Hintergrund: Im Rahmen einer Valproinsäure (VPA)-Intoxikation kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen
kommen, meist hepatotoxischer, neurologischer oder hämatopoetischer, selten kardialer
oder hämodynamischer Art. Über die fetale und postpartale VPA-Metabolisierung und
–elimination gibt es nur wenige Daten, vereinzelt existieren Fallberichte über neonatologische
Intoxikationen. Primäre (Carbo medicinalis) und sekundäre (Hämoperfusion, -filtration,
-dialyse und Hämodiafiltration) Detoxikationsmöglichkeiten stehen zur Verfügung, sind
aber wenig evaluiert. Falldarstellung: Aufgrund einer vorbekannten Epilepsie mit peripartaler Zunahme der Absencen bei Astrozytomrezidiv
erhielt die Mutter akzidentell eine erhöhte VPA-Dosis (12g, maximaler Serumspiegel
295µg/ml, therapeutischer Bereich 50–100µg/ml). Etwa fünf Stunden später (maternaler
VPA-Spiegel retrospektiv zwischen 147 und 74,7µg/ml) erfolgte nachts die eilige Sectio
eines Frühgeborenen (31+6 SSW, Gewicht 1790g, APGAR 6/9/9, NA-pH 7,34). Postpartal
entwickelte das Mädchen eine Vorhoftachykardie bis 270/min. Bei respiratorischem Versagen
bei RDS 4° erfolgte eine Surfactantsubstitution, bei arterieller Hypotonie eine Dopamingabe.
Unter Adenosin demaskierte sich die Rhythmusstörung kurz als Vorhofflattern von einer
2:1- auf eine 5:1-Überleitung. Bei weiter bestehender Tachykardie trotz Propafenon
(als Therapieversuch vor indizierter elektrischer Kardioversion) erfolgte im Inkubator
am beatmeten Kind in Rechtsseitenlage die Kardioversion mit einem Joule (ventrodorsale
Positionierung der auf Kindergröße reduzierten Paddels). Anschließend etablierte sich
ein altersentsprechend normofrequenter Sinusrhythmus. Auffällig war nach Extubation
am fünften Lebenstag eine persistierende Vigilanzstörung und Muskelhypotonie. Der
maximal gemessene VPA-Serumspiegel lag bei 93,6µg/ml (37 Stunden postpartal, Initialblut
stand für einen postpartalen Messwert leider nicht mehr zur Verfügung), nach 15 Tagen
lag er noch bei 4µg/ml. Hepatotoxische oder hämorrhagische Nebenwirkungen traten nicht
auf. Ein Vitium cordis wurde echokardiographisch ausgeschlossen. Auf eine sekundäre
Detoxikation (z.B. Peritonealdialyse) wurde verzichtet. Nach dem weiteren kardial
und neurologisch unauffälligen Verlauf konnte das Mädchen in altersentsprechend normalem
Allgemeinzustand entlassen werden. Diskussion: Anamnestisch-klinisch gab es retrospektiv keine andere schlüssige Erklärung für diese
bei Frühgeborenen als Rarität zu bezeichnende Rhythmusstörung als die maternale VPA-Überdosierung,
zumal bekannt ist, dass der fetale Serumspiegel in etwa gleicher Höhe mit dem maternalen
korreliert. Hier auffällig und in der Literatur bislang wenig beschrieben ist die
Kinetik der gegenüber Kindern und Erwachsenen erheblich verlangsamten VPA-Elimination
bei Frühgeborenen. Als erschwert aber dennoch durchführbar gestaltete sich die Kardioversion
im Inkubator.