsverlust (aktueller BMI 13,8 kg/m2). Als auffälliger Befund ergibt die Messung der Magenentleerungszeit mittels Motility-Kapsel
eine Verweildauer im Magen von 14 Stunden (Norm < 4,5 Stunden), was eine Gastroparese
vermuten lässt ([Abb. 1 b]). Eine Therapie mit Domperidon bringt eine Symptomverbesserung.
Kolon-Kapselendoskopie
Die Kolon-Kapselendoskopie (z. B. PillCam COLON 2) erlaubt eine minimalinvasive Darstellung
des Kolons ohne Narkose/Sedierung. Die Anwendung ist vor allem indiziert bei Patienten
mit erhöhtem Narkoserisiko oder falls eine Koloskopie aus anderen Gründen nicht möglich
ist. Sie wird hauptsächlich eingesetzt zur Visualisierung von Blutungsquellen aus
dem unteren Gastrointestinaltrakt oder bei Verdacht auf Polypen. Bei begründetem Verdacht
bietet sich wegen der simultanen Interventionsmöglichkeit eine Koloskopie ohne vorherige
Kapselendoskopie an.
Die Kapsel ist mit 11 × 32 mm etwas länger als die Dünndarmkapsel, besitzt an beiden
Enden jeweils eine Weitwinkelkamera mit einer Aufnahmefrequenz von 5 Bildern/s und
muss nach entsprechender Darmpräparation geschluckt werden. Nach einer initialen „Schlafphase“
von 2 Stunden wird die Bildaufnahme automatisch aktiviert. Bilder werden über 10 Stunden
aufgezeichnet.
Bei Kindern wurde die Kapsel in der Diagnostik chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen
eingesetzt [3], [4] und eignet sich z. B. auch zur Verlaufsdiagnostik bei bekannter chronischer Kolitis.
Nachteile der Videokapsel sind die fehlende Möglichkeit von Biopsien und therapeutischen
Maßnahmen, das Problem der Einnahme vor allem bei jüngeren Kindern sowie die Notwendigkeit
der Darmreinigung – wie für eine Koloskopie. Bei Stenosen besteht das Risiko des fehlenden
Kapselabgangs mit dann ggf. erforderlicher operativer Entfernung.
Kapsel-pH-Metrie
Bei Verdacht auf eine gastroösophageale Refluxkrankheit wird häufig eine Gastroskopie
durchgeführt, um eine Kardiainsuffizienz bzw. Hernie und/oder eine Ösophagitis abzuklären.
Im Anschluss wird dann oft eine 24-Stunden-pH-Metrie angelegt, üblicherweise über
eine nasale Sonde.
Alternativ kann die Bravo-Kapsel eingesetzt werden. Diese wurde auch im Kindesalter
gut toleriert [5] und erlaubt eine komfortablere drahtlose Messung über 48 Stunden. Die Kapsel löst
sich nach einigen Tagen und wird ausgeschieden. Gut geeignet ist diese Methode für
Kinder, die eine nasale Sonde nicht tolerieren. Nachteilig ist, dass eine Impedanzmessung
zur Detektion nichtsaurer Refluxe und die Bestimmung der Steighöhe des Refluxats nicht
möglich sind.
Neue endoskopische Techniken, die in der Kindergastroenterologie schrittweise eingesetzt
werden
Anlage einer PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) mittels Gastropexie und Direktpunktion
Das Standardverfahren zur intragastralen Sondenanlage für die Langzeiternährung ist
die PEG-Anlage mittels Fadendurchzugmethode. Bei Patienten mit Passageproblemen im
oberen Gastrointestinaltrakt (Tumoren, Stenosen, Varizen, Verätzungen etc.), nach
kieferchirurgischen Eingriffen, wenn nur eine nasale Endoskopie möglich ist, bei erhöhtem
Narkoserisiko oder bei Wunsch nach einer kosmetisch unauffälligen Lösung ist die PEG-Button-Anlage
mittels Gastropexie und Direktpunktion auch schon im Neugeborenenalter möglich ([Abb. 2]).
