PiD - Psychotherapie im Dialog 2018; 19(02): 111-114
DOI: 10.1055/a-0556-1442
Dialog Books
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bücher zum Thema

Katharina Gladisch
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Publication History

Publication Date:
04 June 2018 (online)

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Das Lachen der Täter: Breivik u. a. – Psychogramm der Tötungslust
Klaus Theweleit
Residenz 2015; 248 Seiten, 23,00 €
ISBN: 3701716374

Der Mörder wird in zahlreichen Filmen aber auch in der Literatur lachend oder zumindest lächelnd beschrieben. Der Cowboy im Western lacht ebenso häufig beim Töten laut auf, wie es in der Literatur und anderen Filmgenres bei Racheakten dargestellt oder beschrieben ist. Auch werden sowohl in aktuellen sowie in historischen Dokumenten Soldaten beschrieben, die einander ihre Gräueltaten im Kriegsgeschehen mit großer Heiterkeit und Sensationslust berichtet haben. Mit der hinter dem Lachen verborgenen Tötungslust setzt sich der Autor provokant aber auch kritisch auseinander. Anhand unterschiedlicher historischer und aktueller Beispiele wird in einer oftmals politisch oder religiös verwurzelten Begründung der jeweiligen Taten ein Fanatismus deutlich, der den „Körpertyp soldatischer Mann“ dazu veranlasst „massive Gewalteingriffe“ an der äußeren Welt zu vollziehen. Was bleibt ist das Gelächter, das sich in die Köpfe der Überlebenden einbrennt.

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Mord – Geschichten aus der Wirklichkeit
Hans-Ludwig Kröber
Rowohlt 2014; 256 Seiten, 9,99 €
ISBN: 349962849X

Auch wenn der Titel dieses Buches einen guten und spannenden Kriminalroman vermuten lässt, muss der Leser bezüglich des Genres enttäuscht werden. Der Autor, der u. a. als renommierter Kriminalgutachter tätig und bekannt ist, bietet ohne reißerische Ausführungen einen sachlich nüchternen Einblick in neun tatsächliche Ereignisse und Lebensgeschichten, die bis dato ganz normale Menschen zu Mördern werden ließen. Das vorliegende Buch ist kein forensisches Lehrbuch oder Nachschlagewerk. Dennoch möchte der Autor die interessierten Leser in Verführung bringen, die aufgeführten Geschichten zu analysieren, zu deuten oder gar versuchen zu wollen, eine Erklärung zu finden, allein um letztlich ernüchtert feststellen zu müssen, „wie widerständig die Wirklichkeit ist“. Ein spannendes, aber auch irritierendes Buch, das einen kleinen Einblick in „das Böse“ bietet, denn das Böse kann letztlich überall gefunden werden, auch dort wo es am wenigsten vermutet wird.

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Die Psychologie des IS – Die Logik der Massenmörder
Jan Kizilhan, Alexandra Cavelius
Europa 2016; 424 Seiten, 22,90 €
ISBN: 3958900461

Wie kann es dazu kommen, dass eine Ideologie jegliche Menschlichkeit und Empathie missen lässt? Im Buch sind Interviews zusammengestellt, die sowohl mit Überlebenden als auch mit Tätern geführt wurden, um die fremden und mitunter grausamen sadistischen Denk- und Lebensweisen des IS vorzustellen. So wird z. B. ebenso aus dem Leben eines Kindersoldaten berichtet, wie von der Geschichte einer Mutter, einer Koran-Schulung oder von Ibrahim, der eine Massenexekution überlebte. Das Buch ist in zehn Kapitel unterteilt, die je eine eigene Lebensgeschichte erzählen und den Leser so in eine Welt mitnehmen, die von Grausamkeiten aber auch von Menschlichkeit geprägt ist. Doch wie schmal ist der Grad, der die von uns definierte Zivilisation von ideologisch geprägten Aggressionen trennt? Und wie kann das Morden zu Gunsten stabiler, demokratischer Strukturen beendet werden? Dieser spannende Einblick in eine für uns fremde Welt macht nachdenklich und lädt ein, sich mit der Psychologie und der daraus entstehenden Logik der von Aggression und Gewalt geprägten Welt der Massenmörder auseinanderzusetzen.

