Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P103
DOI: 10.1055/s-2008-1079007

Kloakendysgenesie – Sequenz: seltene Ursache einer letalen Lungenhypoplasie bei einem Frühgeborenen

M Bendiks 1, A Uebler 1, C Moorthi 1, E Raedler 1, A von der Wense 1
  • 1Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg

Einleitung: Die Kloakendysgenesie ist mit einer geschätzten Inzidenz von 1:50 000 bis

1:250 000 eine seltene angeborene Fehlbildung. Ein Teil der betroffenen Feten entwickelt durch eine frühe, schwer verlaufende obstruktive Uropathie die Sequenz von Oligo-/Anhydramnie und Lungenhypoplasie. Wir berichten über eine besondere Konstellation mit Analatresie, rektourethraler Fistel und schwerer Urethralstenose, bei der trotz normaler Nierenfunktion eine Anhydramnie und Lungenhypoplasie vorlag. Anamnese und klinischer Befund: Bei einem männlichen Feten wurde pränatal bei erweiterten und flüssigkeitsgefüllten Darmschlingen der Verdacht auf eine tiefe intestinale Atresie gestellt. Zusätzlich bestand eine Anhydramnie ohne Blasensprung. Die Geburt erfolgte per Sectio caesarea bei vorzeitiger Wehentätigkeit und Muttermundseröffnung nach 33+5 SSW. Postnatal fielen äußerlich ein sehr kleiner Thorax, ein deutlich distendiertes Abdomen, eine Analatresie und eine Stenose des Meatus urethrae mit prall gefüllter Blase auf. Bei massiver Tachydyspnoe erfolgte eine frühe Intubation. Diagnostik: Das Röntgenbild des Thorax zeigte beidseits kleine, minderbelüftete Lungen und einen Pneumothorax rechts. Sowohl im Röntgen als auch in der Sonographie des Abdomens waren dilatierte Darmschlingen mit massenhaft körnigem, kalkdichten Material im Sinne einer Enterolithiasis darstellbar. Die Sonographie des Urogenitaltrakts ergab eine Dilatation der Harnblase und der Ureteren, aber beidseits normal große Nieren mit unauffälligem Parenchym ohne Erweiterung des Nierenbeckens oder Kelchsystems.

Verlauf: Nach Anlage eines suprapubischen Katheters lag eine normale Diurese vor; über einen endständigen Anus praeter wurde flüssiger Stuhl mit Konkrementen ausgeschieden. Begrenzend für die Prognose war die Lungenhypoplasie: trotz Surfactantgaben, Hochfrequenzoszillation und NO-Zufuhr blieb der Oxygenierungsindex immer über 40 und es kam zu rezidivierenden Pneumothoraces, einem Pneumomediastinum und Pneumoperitoneum. Der Patient starb am 5. Lebenstag an den Folgen eines Pneumoperikards. Die Obduktion bestätigte das Vorliegen einer Lungenhypoplasie, Urethralstenose und Analatresie mit rektourethraler Fistel sowie normal angelegter und entwickelter Nieren mit regelrechtem Kelchsystem. Schlussfolgerungen:

  • Bei den bisher publizierten Fällen von Kloakendysgenesie und Lungenhypoplasie wird die Pathogenese über eine schwere obstruktive Uropathie ähnlich wie bei der Pottersequenz postuliert. In unserem Fall lag aber eine normale Nierenfunktion vor, da der Urin über die rektourethrale Fistel in den Darm abfließen konnte.

  • Die Anhydramnie entstand dennoch wegen der hochgradigen Urethralstenose. Zusätzlich kann das stark erweiterte Abdomen zur Entstehung der therapie-refraktären Lungenhypoplasie beigetragen haben.