Abb. 2 Arbeitsschritte der Anlage eines Direkt-Buttons. a Gastrostomy Introducer Kit; oben Mitte die Nadeln des „Gastrointestinal-Suture-Anchor“-Systems;
mittels der Nadeln wird ein resorbierbarer Haltefaden mit kleinem Metallanker am distalen
Ende in den Magen eingebracht. b Unter Diaphanoskopie und Endoskopie werden 3 Suture Anchors im Magen platziert und
fixieren so die Magenwand an der Bauchdecke. c Die 3 Suture Anchors sind in situ und werden von außen mit kleinen Halteknöpfen fixiert.
d Ansicht der Metallanker von gastral. e Über eine Hohlnadel wird in der Mitte der Haltefäden ein Draht vorgeschoben. f Der Seldinger-Draht in situ. g Über den Draht wird mit einem Dilatator eine Peel-away-Hülse (Abb.) in den Magen
eingebracht. h Nach Ausmessen des Stomakanals wird die passende Button-Ballon-PEG über die Peel-away-Hülse
in den Magen vorgeschoben. i Nicht gefüllte Ballon-PEG in korrekter Position im Magen. j Nach Abschluss der Prozedur: Außenansicht der Button-Ballon-PEG und der 3 Haltefäden
mit Knöpfen.
Nach diaphanoskopischer Darstellung des Magens und Aufsuchen der Punktionsstelle werden
zunächst mittels eines speziellen Punktionssystems (Kimberly-Clark MIC-KEY G Introducer
Kit) 3 mit Metallanker versehene Haltefäden im Magen um den gewählten PEG-Exit herum
angelegt (Gastropexie). Danach erfolgt die Einlage eines Seldinger-Drahts über eine
Nadel. Über den Draht wird ein gestufter Dilatator in den Magen eingeführt. Am Ende
bleibt eine 18-Charr-Peel-away-Hülse, über die der Button mit der entsprechenden ausgemessenen
Länge direkt in den Magen eingeführt wird. Die Haltefäden sind selbstresorbierend.
Zum Wechsel oder zur Entfernung des Buttons sind keine weiteren Narkosen notwendig.
Vorteile der Direktpunktion-PEG gegenüber der Fadendurchzug-PEG sind weniger Komplikationen
wie Schleimhautverletzungen oder Infektionen [6]. So muss keine innere Halteplatte durch den Ösophagus eingebracht werden, und es
wird keine unsterile Sonde durch die Bauchwand gezogen. Außerdem benötigt man keine
weitere Endoskopie zur Entfernung der PEG. Nachteile der Direktpunktionsmethode sind
ein höheres Risiko für Blutung an der Punktionsstelle, die Verletzung innerer Organe
sowie die oftmals kürzere Haltbarkeit bzw. Liegedauer des PEG-Buttons gegenüber einer
Fadendurchzug-PEG.
Endoskopische Blutstillung
Bei akuter gastrointestinaler Blutung sind neben Injektions- und thermischen Verfahren
(Argon Plasma Coagulation, APC) verschiedene weitere Verfahren zur Blutstillung möglich:
-
Bei lokalisierten Blutungen, z. B. aus einem Gefäßstumpf ist die endoskopische Platzierung
von speziellen Clips (Hemoclip) möglich. Diese können zur optimalen Platzierung um
360° am Applikator gedreht und vor dem endgültigen Absetzen mehrfach wieder geöffnet
werden ([Abb. 3], [Abb. 6]).
-
Größere Blutungsquellen, z. B. aus Mukosaeinrissen oder aus tieferen, auch iatrogenen
Wandläsionen, können mit einem Over-the-Scope-Clip (OTSC-System) verschlossen werden
([Abb. 4]).
