Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - FV15
DOI: 10.1055/s-2008-1078802

Kardiorespiratorische Überwachung und Känguruhing

B Gharavi 1, M Nelle 1
  • 1Neonatologie, Medizinische Universitäts-Kinderklinik, Inselspital, Bern, Schweiz

Einleitung: In vielen neonatologischen Abteilungen ist Känguruing Teil einer familienorientierten Pflege. Dabei liegt das Kind in Bauchlage mit „Haut zu Haut“ Kontakt auf der Brust eines Elternteils. Die kardiorespiratorische Überwachung frühgeborener Kinder mittels Monitor wird dabei fortgesetzt. Fallbericht: Mutter 38J, 5G/2P. Geburt mit 33 + 2 SSW durch sekundäre Sectio caesarea bei BEL und mütterlicher Infektion bei vorzeitigem Blasensprung. APGAR 7/7/9. GG 2260g (Perc.:60), KL 46cm (Perc.:60), KU 32.5cm (Perc.:70). Na-pH 7.27. Regelrechte kardiopulmonale Adaptation. Klinische Untersuchung: Reine HT, 2/6 Systolikum über Erb, normoaktives Präkordium, Pulse allseits palpabel. Keine Atemnotzeichen, Abdomen weich, keine Hepatosplenomegalie. Keine Dysmorphie oder Dysproportion. Hoden bds. palpabel. Anus orthotop. Spontanmotorik unauffällig. Grosses Hämatom am Rücken, kleines Hämatom am Schienbein li. bei schwieriger Kindsentwicklung. Schädelsonogramm: Leichte Hyperechogenität occipital beidseits, sonst unauffällig. Neugeborenen-Screening: unauffällig. Labor: pH 7.37, PCO2 40mm Hg, BE -1.2mmol/l, PO2 60mm Hg, Na 135mmol/l, K 4.6mmol/l, Ca (ionisiert) 1.2mmol/l, BZ 4.3mmol/l, Laktat 1.30mmol/l. Erythrozyten 5.75 TPt/l, Hb 218g/l, HK 0.62, Thrombozyten 215 GPt/l, Leukozyten 19.4 GPt/l, I/T: 0.21, CRP 1mg/l, Bilirubin 149µmol/l. Quick 48%, PTT 59s. Therapie: PEN mit Glucose, Aminosäuren, NaCl und Ca-Gluconat. Verlauf: Am 1. Lebenstag am Monitor Beobachtung von Extrasystolen während der Känguruings über 1h. Diskussion: Zahlreiche Untersuchungen befassen sich mit den Vor- und Nachteilen der Känguruh-Pflege. Unter anderem wurde eine hämodynamische, respiratorische und thermale Stabilität während der Kängurupflege nachgewiesen. Die Stilldauer wird verlängert, Stillrate und Milchproduktion erhöht. Während des Känguruings fühlen sich Eltern verantwortlich für die Gesundheit und das Überleben ihres Kindes. Dieser enge Einbezug der Eltern stärkt die Bindung. Eine am Monitor beobachtete Extrasystolie bei frühgeborenen Kindern führt gewöhnlich zu einer Reihe von Laboruntersuchungen und der Durchführung eines EKG. Die Analyse des EKGs, unauffällige Laborparameter aber auch die spontane Terminierung der Extrasystolen unseres Patienten nach Rückverlagerung in das Wärmebett sprechen für ein durch den Herzschlag der Kindsmutter produziertes Artefakt mit Überleitung der maternalen Herzfrequenz auf das kindliche EKG. Schlussfolgerung: Während des Känguruhings sollten die Monitorelektroden auf dem Rücken des Kindes befestigt werden, da bei Kleben an der Brust des Kindes Atmung und Herzschlag der Eltern fälschlich als kindliche Atmung bzw. Herzaktion registriert werden. Hierdurch können Apnoen und Bradykardien nicht oder zu spät erkannt bzw. der Herzschlag der Eltern am Monitor als Extrasystolen interpretiert werden. Beunruhigung der Eltern und unnötige Diagnostik kann dadurch vermieden werden.