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DOI: 10.1055/s-2008-1078976
Hypoglykämiehäufigkeit bei hypotrophen Neugeborenen und eine Hypothese zur Blutzuckerüberwachung postpartum
Hintergrund: Für die Blutzuckerüberwachung bei hypotrophen reifen Neugeborenen gibt es keine Leitlinie, im Gegensatz zum Vorgehen bei Kindern diabetischer Mütter. Aus der Analyse der Hypoglykämieinzidenz und -verteilung einer Kohorte hypotropher NG soll versucht werden, eine Hypothese zum BZ-Screening abzuleiten. Methode: Reife NG mit einem Geburtsgewicht (GG) <10. Perzentile des Jahrgangs 2004 der Abteilung Neonatologie Tübingen wurden evaluiert. Die Hypoglykämien (Tag 1 <35mg/dl, Tag 2 <45mg/dl) und die Anzahl, Art und Menge der Nahrung wurden retrospektiv an den Tagen 1–3 aus den Krankenakten erhoben. Nach damaliger interner Leitlinie wurden alle Kinder mit Frühfütterung (8×10/20/30ml Hydrolysatnahrung) an den Tagen 1/2/3 versorgt, die Blutzucker wurden am 1. Lebenstag (LT) 1 Std. postpartum und dann vor jeder Mahlzeit (MZ), am 2. LT vor jeder 2. und am 3. LT vor jeder 3. MZ gemessen (Point-of-Care-Messung mit Gerät Hemocue). Die statistische Auswertung erfolgte am Institut für Biometrie. Ergebnis: 152 hypotrophe NG wurden ausgewertet. Bei 51 NG wurden insgesamt 110 Hypoglykämien gemessen. 45 NG (45/152; 30%) wurden wegen Hypoglykämie und aus anderen Gründen parenteral mit Glucose substituiert und daher ausgeschlossen. Von 107 NG, die ausschließlich enteral ernährt wurden, traten bei 27 (25%) insgesamt 37 Hypoglykämien auf: In den Stunden 1–12 waren es 18 (49%), in den Std. 12–36 9 (24%), in den Std. 36–48 bzw. 48–72 je 5 (14%). Bei 12 NG traten nur am Tag 1, bei 8 nur am Tag 2, bei 2 an Tag 1 und 2, bei je 1 an Tag 2 und 3 bzw. an allen drei Tagen, und bei 3 NG ausschließlich am Tag 3 Hypoglykämien auf. Wenn nach 2 Tagen ohne Hypoglykämie am 3. Tag keine BZ mehr gemessen würden, so wären 3 NG (2,8%) übersehen worden (95% KI: 0,6%-8,0%). Allerdings war bei 2 Kindern das Fütterungsintervall mit >4 Std. zu lang gewesen, beim dritten Kind war die gestillte Milchmenge nicht dokumentiert. Schlussfolgerung: Trotz Frühfütterung kommt es bei hypotrophen NG vereinzelt zu Hypoglykämien. Ungefähr die Hälfte der Hypoglykämien trat in dieser Serie in den ersten 12 Stunden auf, am 3. Tag war die Inzidenz einer erstmalig aufgetretenen Hypoglykämie 2,8%. Bei normalen BZ an Tag 1 und 2 würde das Beenden der Überwachung also einen Fehler von 0,6–8,0% (95% KI) bedeuten. Ein Vorschlag für ein prospektives Studiendesign könnte deshalb sein: Konsequentes Einhalten der Frühfütterungsregel und eine BZ-Überwachung zur Stunde 1, 3, 6, 9, 12, danach 6-stündlich bis Stunde 48, und nur fakultativ am 3. Tag (9-stündlich).