Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P100
DOI: 10.1055/s-2008-1079004

Diagnose eines Nabelschnurtumors und die postnatale Manifestation einer neonatalen Hämangiomatose

E Eilers 1, E Gottschalk 2, HN Lode 3, A Loui 1, A Pohl-Schickinger 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Charite, Centrum 17, Campus Virchow Klinikum und Campus Benjamin Franklin, Berlin
  • 2Klinik für Geburtsmedizin, Charite, Centrum 17, Berlin
  • 3Klinik für Allgemeine Pädiatrie und KMT, Charite, Centrum 17, Berlin

Einleitung: Eine neonatale Hämangiomatose ist ein sehr seltene Erkrankung des Neugeborenen, bei der es sowohl zu kutanen als auch viszeralen Manifestationen kommen kann. Die klinische Präsentation ist sehr variabel, die Hämangiome können in den ersten Wochen postnatal an Zahl und Größe deutlich zunehmen. Pränatal gesehene Nabelschnurhämangiome sind äußerst selten und nur wenige Fälle sind in der Literatur beschrieben. Es scheint aber eine Assoziation zwischen Nabelschnurhämangiomen und der postnatalen Manifestation von Hämangiomen beim Kind zu geben. Kasuistik: Wir berichten über eine 23-jährige I Gravida I Para, die sich mit 39+0 SSW in der Geburtshilfe vorstellte. Im Ultraschall wurde ein Nabelschnurtumor von etwa 12cm x 5cm x 6cm Größe gesehen, der vom plazentaren Ansatz der Nabelschnur ausging. Es zeigte sich eine Wachstumsretardierung des Kindes. Nach 40+2 SSW wurde per Sektio bei pathologischem CTG ein Mädchen geboren, APGAR 8/9/10, NapH 7,27. Geburtsgewicht (2475g), Körperlänge (47cm) und Kopfumfang (32,5cm) lagen auf der 3. Perzentile. Klinisch zeigten sich multiple thorakale, kraniale, faziale Hämangiome, ebenso Manifestationen am Lid und am Rücken. In den am 2. Lebenstag durchgeführten Ultraschalluntersuchungen von Kopf und Abdomen konnten keine kranialen oder viszeralen Manifestationen nachgewiesen werden. Sämtliche Laborparameter waren im Normbereich. Die pathologisch Untersuchung des Nabelschnurtumors erbrachte das Ergebnis eines juvenilen Hämangioms. Im Verlauf wurde das Kind zweimalig einer Lasertherapie der Herde am Thorax und im Gesichtsbereich unterzogen. Das Hämangiom am linken Augenlid wurde bei zunehmender Ausbreitung auch in den Orbitatrichter chirurgisch entfernt. Die histopathologische Untersuchung zeigte auch hier den Befund eines juvenilen Hämangioms. Am 30. Lebenstag fiel eine ausgeprägte Anämie auf (minimaler Hkt 16%), die eine mehrfache Transfusion von Erythrozytenkonzentraten notwendig machte. Die Größe und die Anzahl der Hämagiome war deutlich progredient, es traten Hämangiome in Gehirn, Leber und Milz auf. Darmblutungen wiesen auf eine Beteiligung der Darmschleimhaut hin, auch wenn endoskopisch kein Herd sichtbar war. Aufgrund der ausgeprägten Progredienz und der intrakraniellen Beteiligung wurde eine Therapie mit mehreren Zyklen Cyclophosphamid (10mg/kg über 7 Tage) und Steroiden (2mg/kg/die) durchgeführt. Nach 6 durchgeführten Zyklen stagniert der Befund derzeit. Diskussion: Wird pränatal ein Nabelschnurhämangiom gesehen, sollte das Kind sowohl engmaschig überwacht werden. Pränatal, um die hämodynamische Wirsamkeit eines Nabelschnurhämangioms zu überwachen. Postnatal, da die Ausbreitung der Hämangiome auch noch Wochen nach der Geburt beginnen kann. So kann frühzeitig der Versuch einer Chemotherapie unternommen werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es allerdings nur einzelne Fallberichte einer erfolgreichen Behandlung.