-
Diffuse Schleimhautblutungen, die nicht geklippt werden können, werden mit dem mineralischen
Hemospray kontaktlos und atraumatisch zum Stillstand gebracht. Das mineralische Pulver,
das über einen über den Arbeitskanal eingeführten Katheter direkt unter Sicht aufgesprüht
wird, bildet mit Feuchtigkeit eine mechanische adhäsive Barriere und führt so zur
Blutstillung ([Abb. 5]).
Abb. 3 Hemoclip.
Abb. 4 Over-the-Scope-Clip (OTSC).
Abb. 5 Hemospray.
Fallbeispiel
Ein 11 Monate altes, bis dato gesundes und gut entwickeltes Mädchen wird in der Kindernotaufnahme
mit Hämatinerbrechen seit einigen Stunden und anamnestischen Teerstühlen seit dem
Vortag vorgestellt. Die Blutungen lassen sich verifizieren. Der Hämoglobinwert bei
Aufnahme beträgt 6,1 g/dl. Da die Klinik auf eine akute obere gastrointestinale Blutung
hindeutet und es zu einem offenbar relevanten anhaltenden Blutverlust gekommen ist,
wird unverzüglich mit einer hochdosierten Therapie mit Omeprazol begonnen und eine
Ösophagogastroduodenoskopie durchgeführt. Es findet sich ein noch blutendes Ulkus
im Magenantrumbereich, das mit einem Hemoclip therapiert wird ([Abb. 6]). Im Anschluss sistiert die Blutung, die antazide Therapie wird fortgeführt, es
tritt keine erneute Blutung auf. Die Genese des Ulkus bleibt unklar, Helicobacter
pylori war nicht nachweisbar.
Abb. 6 Akut blutendes, z. T. fibrinbelegtes Ulkus im Bereich des Magenantrums mit Hemoclip
auf einer noch aktiv gewesenen Blutungsquelle, die jetzt sistiert hat, bei einem 11
Monate alten Mädchen mit akuter Blutungsanämie.
Therapie der Achalasie mittels Peroral Endoscopic Myotomy (POEM)
Als Alternative zur Myotomie nach Heller, zur Ballondilatation und zur medikamentösen
Therapie mit Botulinumtoxin oder Nifedipin hat sich das 2010 erstmals beschriebene
POEM-Verfahren (perorale endoskopische Myotomie) in der Behandlung der Achalasie der Speiseröhre etabliert [7]. Mit einem durch den Arbeitskanal des Endoskops eingeführten elektrischen Messer
wird ein submukosaler Tunnel vom mittleren Ösophagus bis distal des unteren Ösophagussphinkters
angelegt. Danach wird die Lamina muscularis der Ösophaguswand durchtrennt und abschließend
der mukosale Zugang in den submukosalen Tunnel mit Metallclips dicht verschlossen.
Erste Berichte belegen die erfolgreiche Anwendung auch im Kindesalter [8], [9].
Transgastrale Drainage von Pankreaspseudozysten mittels Stents mit Antimigrationssystem
Das Auftreten von Pankreaspseudozysten nach Pankreatitis ist häufig. Ab einer gewissen
Größe (> 5 cm) und ohne Rückbildungstendenz über 6 Wochen ist eine Zystenentlastung
indiziert, ebenso bei infizierten Zysten. Diese kann auch im Kleinkindalter endosonografisch
gesteuert über einen transgastral eingelegten Stent erfolgen. Als Stents kommen Doppel-Pigtail-Plastikendoprothesen
oder speziell geformte, vollbeschichtete selbstexpandierende Metallstents zum Einsatz.
Nach einigen Wochen erfolgt die endoskopische Entfernung des Stents. Die Erfolgsrate
ist hoch [10].
