Aktuelle Dermatologie 2018; 44(04): 131-132
DOI: 10.1055/a-0575-0763
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bienengift als Therapie

Apitherapy
Christiane Bayerl
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

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Publication Date:
11 April 2018 (online)

 
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Der Erfolg einer Hyposensibilisierung bei Hymenopterengiftallergie wird mit einer Stichprovokation mit lebender Biene/Wespe in der zweiten Hälfte der üblicherweise 3-jährigen Behandlung überprüft. Der Stich ist schmerzhaft. Der Vorgang wird wegen des Anaphylaxie-Risikos stationär durchgeführt und unter Notfall-Bereitschaft überwacht. Die Patienten sind durchaus ängstlich vor dem wissentlich herbeigeführten Stich, fühlen sich nach überstandenem Ereignis aber wie der „Held“ des Tages. Das Vorgehen ist ausreichend evaluiert und in unseren Leitlinien ausdrücklich empfohlen.

Honigbienen-Produkte wie Honig, Bienenköniginnenfuttersaft (Royal jelly), Propolis und Bienenwachs haben bioaktive Komponenten. Die Substanzen wirken antimikrobiell, antientzündlich, immunmodulatorisch und als Radikalfänger [1]. In der Wundheilung, zur Beschichtung von Wundauflagen, in der Zahnhygiene, bei Halsschmerzen und in Hautschutzpräparaten werden die Wirkstoffe eingesetzt. Im häuslichen Umfeld finden wir sie bei Möbel- und Schuhpolituren, in Kosmetika und Körperpflegeprodukten. Allergologen warnen vor der nicht unerheblichen Sensibilisierungspotenz von Propolis.

In der Alternativmedizin wird die Bienengiftakupunktur eingesetzt. In Studien wurde z. B. 1:10 000 verdünntes Bienengift und Physiotherapie als Schmerztherapie über 2 Monate bei Probanden mit Gelenkentzündungen der Schulter untersucht. Nach Auswertung der Schmerzskalen war die Behandlungsgruppe mit den verdünnten Bienengiftinjektionen und Physiotherapie signifikant besser als die Kontrollgruppe mit nur Physiotherapie in der Beobachtung bis zu 1 Jahr. Eine Verblindung kann bei einem solchen Studienansatz nicht durchgeführt werden [2] [3]. Auch in der Akupunktur wird ein Schema mit stark verdünntem Bienengift eingesetzt; in einer Pilotstudie mit Kontrollgruppe mit Kochsalzinjektionen bei 8 Patienten mit Schmerzen nach Schlaganfall und signifikantem Ergebnis zugunsten der „Api-Akupunktur“ (lateinisch apis, die Biene). Der Wirkmechanismus ist nicht bekannt [4].

Letztlich wurde auch bei lokalisierter Plaque-Psoriasis eine Studie mit Api-Therapie durchgeführt. 50 Patienten wurden randomisiert zu einer wöchentlichen Api-Therapie versus Placebo-Injektionen über 6 Monate. Tumornekrose-Faktor-α-Spiegel wurden gemessen. 92 % der Therapiegruppe zeigten eine komplette Abheilung, signifikant im Vergleich zur Placebogruppe [5].

Nicht in Leitlinien überprüft und noch nicht einmal in kleinen publizierten Pilostudien zu finden, ist die Behandlung mit Bienengift „pur“, bei der sich Patienten zur Schmerztherapie freiwillig stechen lassen. Die Methode findet bei Menschen, die unter Gelenkschmerzen leiden, immer mehr Anhänger. Arthritis, Fibromyalgie und Karpaltunnelsyndrom werden laut der „American Apitherapy Society“ behandelt. Üblich sind 100 – 250 Dollar für den Stich einer Biene. Die Frequenz der wiederholt verabreichten Stiche hänge vom Immunsystem des Patienten ab. Das erscheint gut nachvollziehbar, denn es ist naheliegend, dass sich so auch eine Bienengiftallergie heranzüchten lässt.

Bei Multipler Sklerose liegt eine kleine Studie vor, die keinen Effekt einer Therapie „mit Bienenstichen“ zeigte. Es fand sich kein Einfluss der Api-Therapie auf die Frequenz der Schübe bei 26 Studienpatienten [6].