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Über das Böse – Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik
Hannah Arendt
Piper 2007; 199 Seiten, 10,99 €
ISBN: 3492250637

Die Vorlesung in vier Teilen wurde von der Autorin selbst schriftlich ausgearbeitet und stellt einen wertvollen Teil ihres Nachlasses dar. Diese Vorlesung wurde gehalten, um amerikanischen Studenten eine Verbindung zwischen seiner Zeit aktuellen politischen Geschehnissen im eigenen Land und vergangenen Ereignissen aus Europa zu schaffen. Den Anstoß zu dieser Vorlesungsreihe bildeten ihre eigenen persönlichen Erfahrungen als Berichterstatterin beim Prozess gegen Adolf Eichmann. Die Vorlesung dient darüber hinaus einer Art der Selbstverständigung nach vorangegangenen Verunsicherungen und Erschütterungen. Arendt reflektiert über die Macht der Werte, über Ethik und Moral ebenso wie über die Frage nach Gut und Böse. Die Verknüpfung philosophischer Gedanken und Thesen mit seinerzeit konkreten sowie aktuellen politischen Ereignissen, verleiht dem Werk ein solides Fundament und dadurch eine besondere Bedeutung. Der gut und verständlich zu lesende Text hat bis heute nichts an seiner Aktualität verloren und lädt jeden interessierten Leser zur Auseinandersetzung damit ein.

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Das Böse. Essay über die Denkform des Unbegreiflichen
Ingolf U. Dalferth
Mohr Siebeck 2010; 215 Seiten, 24,00 €
ISBN: 9783161504891

„Das ist es, was das Nachdenken über das Böse herausfordert. Seine Wirklichkeit ist Provokation, sein Sinn das Problem.“

In diesem Essay analysiert der Religionsphilosoph Dalferth konsequent und umfassend Kategorien des Bösen, jedoch ohne auf die anzunehmende Theodizee-Problematik einzugehen oder sich durch moralphilosophische Begrenzungen einengen zu lassen. Über insgesamt acht Kapitel, die sich wiederum in einzelne Abschnitte untergliedern, reflektiert er die „Wirklichkeit vom Bösen“ aber auch die Frage nach der Bedingung von Gut und Böse, deren Kriterien sowie deren Sinn. Trotz der religionsphilosophischen Basis ist das Essay gut lesbar und ansprechend geschrieben. Es lädt dazu ein, sich mit der Thematik differenziert aber auch offen zu befassen. Die genaue Gliederung erlaubt es, einzelne Unterkapitel nachschlagen und überdenken zu können:

„Nicht nur dass, sondern wie man zwischen Gut und Böse unterscheidet, ist deshalb entscheidend.“

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Der freie Wille und die Schuldfähigkeit in Recht, Psychiatrie und Neurowissenschaften
Thomas Stompe , Hans Schanda, Hrsg.
MWV 2010; 250 Seiten, 44,95 €
ISBN: 3941468235

Gibt es einen freien Willen oder muss der freie Wille per se als eine illusionäre Idee des Menschen abgetan werden? Besitzt der Mensch tatsächlich die Freiheit, für seine Handlungen verantwortlich zu sein? Und welche Konsequenzen würden sich aus diesen Überlegungen für die Rechtsprechung ergeben? In diesem Buch aus der Wiener Schriftenreihe für Forensische Psychiatrie wird in 14 Beiträgen ein spannender, interdisziplinärer Dialog, nahezu ein Diskurs renommierter Experten dargeboten. Im ersten Teil des Buches, dem sechs Beiträge zugeordnet sind, wird die Grundlage des freien Willens nicht nur aus der Perspektive der Neuro- oder Rechtsphilosophie beleuchtet. Die acht Beiträge des zweiten Teils reflektieren die Frage nach dem freien Willen und der Schuldfähigkeit. In beiden Abschnitten des Werkes kommen Experten unterschiedlicher Fachgebiete und Professionen zu Wort. Das durchaus anspruchsvolle Werk, das bei aller Komplexität spannend zu lesen ist, lädt zum Nachdenken oder zur fachlichen Diskussion ein. Es ist weniger ein Nachschlagewerk für die berufliche Alltagspraxis als vielmehr geistige Nahrung mit philosophischem Anspruch und gehobenem Niveau.