Fallbeispiel
Ein 3-jähriger Junge wird mit starken Bauchschmerzen eingeliefert. Die Laborkonstellation
mit massiv erhöhter Lipase ergibt die Diagnose einer akuten Pankreatitis. Sonografisch
stellt sich das Organ hyperechogen und vergrößert dar, mit geringem parapankreatischem
Flüssigkeitssaum. Die Therapie besteht aus einer ausreichenden intravenösen Flüssigkeitssubstitution,
dem Ausgleich der Elektrolyte, Analgesie und Gabe von Antibiotika. Nach Normalisierung
der Pankreaswerte entwickelt sich im Verlauf der 1. Krankheitswoche eine große Pankreaspseudozyste
von 12 cm × 8 cm × 6 cm ([Abb. 7 a]). Im Verlauf von 12 Wochen ist die Zyste eher größenprogredient, endoskopisch wird
transgastral unter endosonografischer Steuerung ([Abb. 7 b]) ein Stent eingelegt. Die Pseudozyste entleert sich vollständig ([Abb. 7 c]). Nach 6 Wochen wird der Stent komplikationslos entfernt, im Verlauf entsteht keine
erneute Flüssigkeitsansammlung mehr.
Abb. 7 Drainage einer Pankreaspseudozyste bei einem 3-jährigen Jungen nach Pankreatitis
(s. Fallbericht).
a Darstellung der großen Pankreaspseudozyste in der Magnetresonanztomografie (MRT; Pfeil).
b Endosonografische transgastrale Darstellung der Pseudozyste an der großen Kurvatur
nach Einlage des Führungsdrahts (Pfeil), über den der Stent geschoben wird.
c Stent in situ (gefüllter Pfeil), über den sich das Sekret der Pseudozyste in den Magen
entleert (leerer Pfeil).
Push-and-pull-Enteroskopie bzw. Single-Balloon-Enteroskopie (SBE)
Neben der Doppelballonendoskopie (DBE) kann zur Push-and-pull-Enteroskopie auch die
SBE eingesetzt werden. Sie dient zur Darstellung, Biopsie und therapeutischen Maßnahmen
(Blutungsstillung, Polypektomie etc.) in tieferen Dünndarmabschnitten. Das Endoskop
wird über einen mit einem Ballon versehenen Overtube, der im Dünndarm liegt, vorgeschoben
(Zugang von oral oder anal möglich). Bei gefülltem Ballon wird der Overtube zurückgezogen
(mit dem umgebenden Darm) und dabei gleichzeitig das Endoskop in tiefere Darmabschnitte
vorgeschoben. Der Overtube mit entleertem Ballon folgt dann dem Endoskop, der Ballon
wird erneut gefüllt, etc. So kann je nach Gerät bis zu 250 cm weit in den Dünndarm
endoskopiert werden. Wegen der längeren Narkosezeit sollte die Indikation für die
DBE und SBE in der Kindergastroenterologie streng gestellt werden.
Endoskopische Mukosaresektion (EMR)
Die EMR ist eine Technik zur Abtragung von sessilen Polypen oder von auf die Mukosa
beschränkten Neoplasien. Dabei wird – evtl. nach Unterspritzen der Submukosa – die
Läsion in eine Aufsatzkappe eingesaugt und entweder direkt über eine in der Kappe
vorgeladene Schlinge oder nach Freisetzen einer Gummibandligatur abgetragen. Die endoskopische
mukosale Resektion bietet sich auch als Alternative zur Rektum-Saugbiopsie beispielsweise
in der Diagnostik des Morbus Hirschsprung an.
Die EMR wird mit einem Gastroskop mit Aufsatz zur Varizenligatur durchgeführt. Nach
Aufsuchen der Biopsiestelle, z. B. 3 cm proximal der Linea dentata, und gegebenenfalls
Unterspritzung der Stelle mit 0,9%iger NaCl-Lösung wird die Mukosa an dieser Stelle
in die Kappe des Bandligators angesaugt und eine Gummibandligatur appliziert. Anschließend
wird das durch das Band abgehobene Rektumgewebe mit einer elektrischen Polypenschlinge
abgetrennt und eingeschickt. Die Biopsate waren in einer ersten Veröffentlichung alle
ausreichend und aussagekräftig [11]. Die EMR kann auch zur Entfernung heterotoper Schleimhautareale eingesetzt werden.
