Aktuelle Dermatologie 2018; 44(04): 136-138
DOI: 10.1055/a-0584-9401
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwarzen Hautkrebs in den Tiefschlaf versetzen

Yu Y. et al.
Targeting the Senescence-Overriding Cooperative Activity of Structurally Unrelated H3K9 Demethylases in Melanoma.

Cancer Cell 2018;
33: 322-336
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Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

Ein endgültiger Zellteilungsstopp, die zelluläre Seneszenz, verhindert normalerweise, dass aus mutierten Zellen Tumoren werden. Die Zellen fallen in eine Art Tiefschlaf. Epigenetische Markierungen an den Eiweißbausteinen des Erbguts erhalten dieses Schutzprogramm aufrecht. Krebszellen hebeln diesen Schutzmechanismus auf der epigenetischen Ebene aus – wie, war jedoch bislang unbekannt. Ein internationales Forschungsteam konnte nun zeigen: Bei Krebs radieren Demethylase-Enzyme die Markierungen oft aus. Werden die Enzyme gehemmt, kann das Schutzprogramm erneut starten.


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Demethylase-Blocker stoppen Schwarzen Hautkrebs

Fast 500 Gewebeproben von Erkrankten mit Schwarzem Hautkrebs (Melanom) untersuchte das Forschungsteam für die Studie. Bei etwa einem Drittel der Proben fanden die Forschenden eine deutliche Mehrproduktion solcher Demethylasen, die das Schutzprogramm hemmen können.

In Melanom-Zellkulturen sowie bei Mäusen und Zebrafischen mit Schwarzem Hautkrebs veränderten die Forscherinnen und Forscher die Aktivität dieser Enzyme genetisch und blockierten sie gezielt mit chemischen Wirkstoffen. Die Zellen fielen daraufhin in den Seneszenz-Schlaf und teilten sich nicht mehr. Das Experiment war sogar bei Mäusen mit implantierten menschlichem Melanom-Gewebe erfolgreich – eine bedeutsame Information für eine mögliche zukünftige Patientenanwendung. Eine der Substanzen wird derzeit als Medikament gegen Lungen- und Blutkrebs in klinischen Studien erprobt. Bei Untersuchungen an Melanom-Proben von Mäusen beobachtete das Forschungsteam, dass Immunzellen ins Tumorgewebe einwanderten, nachdem sie das Seneszenz-Programm mit Medikamenten reaktiviert hatten.


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Seneszenz stellt Krebszellen kalt

Neben dem programmierten Zelltod ist die zelluläre Seneszenz eine wesentliche Verteidigungslinie des Körpers gegen Krebs. Das Schutzprogramm legt Gene, die die Zellteilung steuern, epigenetisch still. Methyltransferase-Enzyme markieren dafür Histon-Proteine, auf die das Erbgut aufgewickelt ist. Diese Markierung inaktiviert den Histon-benachbarten DNA-Abschnitt. Die Forscher untersuchten 2 unterschiedliche Demethylase-Enzyme, die als Gegenspieler diesen Prozess rückgängig machen. Sie sind für die Seneszenz-Kontrolle entscheidend, da sie die Histon-Markierung wieder „ausradieren“.


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Potenzial für Kombinationstherapie

Die zelluläre Seneszenz ist zwar ein wichtiger und erwünschter Therapie-Effekt, der Tumoren an weiterem Wachstum hindert, doch sie hat nicht allein Krebs-blockierende Funktionen.

Für die Autoren der Studie hat der entdeckte Seneszenz-Mechanismus – wegen der beobachteten Einwanderung von Immunzellen in den Tumor – Potenzial für eine neue Art von Kombinationstherapie. Sie vermuten, dass Demethylase-Blocker zusammen mit einer zielgerichteten Immuntherapie besonders wirksam sein könnten. Vielversprechend ist dies v. a. bei der Bekämpfung von Schwarzem Hautkrebs, der sich schlecht mit einer Chemotherapie, aber besser mithilfe neuartiger Immuntherapien bekämpfen lässt. Das Forscherteam will nun in klinischen Studien überprüfen, wie gut sich Immun- und Seneszenz-wiederherstellende Therapien kombinieren lassen.

Nach einer Mitteilung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft


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