Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - PV11
DOI: 10.1055/s-2008-1078872

Kriterien für die sekundäre Intubation und Surfactanttherapie bei Frühgeborenen <29 SSW mit Atemnotsyndrom

H Fuchs 1, W Lindner 1, S Schmid 1, H Hummler 1
  • 1Sektion Neonatologie und päd. Intensivmedizin, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm

Hintergrund: Nichtinvasive Beatmung (CPAP, Rachen-IMV) kann die Häufigkeit von Intubation und invasiver Beatmung sowie deren Nebenwirkungen bei Frühgeborenen (FG) reduzieren, verzögert aber bei einem Teil der FG die Surfactanttherapie. Fragestellung: Sind aus dem Verlauf der PCO2- und FiO2-Werte von FG, die mit nichtinvasiver Beatmung bei zurückhaltenden Intubationskriterien behandelt wurden, Grenzen ableitbar, die eine frühzeitige Identifikation der FG erlauben, die eine Surfactanttherapie benötigen? Methode: Retrospektive Analyse der ersten 48 Lebensstunden aller FG <29 SSW, die 2006 und 2007 in einem Perinatalzentrum nach Geburt primärversorgt wurden. [Intubationskriterien im Kreissaal nach respiratorischer Initialtherapie: HF<100, FiO2≥0,6 (SpO2-Ziel: 80%), Apnoen, prophylaktische Surfactantgabe bei FG<25 SSW] Verlauf der PCO2 und FiO2-Werte auf der Intensivstation, Zeitpunkte für Intubation und selektive Surfactanttherapie. [Indikationen auf der Intensivstation zur selektiven Surfactanttherapie: FiO2≥0,6 oder FiO2≥0,5 mit ausgeprägter Dyspnoe oder PCO2≥65mm Hg (SpO2-Zielbereich: 80–92%)]. Ergebnisse: Von 137 FG [GA: 26,1 (23,0–28,9 SSW); Median (Min.-Max.)] wurden im Kreissaal 58 FG (42%, GA 25,3 SSW) intubiert und mit Surfactant behandelt. 79 FG (58%, GA 26,7 SSW) wurden mit nichtinvasiver Beatmung stabilisiert. Von diesen wurden 39 FG (49% von 79, GA 26,3 SSW) im Median 7,3h nach der Aufnahme auf die Intensivstation wegen RDS intubiert. 40 FG (29% von 137, GA 27,2 SSW) benötigten keine Intubation wegen RDS. Eine Intubationsgrenze mit FiO2 von ≥0,35 bzw. ≥0,4 bzw. ≥0,45 (jeweils 1h) hätte zu 7 (9%) bzw. 4 (5%) bzw. 3 (4%) zusätzlichen Intubationen geführt. Die Intubationen aufgrund von RDS wären im Median um 5,3h bzw. 4,4h bzw. 4h vorgezogen worden. Eine Intubationsgrenze mit einem PCO2 (mmHg) ≥50 bzw. ≥55 bzw. ≥60hätte zu 17 (22%) bzw. 7 (9%) bzw. 3 (4%) zusätzlichen Intubationen geführt. Dadurch wäre die Intubation wegen RDS um 5,2h bzw. 3,3h bzw. 0h vorgezogen worden. Fazit: FG mit einem GA <29 SSW, die in den ersten 48h keine Intubation, Beatmung und Surfactanttherapie benötigen, haben selten einen FiO2-Bedarf von ≥0,4. Bei einem FiO2 von 0,6 als Intubationsgrenze wird die Intubation im Vergleich zu einem FiO2 von 0,4 nur selten verhindert.