Vollwandbiopsien mittels Full-Thickness-Resection-Device (FTRD)
Das FTRD-System kombiniert die Vorteile des OTSC mit einer tiefen Vollwandbiopsie
und ermöglicht die endoskopische Vollwandresektion (eFTR) bis zur Serosa von Läsionen
im Kolon und Rektum sowie Duodenum. Die Transsektion der Darmwand erfolgt erst, nachdem
sie an der Zielstelle sicher verschlossen ist. Das Darmlumen wird daher beim Eingriff
nicht eröffnet. Es bietet sich an zur Entfernung von über die Mukosa/Subserosa reichenden
Läsionen vor allem bei instabilen Patienten, aber auch diagnostisch zur Entnahme von
Ganzwandbiopsien bei Verdacht auf enterale Innervationsstörungen (Morbus Hirschsprung,
intestinale neuronale Dysplasien). Im Kindesalter sind noch keine Erfahrungen publiziert.
Endoskopische submukosale Dissektion (EMD)
Submukosal gelegene subepitheliale Tumoren (SET) können mittels EMD endoskopisch entfernt
werden. Im Kindesalter ist diese Methode in Einzelfällen beschrieben [12].
Endoskopische Subserosa-Dissektion (ESD)
Diese Methode dient der endoskopischen Entfernung von SET, ausgehend von der Muscularis
propria des oberen Gastrointestinaltrakts (z. B. Hamartome, Leiomyome, gastrointestinale
Stromatumoren, heterotopes Pankreasgewebe). Die ESD kann in 6 Schritten beschrieben
werden:
-
Inzision der Mukosa und Submukosa im Bereich der Läsion und Freilegung der Muscularis
propria
-
kontinuierliche Injektion mittels Injektionsnadel bei Vordringen von Muscularis propria
zu Subserosa
-
Inzision der Muscularis propria
-
subserosale Injektion, um Serosa weiter von Muscularis propria abzuheben
-
vorsichtige En-Bloc-Dissektion der Mukosa, Submukosa und der Muskularis propria inklusive
des SET
-
Verschluss des Wanddefekts mit einer endoskopischen Technik, z. B. Clipping.
Im Kindesalter wurde dieses Verfahren noch nicht eingesetzt.
Selbstexpandierende Metallstents zur Therapie von Anastomosenstrikturen nach Ösophagusatresie-Korrektur
Selbstexpandierende Metallstents zur Therapie gastrointestinaler Stenosen werden bei
Erwachsenen bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Erste Berichte belegen
eine erfolgreiche Therapie von Anastomosenstrikturen nach operativer Korrektur einer
Ösophagusatresie bei Kindern im Alter von 1 – 32 Monaten [13].
Die vollbeschichteten Stents wurden endoskopisch eingebracht und blieben im Median
für 30 Tage vor Ort, bevor sie entfernt wurden. Teilweise wurden konsekutiv bis zu
4 Stents in Folge eingesetzt. Es wurden keine Probleme bei Stenteinlage oder -entfernung
beschrieben, und nach einem Median von 41 Monaten trat keine erneute Anastomosenstriktur
in 62% der Kinder mit vorangegangener Therapie (n = 8) und in 100% der Kinder ohne
vorangegangene Therapie (n = 5) auf [13].
Eine vielversprechende Methode ist der dynamische Stent, der 40 Tage im Ösophaguslumen
bleibt und wiederholt eingelegt werden kann. Beim dynamischen Stent bewegen sich Nahrung
und Sekrete zwischen Ösophaguswand und Stentwand. In einer Reihe von 79 Patienten
hat der dynamische Stent bei 89% zu einer effektiven Behandlung geführt [14].
