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DOI: 10.1055/s-2008-1078981
Konnataler Hirntumor bei einem Frühgeborenen als Ursache einer ausgedehnten fetalen Hirnblutung
Hintergrund: Ursachen fetaler Hirnblutungen sind häufig Störungen im Gerinnungssystem oder Gefäßmalformationen. Wir berichten über ein Frühgeborenes mit fetaler intrakranieller Blutung, deren Ursache, ein konnataler Hirntumor, erst bei der Obduktion diagnostiziert werden konnte. Fallbeschreibung: Eine 34-jährige Erstgravida (GA 32+1 SSW) stellte sich mit Sturzanamnese vor 2 Tagen und jetzt fehlenden Kindsbewegungen vor. 4 Wochen zuvor sei eine Ultraschalluntersuchung unauffällig gewesen. Die fetale Ultraschalluntersuchung zeigt eine massive bilaterale Ventrikeleinblutung mit Makrozephalie. Bei silentem CTG erfolgte der Entschluss zur Sectio am selben Tag. Bei der Erstversorgung war das Kind kreislaufstabil musste jedoch wegen fehlender Eigenatmung intubiert und beatmet werden. Der APGAR Score war 4/4/5, das Geburtsgewicht betrug 2810g (> P95), der Kopfumfang 37,5cm (+4,1cm> P95). Im weiteren Verlauf konnte keine suffiziente Eigenatmung beobachtet werden. Bildgebung: 1. Ultraschall intrauterin: massive bilaterale Ventrikeleinblutung mit nach kaudal verdrängten infratentoriellen Hirnstrukturen, 2. MRT intrauterin: bihemispherische Blutung Seitenventrikel und 3. Ventrikel massiv dilatiert, Mittellinienverlagerung nach links, 3. Sono Schädel postnatal: ausgeprägtes subdurales Hämatom rechts, ML deutlich nach links verlagert, massive Parenchymeinblutung links, 4. CCT: intraventrikuläre Blutung links, rechtsseitig Subduralhämatom mit hyperdensem Septum sowie V.a. ausgedehnte intrazerebrale Blutung rechts. Bei unverändertem klinischen Zustand und fehlenden neurochirurgischen Interventionsmöglichkeiten wurde die intensivmedizinische Therapie im Einvernehmen mit den Eltern am 9. Lebenstag beendet. Bei der neuropathologischen Aufarbeitung zeigte sich ein rechtshemispherisch gelegener klein-, rund-, und blauzelliger Tumor, der das Markerprofil eines supratentoriellen primitiven neuroektodermalen Tumors (PNET) trug und als Ursache für die ausgedehnten Infarzierungen und Blutungen anzusehen war. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bestanden bereits ausgedehnte Resorptionszeichen, so dass dieser Prozess mehrere Tage bis Wochen vor der Geburt seinen Ausgang genommen haben musste. Diskussion: Bei Vorliegen einer perinatalen Hirnblutung muss immer auch an einen Tumor als Ursache gedacht werden. Primitive Neuroektodermale Tumoren sind hochmaligne Keimzelltumoren, die einen Anteil von 1–2% an den Hirntumoren im Kindesalter haben und zu 80% im Kleinhirn lokalisiert sind. Eine supratentorielle Lokalisation wird nur in ca. 13–20% der Fälle beschrieben. Die Diagnose eines konnatalen PNET ist eine Rarität, über die derzeit nur vereinzelte Fallberichte existieren. Die Annahme der Mutter, ein Sturz sei ursächlich für die vorliegende Massenblutung des Feten gewesen, konnte postmortem widerlegt werden, so dass die neuropathologische Aufarbeitung auch zur Entlastung der Eltern in Bezug auf die Schuldfrage beitragen konnte.