Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A148
DOI: 10.1055/s-2008-1076295

Die Glucoseabhängigkeit von Stimulatoren der Insulinsekretion – Die Rolle der Depolarisation

M Willenborg 1, I Rustenbeck 1
  • 1Institut für Pharmakologie und Toxikologie/Technische Universität Braunschweig, Braunschweig, Deutschland

Fragestellung: Die biphasische Antwort auf einen konstanten Nährstoffstimulus ist ein physiologisches Charakteristikum der Insulinsekretion. Ein Verlust der ersten Phase gilt als typisches Zeichen des Typ-2-Diabetes. Eine populäre Hypothese besagt, dass die erste Phase durch die Ca2+-induzierte Fusion von unmittelbar sekretionsfertigen Granula bedingt ist, zum Auslösen der ersten Phase also lediglich das Öffnen spannungsabhängiger Ca2+-Kanäle notwendig ist. Allerdings war mit KATP Kanal-schließenden Imidazolinen trotz hinreichender Depolarisation und messbarem Anstieg der freien cytosolischen Ca2+-Konzentration ([Ca2+]i) nur eine minimale Sekretion auszulösen, wenn die Glucosekonzentration basal war. Deshalb war die Rolle der Depolarisation für die Auslösung der ersten Phase zu überprüfen.

Methodik: Das Membranpotential von normalen B-Zellen der NMRI-Maus wurde mittels Patch Clamping im konventionellen whole-cell Modus und im perforated-patch Modus gemessen. Die [Ca2+]i wurde mittels Fura-2 Mikrofluorimetrie von kultivierten NMRI-Inseln erfasst. Die Kinetik der Insulinsekretion wurde mittels Umströmung von frisch isolierten NMRI-Inseln und ELISA des fraktionierten Eluats gemessen.

Ergebnisse: Im whole-cell Modus wurde die Konzentrationsabhängigkeit der Kalium-induzierten Depolarisation charakterisiert. 40mM KCl war nahezu maximal effektiv (von -71,4 auf -29,4 mV), die EC50 lag bei 15 mM. An metabolisch intakten B-Zellen (perforated-patch Modus) waren die Potentiale um 5,8 mV vermindert, der Betrag der Depolarisation jedoch nahezu gleich(42,0 vs. 41,2 mV). 500µM Tolbutamid lösten im Vergleich eine Depolarisation um 41,9 mV aus. 15mM KCl löste einen deutlichen Anstieg der [Ca2+]i in Gegenwart von 5 mM Glucose aus. Es kam jedoch nur zu einer marginalen Erhöhung der Insulinsekretion, erst mit Erhöhung der Glucosekonzentration von 5 auf 10mM war eine erstphasenartige Sekretionsantwort auszulösen, die deutlich stärker war als unter Kontrollbedingungen (in Abwesenheit von KCl). 40mM KCl führte in Gegenwart von 5 mM Glucose zu einem überschiessenden Anstieg der [Ca2+]i und danach einem konstant erhöhten Plateau der [Ca2+]i. Dem entsprach ein sofortiger massiver Anstieg der Insulinsekretion, der jedoch nach 10min in einen stetigen Abfall überging. Erhöhung der Glucosekonzentration von 5 auf 10mM bewirkte jetzt lediglich einen transienten Anstieg der Sekretion. Cyclopiazonsäure, ein Hemmstoff der Ca2+-Akkumulation im endoplasmatischen Retikulum senkte das [Ca2+]i Plateau in Gegenwart von 40mM KCl, nicht jedoch von 15mM KCl.

Schlussfolgerung: Nur die Depolarisation durch 40 mM KCl, nicht aber durch 15 mM KCl löst einen erstphasenartige Insulinsekretionsanstieg bei basaler Glucosekonzentration aus. Die zusätzliche Beeinflussung von intrazellulären Calciumspeichern scheint für diesen Unterschied wesentlich zu sein. Die Ausbildung der ersten Phase der Insulinsekretion scheint nicht durch einen fixen Pool sekretionsfertiger Granula bedingt.