Endoskopische Therapie duodenaler Webs
Duodenale Atresien werden üblicherweise mittels einer Duodenoduodenostomie operativ
korrigiert. Typ-1-Atresien (Diaphragma bzw. Web) oder Atresien mit inkomplettem Web,
die auch erst jenseits der Neonatalperiode auffallen können, können endoskopisch mittels
Ballondilatation und einem endoskopisch eingeführten Elektrokauter erfolgreich therapiert
werden [15]. Diese Methode konnte schon bei Neugeborenen angewendet werden [16].
Perorale endoskopische Pyloromyotomie der Pylorusstenose
Bereits im Jahr 2005 wurde die Technik der endoskopischen Pyloromyotomie bei kongenitaler
hypertropher Pylorushypertrophie veröffentlicht [17]. Der Eingriff wurde an Neugeborenen bzw. jungen Säuglingen unter Sedierung ambulant
durchgeführt. Mittels eines endoskopischen elektrischen Messers oder eines Sphinkterotoms
wird die Wand des Pylorus vom Antrum bis zum Duodenum bis auf die Serosa inzidiert.
Die Nahrungsaufnahme ist unmittelbar im Anschluss wieder möglich gewesen. Diese Methode
hat sich nicht durchgesetzt, die offene oder laparoskopische Pyloromyotomie gilt als
das Standardverfahren und erlaubt ebenfalls eine sofortige Nahrungsaufnahme und rasche
Entlassung aus der stationären Behandlung.
Over-the-Scope-Clips (OTSC) zum Fistelverschluss
OTSC erlauben einen endoskopischen Verschluss von Fisteln, z. B. enterokutanen oder
enteroenterischen Fisteln, u. a. im Rahmen eines Morbus Crohn, unter Verzicht auf
einen chirurgischen Eingriff. Dabei wird das unter dem Punkt Blutstillung beschriebene
System verwendet.
Bildgebung
Virtuelle Koloskopie
Bei der virtuellen Koloskopie wird der Kolonrahmen 3-dimensional mittels Computertomografie
(CT) (low-dose) oder auch Magnetresonanztomografie (MRT) dargestellt. Die Methode
wird eingesetzt zur Diagnostik des Kolonkarzinoms sowie von Polypen und Divertikeln.
Bei Kindern und Jugendlichen wurde sie zur Abklärung von Polypen bei unteren gastrointestinalen
Blutungen verwendet [18]. Ein Vorteil sind die kurze Untersuchungszeit und dadurch das Wegfallen einer notwendigen
Sedierung. Nachteile sind die Strahlenbelastung beim CT, die Notwendigkeit der Gabe
eines intravenösen Kontrastmittels und die fehlende Möglichkeit zur Probenentnahme
und Intervention. Eine Darmvorbereitung wie zur Koloskopie und die rektale Insufflation
von Luft oder CO2 sind ebenfalls notwendig, weshalb die Indikationen für eine virtuelle Koloskopie
begrenzt sind.
Kontrastmittelverstärkte Sonografie der Leber
CEUS (Contrast-Enhanced Ultrasonography) wird mittlerweile auch im Kindesalter angewendet,
um fokale Leberläsionen differenzieren zu können. Hämangiome, Adenome, Malignome,
Regenerationsknoten und die fokal noduläre Hyperplasie zeigen ein unterschiedliches
Enhancement in der arteriellen, portalvenösen sowie spätvenösen Phase und können so
voneinander abgegrenzt werden. Die Gabe eines gut verträglichen intravenösen Kontrastmittels
ist notwendig. Das Kontrastmittel enthält Mikro-Gasbläschen, z. B. Schwefelhexafluorid,
in einer Lipidmikrosphäre verkapselt (SonoVue). Der Kontrast entsteht durch die Reflexion
an der Gas-Gewebe-Grenze sowie durch die Oszillationen der Bläschen im Ultraschall.
Die Untersuchung kann wie jede Sonografie durchgeführt werden, und zwar ohne Sedierung,
ohne Strahlenbelastung und ohne Jod- oder Gadolinium-haltiges Kontrastmittel in maximal
10 Minuten und ist so für die Pädiatrie gut geeignet, aber auch für kritisch kranke
Patienten oder Patienten mit Niereninsuffizienz [19]. Eine MRT oder CT kann häufig vermieden werden.