Dermatologen und Rheumatologen kennen ungünstige Effekte von Bienenstichen bei Berufs-/Hobbyimkern auf die Gelenke, die Bienenzüchterarthropathie. Es handelt sich dabei um Gelenkbeschwerden, die mit der Lokalisation der Bienenstiche zusammenhängen. Gemessen wurden Synoviaverdickung, eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit und Gelenkdeformitäten. Die Bildgebung zeigte in diesen Fällen periartikuläre Weichteilschwellung, Knochensklerose, Knochenerosionen, subchonrale Zysten, Osteophyten und Verschmälerung des Gelenkspaltes. Die Ätiologie ist unklar und kann im Bienengift, aber auch in etwaigen Infektionen, dem Trauma oder einer Fremdkörpersynovitis zu finden sein. Das Krankheitsbild wird als Berufserkrankung angesehen [7].

Christiane Bayerl, Wiesbaden


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  • Literatur

  • 1 Cornara LC, Biagi M, Xiao J, Burlando B. Therapeutic properties of bioactive compounds from different honeybee products. Front Pharmacol 2017; 8: 412
  • 2 Park YC, Koh PS, Seo BK. et al. Long-term effectiveness of bee venom acupuncture and physiotherapy in the treatment of adhesive capsulitis: a one-year follow-up analysis of a previous randomized controlled trial. J altern Complement Med 2014; 20: 919-924
  • 3 Lim SM, Lee SH. Effectiveness of bee venom acupuncture in alleviating post-stroke shoulder pain: a systematic review and meta-analysis. J Integr Med 2015; 13: 241-247
  • 4 Cho SY, Park JY, Jung WS. et al. Bee venom acupuncture point injection for central post stroke pain: a preliminary single-blind randomized controlled trial. Complement Ther Med 2013; 21: 155-157
  • 5 Eltaher S, Mohammed GF, Younes S, Elakhras A. Efficacy of the apitherapy in the treatment of recalcitrant localized plaque psoriasis and evaluation of tumor necrosis factor-alpha (TNF-α) serum level: A double-blind randomized clinical trial. J Dermatolog Treat 2015; 26: 335-339
  • 6 Wesselius T, Heersema DJ, Mostert JP. et al. A randomized crossover study of bee sting therapy for multiple sclerosis. Neurology 2005; 65: 1764-1768
  • 7 Cuende E, Fraguas J, Pena F. et al. Beekeeper’s arthropathy. J Rheumatol 1999; 26: 2684-2690

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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

  • Literatur

  • 1 Cornara LC, Biagi M, Xiao J, Burlando B. Therapeutic properties of bioactive compounds from different honeybee products. Front Pharmacol 2017; 8: 412
  • 2 Park YC, Koh PS, Seo BK. et al. Long-term effectiveness of bee venom acupuncture and physiotherapy in the treatment of adhesive capsulitis: a one-year follow-up analysis of a previous randomized controlled trial. J altern Complement Med 2014; 20: 919-924
  • 3 Lim SM, Lee SH. Effectiveness of bee venom acupuncture in alleviating post-stroke shoulder pain: a systematic review and meta-analysis. J Integr Med 2015; 13: 241-247
  • 4 Cho SY, Park JY, Jung WS. et al. Bee venom acupuncture point injection for central post stroke pain: a preliminary single-blind randomized controlled trial. Complement Ther Med 2013; 21: 155-157
  • 5 Eltaher S, Mohammed GF, Younes S, Elakhras A. Efficacy of the apitherapy in the treatment of recalcitrant localized plaque psoriasis and evaluation of tumor necrosis factor-alpha (TNF-α) serum level: A double-blind randomized clinical trial. J Dermatolog Treat 2015; 26: 335-339
  • 6 Wesselius T, Heersema DJ, Mostert JP. et al. A randomized crossover study of bee sting therapy for multiple sclerosis. Neurology 2005; 65: 1764-1768
  • 7 Cuende E, Fraguas J, Pena F. et al. Beekeeper’s arthropathy. J Rheumatol 1999; 26: 2684-2690

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