Aktuelle Ernährungsmedizin 2008; 33 - A2_4
DOI: 10.1055/s-2008-1079405

Jodid-Substitution in der Schwangerschaft. Beratung und Einnahmepraxis. Ergebnisse einer multizentrischen Wöchnerinnen-Studie

S Röhl 1, B Schücking 1
  • 1Universität Osnabrück, Gesundheitswissenschaften, Forschungsschwerpunkt Maternal

Einleitung: Der Jodbedarf steigt ab der 10./12. SSW auf 230µg Jod pro Tag Vor dem Hintergrund des Einflusses einer bedarfsgerechten Jodversorgung auf den Schwangerschaftsverlauf, die fetalen Entwicklung sowie der mütterlichen und kindlichen Schilddrüsengesundheit wird Schwangeren und Stillenden die Substitution von 100 bis 150µg Jodid pro Tag empfohlen.

Methoden: In der multizentrischen, BMBF-geförderten Studie wurden 1200 Wöchnerinnen in zwei Erhebungszeitpunkten hinsichtlich der Beratung zur Jodversorgung und Jodsubstitution sowie die tatsächliche Jodzufuhr während der Schwangerschaft befragt.

Ergebnisse: Von den befragten Wöchnerinnen haben 60% eine direkte Substitutionsempfehlung erhalten. 70% haben Jodid-Tabletten während der Schwangerschaft eingenommen. Von den Frauen, die eine Empfehlung zur Jodsubstitution erhalten haben, substituieren 92%.

Ein höchst signifikanter Zusammenhang besteht zwischen Bildungsstand und ärztlicher Empfehlung zur Substitution. Danach wird Frauen mit niedrigem Bildungsstand die Einnahme von jodhaltigen Präparaten in deutlich geringerem Umfang empfohlen.

Bezüglich des Zeitpunktes der Information über einen graviditätsbedingt erhöhten Jodbedarf, zeigt sich, dass 25% aller befragten Frauen keine Information erhielten oder erst im letzten Trimenon informiert bzw. durch die Studienteilnahme sensibilisiert wurden.

Unterschiede zwischen Jod-substituieren und nicht-substituierenden Frauen bestehen hinsichtlich der Merkmale: Bildungsstand, Alter, BMI, Rauchverhalten, Kenntnisstand zum Thema Jod in Lebensmitteln. Dem gegenüber ist der wichtigste Einflussfaktor auf die Jodsubstitution die direkte frauenärztliche Empfehlung. Zudem ist der Informationszeitpunkt über den erhöhten Jodbedarf in der Schwangerschaft wesentlich. Beide Faktoren klären in der logistischen Regression 50% der Varianz auf.

Schlussfolgerungen: Vor dem Hintergrund, dass die graviditätsbedingte Erhöhung des Jodbedarfes in der 10. bis 12. SSW beginnt, ist die hier abzuleitende Zeitdauer der mangelhaften Jodversorgung unter Umständen für Mutter und Kind erheblich.

Die Beratung zur Jodsubstitution ist, wenn sie durchgeführt wird, sehr effektiv. 9 von 10 Frauen nehmen bei erfolgter frauenärztlicher Empfehlung jodhaltige Präparate während der Schwangerschaft ein. Ansätze für eine Verbesserung der Jodversorgung von Schwangeren sind danach der Empfehlungsumfang sowie der Informationszeitpunkt, wobei Frauen mit niedrigem Bildungsstand eine besonders vulnerable Gruppe bilden.