Endosonografie (EUS)
Die EUS wird mittels eines Endoskops durchgeführt, an welchem neben der Optik ein
360°-Schallkopf an der Spitze des Geräts befindlich ist, umgeben von einem mit Wasser
zu füllenden Ballon, um einen besseren Kontakt zum Gewebe zu ermöglichen. Die EUS
dient der Diagnostik und interventionellen Therapie von pankreatikobiliären und anderen
gastroenterologischen Erkrankungen (z. B. Tumoren) und wird auch in der Pädiatrie
eingesetzt [20] (siehe [Fallbericht] und [Abb. 7 b]). Durch die EUS kann die invasivere endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie
(ERCP) häufig vermieden werden, es können gleichzeitig Gewebeproben entnommen oder
wenn notwendig Stents etc. eingebracht werden.
Neue therapeutische Methoden
Fäkaler Mikrobiomtransfer (FMT)
Das Mikrobiom des Darms wird seit Einführung molekulargenetischer Untersuchungsverfahren
intensiv erforscht. Es ist von essenzieller Bedeutung für den Erhalt der Gesundheit.
Störungen des Mikrobioms, z. B. durch Antibiotika, können eine Clostridium-difficile-assoziierte
Diarrhö auslösen. Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) vermutet
man eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf das Darmmikrobiom. Es hat sich
gezeigt, dass Patienten mit CED häufiger eine reduzierte mikrobielle Diversität im
Darm haben als Nichterkrankte.
Beim FMT, der sog. Stuhltransplantation, wird verflüssigter Stuhl eines (meist nichtverwandten)
Spenders über eine nasojejunale Sonde, über ein Klysma oder im Rahmen einer Koloskopie
in den Darm des Patienten eingebracht. Bei der Spenderselektion werden u. a. bakterielle,
parasitäre und virale Erkrankungen ausgeschlossen. Die Aufbereitung und Applikation
des Spenderstuhls unterliegt dem Arzneimittelgesetz.
Während die FMT zur Therapie von rekurrierenden Clostridium-difficile-Infektionen
eine inzwischen etablierte und häufig erfolgreiche Therapieoption nach Versagen mehrerer
antibiotischer Therapien darstellt, sind die Ergebnisse von FMT-Studien bei CED heterogen.
Weitere Indikationen wie Beeinflussung von Adipositas, Reizdarmsyndrom und Autismus
sollten aufgrund der unklaren Langzeitauswirkungen nur in Studien geprüft werden.
FMT in Kapselform
Zukünftig werden möglicherweise Kapselpräparationen kryokonservierter Spenderstühle
und standardisiert zusammengestellte Keimspektren zur Anwendung kommen. Dafür werden
Stuhlbakterien gereinigt, konzentriert, kryokonserviert und in mehrfach geschichtete
Kapseln gefüllt. In einer kanadischen Studie hat sich gezeigt, dass der Erfolg bei
Clostridium-difficile-assoziierter Diarrhö nach Kapselapplikation oder Koloskopie
mit 96% gleich gut ist [21]. Die ersten Schritte in Richtung dieser „Arzneimittelproduktion“ (mit allen juristischen
und Zulassungsimplikationen) sind in Phase-I-Studien getan.
Schlussfolgerung
Da neue vielversprechende diagnostische und therapeutische Techniken und Methoden
oft aus der Erwachsenengastroenterologie kommen, ist eine enge Zusammenarbeit des
Kindergastroenterologen mit dem Erwachsenengastroenterologen sinnvoll und notwendig.
Neue Therapien bedürfen der strengen Kontrolle, die im Rahmen klinischer Studien gegeben
ist, da Langzeitauswirkungen bisher noch nicht genau definiert werden konnten.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag
ist PD Dr. med. Christoph Hünseler, Köln.