Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P64a
DOI: 10.1055/s-2008-1078968

Perinatale Versorgung drogenabhängiger Mütter und ihrer Kinder. Eine Pilotstudie an zwei Münchner Sustitutionspraxen

A Rößlein 1, M Backmund 2, R Kästner 1, O Genzel-Boroviczény 1
  • 1Neonatologie, Perinatalzentrum Innenstadt der Universitätskinderklinik des Klinikums der Universität München, München
  • 2Krankenhaus München – Schwabing, München

Hintergrund: Etwa 30–40.000 Kinder in Deutschland haben opiatabhängige Eltern. Wenig ist bekannt über Impfstatus, die Nutzung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchung und die langfristige medizinische Versorgung nach der Geburt. Fragestellung: Ist die ambulante medizinische Betreuung der Kinder und der Mütter vor und nach der Geburt gewährleistet? Material und Methoden: Geplant ist die Befragung von etwa 59 Patientinnen aus zwei Münchner Substitutionspraxen mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. Die Befragung erfolgt anhand eines standardisierten Fragebogens zu Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und aktueller Situation. Außerdem werden der Mutterpass, das Gelbe Kinderheft und der Impfpass hinsichtlich Vollständigkeit und einiger medizinischer Daten ausgewertet. Die Befragung bezieht sich in dieser Querschnittstudie immer auf das jüngste Kind. Ergebnisse: Bei insgesamt 121 Patientinnen haben 59 mindestens ein Kind (49%). Davon wurden bis jetzt 16 befragt. Das mittlere Alter der Mütter lag bei 36,7 Jahren (±5,2), das der Kinder bei 8,0 Jahren (±4,8). Fünf der Mütter (31%) kommen selbst aus Familien mit Drogengebrauch. Der Mutterpass (MP) lag bei 4, das Gelbe Kinderheft (GKH) bei 8 und der Impfpass (IP) bei 6 der Patientinnen vor. Die Auswertung des MP ergab eine mittlere Schwangerschaftsanzahl von 2,4 (±1.1), bei einer mittleren Geburtenanzahl von 1,6 (±0,7), einer mittlere Abortanzahl von 0,1 (±0,2) und einer mittleren Interruptionsanzahl von 0,8 (±0,6). Bei 4 der 8 vorliegenden GKH waren die U Untersuchungen vollständig, bei 3 Kindern gab es Auffälligkeiten im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen. Die Impfungen waren bei 5 von 6 Kindern vollständig. Der Fragebogen ergab, dass 11Mütter (69%) in der Schwangerschaft Suchtmittel konsumierten und 10 (68%) sich während der Schwangerschaft in suchtmedizinischer Betreuung befanden. Bei Geburt waren 8 (50%) drogenfrei, 3 (19%) drogenabhängig und 5 (31%) in Substitutionsbehandlung. Bezogen auf die Unterstützung nach der Geburt wurde am häufigsten der Kinderarzt angegeben (69%), während die wenigsten (19%) eine Nachsorgehebamme hatten. Bei der Benotung der einzelnen unterstützenden Angebote nach der Geburt führt der Kinderarzt mit 1,5, am schlechtesten schneidet die städtische Kinderkrankenschwester ab (2,4). Die restlichen Ergebnisse: Nachsorgehebamme (2,3), Sozialdienst (2,0), Frauenarzt (1,6), Substitutionsarzt (2,0), Drogenberatung (2,0). 5 (31%) der Mütter leben in einer festen Beziehung mit dem Vater des Kindes oder sind mit ihm verheiratet, in 69% (10) der Fälle ist oder war der Vater auch drogenabhängig. 63% der Kinder (10) leben hauptsächlich bei ihrer Mutter oder ihrem Vater, 19% (3) bei Angehörigen oder Verwandten, 19% (3) bei Pflegeeltern. Schlussfolgerung: Systematische Datenerhebungen bei sozialen Randgruppen sind bisher nicht erfolgt. Ohne solchen Daten können sinnvolle unterstützende Maßnahmen nicht geplant werden.