Aktuelle Ernährungsmedizin 2008; 33 - A4_3
DOI: 10.1055/s-2008-1079415

Pflegebedarf und pflegerische Interventionen bei Mangelernährung

A Tannen 1, R Halfens 2, N van Nie-Visser 2, T Schütz 3, T Dassen 4
  • 1Institut für med. Soziologie, AG Pflegerische Versorgungsforschung, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • 2Department of Heath Care and Nursing Science, Universiteit Maastricht (Niederlande)
  • 3Medizinische Klinik, Gastroenterologie, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • 4Institut für

Medizin-/Pflegepädagogik & Pflegewissenschaft, Charité Universitätsmedizin Berlin

Einleitung: Ein schlechter Ernährungszustand kann mit erhöhter Komorbidität und verlängerter Genesungszeit einhergehen. Folge kann eine Verschlechterung geistiger oder körperlicher Funktionen sein, was wiederum zu einer erhöhten Pflegebedürftigkeit führt. Rechtzeitiges Erkennen eines defizitären Ernährungszustands und Sicherstellen einer adäquaten Nahrungszufuhr gehören in den Verantwortungsbereich von Pflegekräften. Sowohl über das Ausmaß des Pflegebedarfs bei der Nahrungsaufnahme als auch über das pflegerische Versorgungsangebot in deutschen Kliniken und Pflegeheimen gibt es kaum vergleichbare Daten.

Ziel dieser multizentrischen Studie in stationären Einrichtungen des Gesundheitswesens war es, zu untersuchen, wie viele Patienten Unterstützungsbedarf bei der Nahrungsaufnahme haben und wie viele Patienten vorbeugende/kompensierende Interventionen bezüglich Ernährungs- und Flüssigkeitsdefiziten erhalten.

Methode: Jährlicher Survey zu Pflegeproblemen in Krankenhäusern (KH) und Pflegeheimen (PH). Bundesweit werden alle Einrichtungen informiert, die Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Das Pflegepersonal füllt bei allen zustimmenden Patienten einen standardisierten Fragebogen aus. Das ernährungsbedingte Risiko wird mittels des MUST bestimmt.

Resultate: 2007 beteiligten sich 29 PH (n=2393, 81% Frauen, 83,4 [sd:10,6] Jahre) und 22 KH (n=4080, 55% Frauen, 64,5 [sd:17,2] Jahre) mit einer Rücklaufquote von 85% (PH) bzw. 67% (KH). Tägliche pflegerische Unterstützung bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme benötigen 32% der Krankenhaushauspatienten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Innerhalb der PH waren 76% der Bewohner hinsichtlich „Essen und Trinken“ pflegeabhängig. Ein mittleres und hohes Risiko gemäß MUST hatten 20% (PH) bzw. 19,2% (KH) der Befragten. Der Anteil an Patienten mit ernährungsbedingtem Risiko, welche eine ernährungsbezogene Pflegeintervention erhalten ist in den PH (50%) höher als in den KH (21%). Mit zunehmendem Risiko steigt der Anteil an Patienten, welche entsprechende Maßnahmen erhalten. Dennoch bekommen mehr als 1/3 der Betroffenen keine entsprechenden Pflegeinterventionen.

Schlussfolgerung: Ein erheblicher Anteil an Krankenhauspatienten und ein noch größerer Anteil an Pflegeheimbewohnern benötigt pflegerische Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme. Deutlich Defizite gab es bei geleisteten Interventionen zur Vorbeugung/Behebung von Ernährungs- und Flüssigkeitsdefiziten. Besonders innerhalb der KH besteht Optimierungsbedarf.