Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2015; 43(05): 287-295
DOI: 10.15653/TPG-150227
Übersichtsartikel
Schattauer GmbH

Aspekte einer evidenzbasierten Therapie klinischer Mastitiden

Evidence-based aspects of clinical mastitis treatment
E. M. Mansion-de Vries
1   Hochschule Hannover, Fakultät II – Maschinenbau und Bioverfahrenstechnik
2   Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Klinik für Rinder
,
M. Hoedemaker
2   Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Klinik für Rinder
,
V. Krömker
1   Hochschule Hannover, Fakultät II – Maschinenbau und Bioverfahrenstechnik
› Author Affiliations
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Publication History

Eingegangen: 01 April 2015

Akzeptiert nach Revision: 17 June 2015

Publication Date:
09 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Die Mastitis ist eine der häufigsten und kostenintensivsten Erkrankungen der Milchrinder. Die Entscheidung über die Therapie klinischer Mastitiden erfolgt meist ohne Kenntnis der Ätiologie und ist dadurch nur bedingt evidenzbasiert. Die evidenzbasierte Medizin beruht im Wesentlichen auf der Kombination des eigenen klinischen Sachverstands mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Diese Erkenntnisse sind in der Mastitistherapie meist erregerabhängig, weshalb bei einer evidenzbasierten Therapieentscheidung die Erregeridentifizierung als Basis für die Berücksichtigung wissenschaftlich geprüfter Therapiekonzepte dienen sollte. Die Arbeit gibt auf der Basis einer Literatur-zusammenfassung Hinweise für die evidenzbasierte Therapie klinischer Mastitiden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass bei der Mastitistherapie unabhängig vom Erreger immer eine antiphlogistische Therapie mit einem nichtsteroidalen Antiphlogistikum durchgeführt werden sollte. Die Wahl der antibiotischen Therapie ist jedoch sehr vom mastitisverursachenden Erreger, dem klinischen Bild und dem Tier abhängig. Grundsätzlich sollte die lokale antibiotische Mastitistherapie bei leichten und moderaten Mastitiden gewählt werden. Zu bedenken ist aber, dass der Nutzen einer antibiotischen Therapie bei Coliformen-Infektionen fragwürdig ist und es bei Kenntnis des Erregers durchaus vertretbar scheint, den Verzicht auf eine Antibiose in Erwägung zu ziehen. Bei schweren, also fiebrigen Mastitiden sollte eine parenterale Antibiose gewählt werden. Eine Verlängerung der antibiotischen Therapie über die in der Regel vom Hersteller empfohlene dreimalige Gabe hinaus erwies sich lediglich bei Streptokokken-Infektionen als sinnvoll. Die Entscheidung über eine verlängerte antibiotische Behandlung sollte deshalb erst nach Kenntnis des mastitisverursachenden Erregers getroffen werden. Bei der Wahl des Wirkstoffs sollte – hinsichtlich der Therapie von Staphylokokken oder Streptokokken – auf Schmalspektrum-Antibiotika aus der Gruppe der Penizilline zurückgegriffen werden.

Summary

Mastitis is one of the most common and expensive diseases in dairy cattle. The decision to treat clinical mastitis is usually made without any knowledge of the etiology, and can therefore only be evidence-based to a limited extent. Evidence-based medicine relies essentially on a combination of one’s own clinical competence and scientific findings. In mastitis therapy, those insights depend mostly on pathogen-specific factors. Therefore, in evidence-based therapeutic decision making the pathogen identification should serve as a basis for the consideration of scientifically validated therapeutic concepts. The present paper considers evidence-based treatment of clinical mastitis based on a literature review. The authors conclude that an anti-inflammatory treatment using an NSAID should be conducted regardless of the pathogen. However, the choice of an antibiotic therapy depends on the mastitis causative pathogen, clinical symptoms and the animal itself. In principle, a local antibiotic treatment should be chosen for mild and moderate mastitis. It should be noted, that the benefit of an antibiotic therapy for coliform infections is questionable. With knowledge concerning the pathogen, it appears entirely reasonable to refrain from an antibiotic therapy. For severe (i. e. feverish) mastitis, a parenteral antibiotic therapy should be selected. An extension of the antibiotic therapy beyond the manufacturer’s information is only reasonable for streptococcal infections. It is important to make the decision on a prolonged antibiotic therapy only with the knowledge of the mastitis-causative pathogen. In terms of the therapy of a staphylococcus or streptococcus infection, a narrow-spectrum antibiotic from the penicillin family should be adopted when selecting the active agents.