Einleitung: Der Ausschluss nächtlicher Hypoglykämien erfordert nächtliche Blutzuckermessungen.
Ob das Stellen eines Weckers und die mit dem Aufwachen verbundene Stress-Reaktion
die Blutzuckerwerte verfälschen kann, ist nicht bekannt. Deshalb sollte untersucht
werden, ob die nächtlichen Blutzucker-Profile sich unterscheiden, wenn ein Wecker
neben dem Bett den Patienten für die Blutzuckerselbstmessung mehrfach weckt, oder
wenn eine versierte Pflegekraft schonend eine Blutprobe zur Messung gewinnt.
Methodik: 30 Patienten mit Typ-1-Diabetes (21Männer, 9 Frauen) wurden untersucht. Das Alter
betrug 49±13J, der Body-Mass-Index 27.7±4.2kg/m2. Der Diabetes war seit 24±11 Jahren bekannt; die Behandlung erfolgte mit Insulinpumpe
(n=9) oder ICT (n=21) mit einer Insulin-Tagesdosis von 42.7±17.6 IE. Alle Patienten
wurden an drei Nächten (randomisierte Reihenfolge) untersucht. In einer Nacht ließen
sich die Patienten um 2 und 4 Uhr von einem Wecker wecken, um selbst eine Blutprobe
für eine Blutzucker-Messung zu gewinnen. In der anderen Nacht kam eine versierte Nachtschwester
möglichst störungsfrei in das Einzelzimmer, um mit wenig Lautstärke und Schmerzreiz
eine Blutprobe zu entnehmen. Zwischen beiden Versuchen lag die dritte Nacht ohne Störungen
durch Blutzuckermessungen. Über die gesamte Zeit waren die Patienten mit einer kontinuierlichen
Glucosemessung (CGM, GlucoDay® S, A. Menarini Diagnostics) ausgestattet, die über
bis zu 2×48h Aufzeichnungen liefern sollte. Die Glucosemessungen mittels CGM von –5min
(vor) bis 30min (nach) dem Termin für das Wecken wurden mittels Varianzanalyse für
Messwiederholungen (Statistica 5.0, Statsoft, Hamburg) analysiert. A=Versuch; B=Zeitverlauf;
AB=Interaktion von beidem.
Ergebnisse: Wenn die Patienten sich gegen 2 und 4 Uhr wecken ließen, stieg der CGM-Glucosewert
innerhalb von 9min um 15.7±6.3mg/dl bzw. 17.7±6.6mg/dl an, während bei Blutentnahme
durch das Pflegepersonal die Anstiege 4.8±4.5 bzw. 0.3±3.7mg/dl betrugen. Die Unterschiede
im Anstieg der GewebsGlucosekonzentration in Abhängigkeit von der Form der Blutentnahme
waren signifikant (2 Uhr: A: p=0.74; B: p<0.0001; AB: p<0.0001; 4 Uhr: A: p=0.11;
B: p=0.0003; AB: p=0.021). In Nächten ohne Intervention wurden keine Glucoseanstiege
um diese Uhrzeiten verzeichnet.
Schlussfolgerungen: Das Wecken zum Zweck einer Blutzucker-Selbstmessung führt zu einem nennenswerten
vorübergehenden Anstieg der Glucosekonzentration, vermutlich im Rahmen einer Stress-Reaktion.
Diese Reaktion kann bei schonender Blutentnahme durch versiertes Pflegepersonal weitgehend
vermieden werden, so dass der Nachweis erbracht ist, dass die unter stationären Bedingungen
ermittelten Blutglucosewerte objektiv eine höhere Richtigkeit aufweisen. Eine kontinuierliche
Glucosebestimmung mit dem GlucoDay® S ermöglicht die Erfassung solcher Zusammenhänge.