Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P83
DOI: 10.1055/s-2008-1078987

Ependymopathia granularis bei einem Frühgeborenen von 26 Gestationswochen

D Faas 1, D Klauwer 1, G Alzen 2, M Hügens-Penzel 3, A Reiter 1, K Kuchelmeister 4, M Heckmann 1
  • 1Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-v.-Liebig-Universität, Gießen
  • 2Kinderradiologie, Zentrum für Radiologie, Gießen
  • 3Neuroradiologie, Zentrum für Radiologie, Gießen
  • 4Institut für Neuropathologie, Zentrum für Labordiagnostik und Pathologie, Gießen

Hintergrund: Die Differentialdignose einer Ventrikulitis bei Frühgeborenen umfasst Hirnblutung, Infektion und onkologische Erkrankungen. Eine ungewöhnlich starke posthämorraghische Entzündungsreaktion im Sinne einer Ependymopathia granularis wurde bisher nicht beschrieben.

Fallbericht: Wir berichten über ein Frühgeborenes von 26+2 Gestationswochen, das aufgrund ansteigender Entzündungsparameter der Mutter, vorzeitiger Wehen und pathologischem CTG per Sectio caesarea entbunden wurde. APGAR 6/8/8, art. Nabelschnur pH 7,4. Ein Amnioninfektionssyndrom lag bei negativen systemischen Entzündungsparametern nicht vor. Am 5. Lebenstag (LT) wurde bei vermehrten Apnoen und eine Therapie mit Ceftazidim und Vancomycin begonnen. Am 1. LT Nachweis einer IVH Grad II linksseitig, welche im weiteren Verlauf nicht progredient war. Am 13. LT zeigte sich sonografisch erstmals eine Ventrikulitis mit Echogenitätsanhebung der Seitenventrikelbegrenzung und intraventrikulären Vegetationen bds.. Die Apnoeneigung nahm zu, eine intermittierende invasive Beatmung war notwendig. EEG-Untersuchungen waren im Verlauf unauffällig. Wiederholte Untersuchungen aus Blut und Liquor (Serologie, Kultur und PCR auf (atypische-) Bakterien, Pilze und Viren) blieben ohne Erregernachweis. Unter Therapie mit Vancomycin, Cefotaxim und Ceftazidim, Voriconazol und Amphotericin B bis zum 22. LT zeigte sich eine deutliche Progredienz der intraventrikulären Vegetationen. Ein MRT am 18. LT zeigte Residuen einer IVH und eine Signalanhebung der Ventrikelbegrenzungen im Sinne einer Begleitreaktion. Durch mehrere zytopathologische Liquoruntersuchungen konnte eine onkolgische Erkrankung ausgeschlossen werden. Die sonografisch gesteuerte Punktion der Vegetationen ergab dass neuropathologische Bild glialen Gewebes mit Siderophagen und somit die Diagnose einer ungewöhnlich ausgeprägten posthämorraghischen Entzündungsreaktion im Sinne einer Ependymopathia granularis. Innerhalb von 13 Wochen heilten die intraventrikulären Vegetationen bis auf einen kleinen periventrikulären zystischen Defekt vollständig ab. Ein Kontroll-MRT im chronologischen Alter von 6 Monaten ergab eine vollständige Resitutio, die neurologische Untersuchung und Entwicklungstestung nach Griffith im korrigierten Alter von 3 Monaten ergab ein Entwicklungsalter von 2½ Monaten.

Schlussfolgerung: Bei Auftreten einer ausgeprägten Ventrikulitis mit Ausbildung von Vegetationen nach intraventriuklärer Blutung bei Frühgeborenen muss nach Ausschluss einer Infektion oder einer onkologischen Erkrankung auch eine aspetische überschießende posthämorraghische Entzündungsreaktion mit dem histologischen Korrelat einer Ependymopathia granularis, in Erwägung gezogen werden.