Pneumologie 2018; 72(04): 252
DOI: 10.1055/a-0586-9168
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Ist eine 1-mal tgl. Asthma-Therapie effektiv?

Woodcock A. et al.
Effectiveness of fluticasone furoate plus vilanterol on asthma control in clinical practice: an open-label, parallel group, randomised controlled trial.

Lancet 2017;
390: 2247-2255 . doi:10.1016/S0140–6736(17)32397–8
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Publication History

Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

    Die verschiedenen etablierten Therapien des Asthma bronchiale wurden in Studien untersucht, die nur sehr selektionierte Patientengruppen einschlossen und in denen viele Begleiterkrankungen zum Ausschluss aus den Studien geführt haben. Daher sollten in dieser Studie „real-world-Patienten“ untersucht werden, um zu prüfen, wie sicher und effektiv bei einem gemischten Kollektiv eine 1-mal tgl. Therapie ist.


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    In die Studie wurden 4725 Patienten über 18 Jahren aus allgemeinmedizinischen Praxen aufgenommen, die ein symptomatisches Asthma bronchiale und nicht kürzlich einen lebensbedrohlichen Asthma-Anfall hatten oder aus anderen Ursachen lebensbedrohlich erkrankt waren. Weitere Ausschlusskriterien gab es nicht. Sie erhielten neben der üblichen Basistherapie randomisiert 1-mal tgl. über einen Trocken-Pulver-Inhalator 100 oder 200 μg Fluticason sowie jeweils 25 μg Vilanterol. Die Basistherapie bestand aus inhalativen Kortikoiden und langwirksamen Betamimetika. Die Patienten wurden über 12 Monate nachbeobachtet. Primärer Endpunkt war das Erreichen von 20 oder mehr Punkten im Asthma-Control-Test (ACT) oder eine Verbesserung um mehr als 3 Punkte, wenn die Patienten bei Einschluss unter 20 Punkte hatten. Der ACT ist ein standardisierter Fragebogen, der aus 5 Fragen besteht. 20 Punkte und mehr gelten als ein gut kontrolliertes Asthma bronchiale.

    Von den 4725 eingeschlossenen Patienten wurden 4233 randomisiert. 1207 Patienten hatten bereits bei Einschluss in die Studie einen ACT von 20 oder mehr Punkten, sodass sie nicht in die Auswertung einbezogen wurden. Nach 24 Wochen waren in der Therapiegruppe mehr Patienten, deren ACT-Wert um mehr als 3 Punkte angestiegen war, als in der Kontrollgruppe. Während sich in der Kontrollgruppe 56 % verbessert hatten, waren es unter Therapie 71 %. Der ACT-Wert stieg unter Therapie um 4,4 Punkte und in der Kontrollgruppe um 2,8 Punkte. Diese Effekte blieben über die gesamte Studiendauer konsistent. Pneumonien und andere schwere Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen selten und gleich häufig auf.

    Fazit

    Patienten mit symptomatischem Asthma bronchiale profitieren von einer 1-mal tgl. inhalativen Therapie mit Fluticason und Vilanterol.

    Dr. Christoph Feldmann, Köln

    Kommentar

    Die Kombination eines inhalativen Kortikosteroids (ICS) und eines langwirksamen Beta-Antagonisten (LABA) gehört zur Standarddauertherapie des nicht-kontrollierten Asthma bronchiale. Bisherige Untersuchungen konnten nicht die Überlegenheit verschiedener primärer Endpunkte der Therapie von Fluticason-Furoate (ICS) und Vilanterol (LABA) als Einmalgabe gegenüber der bisher praktizierten Standardtherapie (z. B. 2-mal tgl. ICS/LABA) belegen.


    In einer regionalen, englischen Studie an 74 ambulanten Zentren untersuchte Woodcock die Effektivität der Einmalgabe (ICS/LABA) vs. einer Standardtherapie bei Patienten mit gut kontrollierbarem Erkrankungsverlauf (1207 von 4725 Patienten wurden aufgrund hoher Symptomlast von der finalen Analyse ausgeschlossen). Im Vergleich zur Standardtherapie zeigte sich eine verbesserte Asthmakontrolle des analysierten Kollektivs durch die Einmalgabe ohne Zunahme von schwerwiegenden Nebenwirkungen.


    Obstruktive Atemwegserkrankungen vom Asthmatyp, die aktuell und weiterhin wesentlich durch Inflammationsmodulation behandelt werden, stellen eine sehr heterogene Krankheitsentität dar.


    Die Kombinationsgabe von ICS/LABA hat einen festen Stellenwert in der Langzeittherapie der Patienten mit instabilen und/oder schlecht kontrollierbarem Asthma bronchiale. Der Therapieerfolg wird wesentlich durch die optimale Therapieadhärenz beeinflusst. Bemühungen zur Individualisierung des inhalativen Therapiebedarfs (z. B. Häufigkeit der Einnahme pro Tag) sind begrüßenswert. Die Reduktion signifikanter Nebenwirkungen bei der Langzeittherapie ist ein wichtiger Endpunkt, wie z. B. die Entstehung einer ambulant erworbenen Pneumonie. Eine Reduktion der Pneumoniehäufigkeit konnte durch das neue Therapiekonzept nicht belegt werden. Weiterhin wurden von der Analyse Patienten ausgeschlossen, die eine hohe initiale Symptomlast hatten, insbesondere diese Gruppe sollte klinisch von der ICS/LABA Therapieoptimierung profitieren.


    Die Empfehlungen des Nationalen Instituts für Health and Care Excellence (NICE) in Zusammenarbeit mit den Empfehlungen der Fachgesellschaften des Vereinigten Königreiches sehen Dosierungen einer dauerhaften inhalativen Kortikosteroidgabe vor, die sich von der Praxis in anderen europäischen Ländern unterscheiden. Diese Tatsache, in Ergänzung zur optimalen Dosisfindung pro Tag, sollte Grundlage für weitere Untersuchungen sein, um individuellere Therapiekonzepte für die Patienten mit Atemwegserkrankungen zu entwickeln.


    Zusammenfassend belegen die vorliegenden Untersuchungen die Komplexität und Heterogenität der obstruktiven Atemwegserkrankungen, die hier als Asthma bronchiale definiert worden ist. Individualisierung und Konzeptentwicklung zur Therapieoptimierung sind dringend notwendig und sind durch internationale Expertengruppen bereits angestoßen worden.


    Autorinnen/Autoren

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    Prof. Dr. med. Christian Grohé, ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Leiter des Lungenkrebszentrums (DKG) der Evangelischen Lungenklinik Berlin
    Christian.Grohe@pgdiakonie.de

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    Prof. Dr. med. Christian Grohé, ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Leiter des Lungenkrebszentrums (DKG) der Evangelischen Lungenklinik Berlin
    Christian.Grohe@pgdiakonie.de