Aktuelle Ernährungsmedizin 2008; 33 - A8_2
DOI: 10.1055/s-2008-1079432

Einfluss von Medikamenten auf das Geschmacksempfinden geriatrischer Patienten

S Maluck 1, K Kucz 1, O Kohl 2, D Hanrieder 1, M Wiese 3, A Weimann 4
  • 1Fachbereich Ökotrophologie, Hochschule Anhalt, Bernburg
  • 2Forschung und Entwicklung, Clinica Wirtschafts- und Catering Systeme GmbH und Co. KG, Düsseldorf
  • 3Fachbereich Akutgeriatrie, Klinikum St. Georg gGmbH, Leipzig
  • 4Abt. Klinische Ernährung der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum St. Georg gGmbH, Leipzig

Einleitung: Geriatrietypische Ursachen für Mangelernährung sind u.a. Inappetenz und Einnahme von Medikamenten, welche Geschmackswahrnehmungsstörungen hervorrufen.

Diese Medikation hat zur Folge, dass Speisen nicht richtig wahrgenommen werden, die Lust am Essen und Trinken nachlässt.

Methodik: Am Klinikum St. Georg Leipzig wurden 265 geriatrische Patienten evaluiert.

169 Patienten (Gruppe1) im Alter von 82±7 (Range 61–100) erhielten Medikamente, welche das Geschmacksempfinden nachweislich beeinflussen.96Patienten (Gruppe 2) im Alter von 84±8 Jahren (Range 59–95) nahmen keine geschmacksbeeinflussenden Medikamente zu sich. Als Vergleichsgruppe wurden 150 Gesunde mit einem Durchschnittsalter von 60±7 (Range 49–71) herangezogen. Zur Erfassung des Ernährungszustandes diente der MNA™. Zusätzlich wurde das Geschmacksempfinden der Probandengruppen mittels „three-alternative-forced-choice“ Methode untersucht. Hierbei konnten die Wahrnehmungsschwellen (WS) der Grundqualitäten: süß, salzig, sauer, bitter & umami ermittelt werden. Statistik: Mann-Whitney-U-Test (p<0.01)

Ergebnisse: Die MNA™Ergebnisse für die 169 Patienten zeigten, dass im Mittel 17 (Range3–26) Pkt. erzielt wurden. 49,7% lagen unter 17Pkt., signifikant niedriger als die Gesunden, welche im Mittel 25,5 (Range 17–29) Pkt. aufwiesen. Die 96 Patienten erzielten 17,5 (Range 5–26) Pkt. Für den Geschmackstest zeigten die 169 geriatrischen Patienten signifikant erhöhte WS für süß, salzig, sauer, bitter & umami:

Tab.1: WS Gruppe 1 vs. Gesunde

GQ

WS Gruppe1

WS Gesunde

süß

6 (3–8)n=128

4 (2–8)n=150

salzig

6 (3–8)n=127

3 (2–7)n=150

sauer

6 (2–8)n=120

4 (2–7)n=149

bitter

7 (5–8)n=116

5 (3–8)n=149

umami

7 (5–8)n=114

6 (4–8)n=145

Tab.2: WS Gruppe 1 vs. Gruppe 2

GQ

WS Gruppe1

WS Gruppe2

süß

6 (3–8)n=128

6 (3–7)n=78

salzig

6 (3–8)n=127

6 (3–8)n=77

sauer

6 (2–8)n=120

6 (3–8)n=72

bitter

7 (5–8)n=116

7 (3–8)n=69

umami

7 (5–8)n=114

7 (5–8)n=68

Beim Vergleich, Patienten mit geschmacksbeeinflussenden Medikamenten vs. Patienten ohne diese, konnte kein signifikanter Unterschied für die WS festgestellt werden.

Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass die Geschmacksveränderungen des geriatrischen Patienten mehr dem Alter und der Erkrankung, als den Medikamenten zuzuschreiben ist. Es wurde nachgewiesen, dass das Geschmacksempfinden der geriatrischen Patienten herabgesetzt ist. Eine den geschmacklichen Besonderheiten angepasste Ernährung könnte ein Ansatz sein, um der verminderten Nahrungsaufnahme im Alter entgegen zu wirken.