Zusammenfassung
Fragestellung: Die Schulterdystokie stellt nach wie vor einen schweren geburtshilflichen Notfall
dar, der auch bei sachgerechter Reaktion der Geburtshelfer bleibende Schäden beim
Neugeborenen hervorrufen kann. Daher kommt den Möglichkeiten einer Vorhersage große
Bedeutung zu. Material und Methoden: Anhand eines Kollektivs von 53 Kindern, die innerhalb von 11 Jahren in Worms nach
Schulterdystokie geboren wurden, wurde aufgrund der vorhandenen Ultraschall-Biometrie-Maße
der Zusammenhang zwischen einer BIP-Thorax-Diskrepanz > 14 mm sowie anderen geburtshilflichen
Parametern und den geburtshilflichen Manövern zur Entwicklung untersucht. Ergebnisse: Mit der klassischen Ultraschall-Biometrie werden die meisten Kinder in Terminnähe hinsichtlich
ihres Geburtsgewichtes unterschätzt. Bei Vorliegen einer BIP-Thorax-Diskrepanz fanden
sich im retrospektiv ausgewerteten Schulterdystokiekollekiv alle schweren Kindsentwicklungen
durch innere Rotationsmanöver in dieser Gruppe sowie alle Azidosen und reduzierten
Apgar-Werte, während die anderen Kinder allein durch das McRoberts-Manöver geboren
werden konnten. Das mittlere Geburtsgewicht unterschied sich nicht in beiden Gruppen.
Damit ergibt sich retrospektiv ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Biometrie
und dem geburtshilflichen Verlauf. Ferner ergaben sich Hinweise darauf, dass der Status
der Mehrgebärenden eher ein Risiko für als ein Schutz vor Schulterdystokie ist. Schlussfolgerung: Die sonografisch einfach zu bestimmende BIP-Thorax-Diskrepanz kann geburtsmechanisch
problematische Geburtsverläufe ankündigen. Daher ist aus unserer Sicht die Durchführung
einer Sonografie bei Geburtsbeginn mit Erhebung dieses einfach zu bestimmenden Parameters
unbedingt erforderlich.
Abstract
Purpose: Shoulder dystocia represents a severe obstetric emergency with the risk of injury
to the newborn even in cases with adequate reactions by the obstetrician. Therefore,
the potential benefit of early diagnosis is obvious. Material and Methods: Using the cases of 53 newborns out of 14 193 births within 11 years we have analysed
the association between a BIP-thoracic diameter difference greater 14 mm and the obstetric
manoeuvres for foetal birth. Results: With classic foetal ultrasound biometry, most of the birth weights near or beyond
term were underestimated. In the group with a BIP-thoracic diameter difference greater
than 14 mm, all the obstetric manoeuvres with internal rotation of the baby were found
as well as all cases of foetal acidosis and reduced Apgar scores, whereas the other
babies were born after McRoberts manoeuvre alone. The medium birth weight was not
different between the two groups. Therefore, the obstetric procedures as well as the
foetal outcome are dependent on foetal biometry. Multiparae do have greater risks
for complicated shoulder dystocia compared with primiparae. Conclusion: A BIP-thoracic diameter difference of greater than 14 mm is able to predict probable
difficult courses of birth. This means that, from our point of view, ultrasonography
close before delivery is an obligate necessity.
Schlüsselwörter
Schulterdystokie - Ultraschallbiometrie
Key words
shoulder dystocia - foetal ultrasound biometry
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Prof. Dr. med. T. Hitschold
Frauenklinik · Klinikum Worms gGmbH
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