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Handbuch der Antisozialen Persönlichkeitsstörung
Birger Dulz, Peer Briken, Otto F. Kernberg, Udo Rauchfleisch, Hrsg.
Schattauer 2016; 715 Seiten, 99,99 €
ISBN: 3794530632

Eugen Bleuler veröffentlichte 1916 in seinem historisch wegweisenden Lehrbuch, dass die psychopathische Störung nicht behandelbar sei und man sich also damit abfinden müsse. Trotz der Korrektur seiner Annahme in der elften Auflage seines Lehrbuchs, ruft die Diagnose der Antisozialen Persönlichkeit bei den meisten Kollegen immer noch eine deutliche Unsicherheit bezüglich der Behandlung hervor. Aus der Idee heraus, vorhandenes, aktuelles Wissen und Erfahrungen mit dieser Störung zusammenzustellen, ist dieses sehr umfassende Handbuch entstanden. Neben geschichtlichen Aspekten wird auf Grundlagen ebenso wie auf die Klassifikation, Diagnostik, Symptomatologie sowie auf die Therapie der Antisozialen Persönlichkeitsstörung eingegangen. Besonders bei der Therapie werden die unterschiedlichen Schulen und Ansätze der Autoren deutlich. Fallbeispiele sowie farblich abgehobene Merksätze, Tabellen, Abbildungen und Zusammenfassungen unterstreichen die dargestellten Inhalte. Im Anhang sind die Kriterien des ICD-10 und des DSM-5 zu finden, ebenso wie ein alternatives DSM-5-Modell für Persönlichkeitsstörungen. Das Buch eignet sich für alle interessierten Kollegen, die nicht länger an die Unbehandelbarkeit einer Störung glauben wollen.

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Das Böse behandeln
Nahlah Saimeh
MWV 2013; 238 Seiten, 19,95 €
ISBN: 3954660571

Das Buch aus der Eikelborner Schriftreihe zur Forensischen Psychiatrie möchte den Dialog um die Frage, ob „das Böse“ behandelbar ist, anregen. Was kann eine relevante Zielsetzung der Forensischen Psychiatrie sein, im Besonderen dann, wenn sich sowohl die Definition als auch daraus resultierend die Behandelbarkeit des „Bösen“ als schwierig oder vielleicht sogar als unmöglich erweist? Die Vorträge von renommierten Experten unterschiedlicher Fachbereiche, die in 16 Kapitel zusammengetragen sind, bieten einen Einblick in die forensische Arbeit als auch in damit verbundene Fragestellungen. Sowohl die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen im Maßregelvollzug, die Gutachtensituation, die Kostenfrage, die sozialtherapeutische aber auch die forensisch-psychiatrische Nachsorge bis hin zur Prävention werden in jeweils eigenen Kapitel fachlich und wissenschaftlich fundiert beleuchtet und diskutiert. Auch die mitunter destruktive Dynamik im forensischen Kontext wird konstruktiv reflektiert. Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Autoren, die jeweils ihren eigenen Still eingebracht haben, lädt das Buch nicht nur Kollegen, die im forensischen Kontext tätig sind, zum Lesen und Nachschlagen sowie zum Nachdenken und Diskutieren ein.

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Umgang mit Menschen im Maßregelvollzug
Andrea Trost, Stefan Rogge
Psychiatrie-Verlag 2016; 160 Seiten, 17,95 €
ISBN: 3884146335

Die in einer forensischen Klinik tätigen Autoren stellen in diesem gut lesbaren Buch ein kompaktes und zugleich praxisnahes Grundlagenwissen zusammen. In acht Kapiteln wird auf wichtige Aspekte eingegangen, z. B. die juristischen Grundlagen, das therapeutische Milieu, die Beziehungsgestaltung im forensischen Kontext, den multiprofessionellen Behandlungskontext oder den Umgang mit Aggression und Gewalt sowie das Einbeziehen der Angehörigen. Wichtige Passagen sind markiert und hervorgehoben, Abbildungen verdeutlichen den in dem Textabschnitt erläuterten Inhalt. Darüber hinaus werden unterstützend Beispiele aus der Praxis angeboten, wobei der Aufbau und das Erhalten einer positiv-konstruktiven Grundhaltung in der forensischen Arbeit ein erkennbares Anliegen der Autoren ist. Das Nachschlagen relevanter Inhalte wird durch fettgedruckte Stichworte, die mit einer Markierung versehen sind, ebenso erleichtert wie durch die auf den nach innen geklappten Umschlagseiten abgedruckten Informationen, die zudem mit Seitenzahlen versehen sind. Dieses Buch aus der Praxis für die Praxis geschrieben und bietet ein übersichtlich gestaltetes, hilfreiches Nachschlagewerk quasi im Taschenformat für den forensischen Alltag.