Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2016; 44(02): 94-104
DOI: 10.15654/TPK-150290
Originalartikel
Schattauer GmbH

Auswirkungen der endoskopischen Sterilisation auf das Fortpflanzungs- und Paarbindungsverhalten von Stadttauben (Columba livia)

Artikel in mehreren Sprachen: deutsch | English
E. Heiderich
1   Tierpark Bern, Bern, Schweiz
2   Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
K. Failing
3   Institut für Biomathematik, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
M. Lierz
2   Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
B. Schildger
1   Tierpark Bern, Bern, Schweiz
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Publikationsverlauf

Received: 28. April 2015

Accepted after major revision: 20. März 2015

Publikationsdatum:
20. Dezember 2017 (online)

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Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel: Die unkontrollierte Vermehrung der Stadttauben (Columba livia) und die resultierenden ständig wachsenden Taubenpopulationen verursachen in vielen Städten zahlreiche Probleme. Ziel dieser Studie war, die Auswirkung der endoskopischen Sterilisation auf das Fortpflanzungsverhalten von Stadttauben unter Versuchsbedingungen zu evaluieren. Damit sollte eine mögliche Verwendung der chirurgischen Sterilisation als Mittel zur Populationsregulierung überprüft werden. Material und Methoden: Fünf Gruppen zu je vier Taubenpaaren wurden über insgesamt 8 Wochen vor und 7 Wochen nach der Sterilisation beobachtet. Beim ersten Paar jeder Gruppe wurden jeweils beide Partner sterilisiert, beim zweiten Paar nur das Weibchen und beim dritten Paar nur das Männchen. Das vierte Paar diente als Kontrollpaar. Alle gelegten Eier wurden durchleuchtet, um die Befruchtung der Eier zu überprüfen. Ergebnisse: Die chirurgische Sterilisation hatte keine negativen Auswirkungen auf das Verhalten der Tauben, die einer möglichen Anwendung dieser Methode als Mittel zur Populationsregulierung unter Feldbedingungen entgegenstehen würden. Die Paarbindung sowie die Besetzung und Verteidigung der angestammten Nistplätze blieb bei allen Paaren bestehen. Nur ein Weibchen kopulierte zeitweise mit einem fremden fertilen Männchen aus der Gruppe, während ihr eigentlicher Partner nach dem chirurgischen Eingriff aufgrund eines reduzierten Allgemeinbefindens kein sexuelles Interesse an ihr hatte. Nach seiner Erholung kopulierte das Weibchen nur noch mit ihm. Alle Eier von Paaren mit sterilisiertem Männchen waren unbefruchtet, während alle Eier der Kontrollpaare befruchtet waren. Lediglich bei einem Paar fand sich 5 Tage nach der Sterilisation des Männchens ein fertiles Gelege. Es wird vermutet, dass die Männchen nach der Sterilisation durch gespeicherte Spermien noch eine gewisse Zeit befruchtungsfähig bleiben. Schlussfolgerung: Insgesamt scheint die Einbindung der endoskopischen Sterilisation in ein Konzept zum Taubenmanagement ein sehr vielversprechender Ansatz für die langfristig erfolgreiche Regulierung von Stadttaubenpopulationen zu sein, wobei die alleinige Sterilisation männlicher Tiere offenbar ausreicht.