Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P128
DOI: 10.1055/s-2008-1079031

Vital bedrohliche Hypokaliämie bei Erstmanfestation eines Diabetes mellitus mit schwerer diabetischer Ketoazidose

S Amawi 1, K Adam 1, G Kellner 1, N Holzgartner 1, S Weitzel 1, H Vielhaber 1
  • 1Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin – Perinatalzentrum, Kliniken Nordoberpfalz AG, Klinikum Weiden, Weiden i. d. OPf.

Berichtet wird von einer bedrohlichen Hypokaliämie bei schwerer Ketoazidose im Rahmen der Diabetes mellitus Erstmanifestation eines 15-jährigen Patienten. Anhand dieser Kasuistik werden Pathophysiologie und Therapie diskutiert. Einführung: Ein geringer Anteil der Erstmanifestationen eines Diabetes mellitus verlaufen auch heute noch unter dem Bild einer schweren Ketoazidose. Im Jugendalter wird diese häufiger als Folge von Non-Compliance gesehen. Bis heute hat die Ketoazidose eine Mortalität bis 0,31%. In diesem Zusammenhang wird insbesondere an die Komplikation des Hirnödems (0,3–1%) erinnert. Relativ selten werden dagegen potentiell lebensbedrohliche Hypokaliämien bereits vor Therapiebeginn beobachtet. Kasuistik: 15-jähriger somnolenter, ausgezehrter Patient aktuell seit ca. zehn Tagen erkrankt mit fieberhafter Pharyngotonsillitis und zunehmender Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Bei Einlieferung massiver Acetonfötor, Kussmaulsche-Atmung (BGA: pH 6,98; pCO2 10,5mmHg; BE -27,3mmol/l; HCO3- 6,2mmol/l), Serum-Blutglukose 852mg/dl, RR 140/60mmHg. Die Therapie wurde umgehend mit initialem 0,9%igem NaCl-Bolus, peripherer Kaliumsubstitution und kontinuierlicher Insulinzufuhr begonnen. Das initiale Serum-Kalium lag bei 1,9mmol/l, das Serum-Natrium bei 127mmol/l und das Serum-Kreatinin bei 1,21mg/dl. Im Rahmen der intensivmedizinischen Überwachung erfolgten engmaschige Elektrolytkontrollen. Kurze Zeit nach Aufnahme wurden zunächst einzelne monomorphe ventrikuläre Extrasystolen registriert, die im weiteren von polymorphen ventrikulären Extrasystolen abgelöst wurden. Gleichzeitig bestanden eine AV-Überleitungsverzögerung sowie diffuse Erregungsausbreitungs- und Repolarisations-störungen. Unter Intensivierung der Kaliumsubstitutionstherapie konnte das Serum-Kalium erst nach ca. zehn Stunden auf über 3mmol/l stabilisiert werden. Bis dahin wurden insgesamt ˜200 mmol Kalium verabreicht. Die intravenöse Insulinsubstitution wurde erst bei Erreichen eines Serumkalium von 3mmol/l fortgesetzt. Eine Pufferung erfolgte nicht. Mit Ausgleich des Kaliumdefizites zeigte sich eine Rückbildung der Extrasystolie und der Erregungsausbreitungsstörungen. Schlussfolgerung: Durch Kalium-Shift sind bei ausgeprägter Azidose die Kalium-Werte eher erhöht. Eine Hypokaliämie bei diabetischer Ketoazidose ist demnach Zeichen eines massiv erniedrigten Kaliumbestandes, der zu bedrohlichen kardialen Komplikationen führen kann und zur Mortalität der Ketoazidose beiträgt. Unter Insulintherapie kommt es zu einer Verstärkung der Hypokaliämie. Es gilt daher, das Kaliumdefizit erst konsequent auszugleichen. Die intravenöse Insulintherapie sollte erst nach Erreichen eines Serumkaliumspiegels von 3,3mmol/l begonnen werden.