Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO3_11
DOI: 10.1055/s-2008-1075806

Kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ – eine Rarität mit extrem schlechter Prognose

M Wehling 1, M Heubner 1, B Aktas 1, S Kasimir-Bauer 1, R Kimmig 1, P Wimberger 1
  • 1Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe – Universitätsklinikum Essen), Essen

Einleitung: Ein kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ ist eine sehr seltene Entität, die weder den malignen Keimzelltumoren noch dem epithelialen Ovarialkarzinom zuzuordnen ist. Diese Entität betrifft typischerweise jüngere Frauen. In der Literatur sind bisher nur vereinzelt Fälle dieses Subtyps beschrieben (Erstbeschreibung 1982). Die umfassendste Publikation über einen Zeitraum von 15 Jahren berichtet weltweit über 17 Fälle (FIGO I – IIIC). Hierbei kamen unterschiedliche Therapieregime zum Einsatz: Fertilitätserhalt versus radikales operatives Staging, adjuvante Radiatio und platinhaltige Kombinationschemotherapie. Das mediane Progressionsfreie Überleben betrug 22 Monate (range 0–71 Monate) und das mediane Gesamtüberleben war bei 26 Monate (range 2–71 Monate). 4 Patientinnen überlebten länger als 5 Jahre bei einem medianen Follow-up von 13 Monaten (Harrison ML et al. Gyn Onc 2006;100:233–238).

Fallbericht: Die 25-jährige 0G stellte sich vor mit einem glatt berandeten, zystisch-soliden 12×12cm großen rechtsseitigen Adnextumor ohne Beschwerdesymptomatik und ohne Aszites. Die Tumormarker CA12–5, CA72–4, AFP und CEA waren alle normwertig. Im Rahmen einer operativen Laparoskopie wurde die einseitige Adnexektomie durchgeführt. In der endgültigen Histologie zeigte sich ein kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ (ED 10/06). 10 Tage nach ED wurde die Komplettierungsoperation im Sinne einer Explorativlaparotomie mit Adnexektomie links, Hysterektomie, Omentektomie, Peritonektomie und radikaler pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie durchgeführt, wobei eine makroskopische Tumorfreiheit erzielt werden konnte. Die endgültige Tumorklassifikation lautete FIGO IIB, pT2b, pN0 (0/48), G3. Im Knochenmark und im Blut ließen sich vor und nach adjuvanter Chemotherapie keine Cytokeratin-positiven disseminierten Zellen nachweisen. Adjuvant wurden 6 Zyklen einer Chemotherapie mit Cisplatin 30mg/m2 KOF und Etoposid 100mg/m2 KOF Tag 1–3, 3-wöchentlich verabreicht (11/06–03/07) in Anlehnung an die Therapie eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms. Im Rahmen des Stagings vor geplanter adjuvanter Strahlentherapie zeigte sich 05/07 ein Rezidiv in der Bauchdecke (4×4cm). Die Bauchwandmetastase bei sonst unauffälligem Staging wurde makroskopische komplett reseziert (05/07) und anschließend erfolgte die kombinierte Radiochemotherapie bis 07/07. Bei erneutem Rezidiv in 08/07 erfolgte die operative Sanierung mittels Bauchdeckenmetastasenresektion und Komplettresektion von 3 Peritonealmetastasen bei ansonsten unauffälligem abdominellen Situs. Anschließend wurden 3 Zyklen Paclitaxel 175mg/m KOF 3-wöchtlich appliziert bis 10/07. Daraufhin ausgedehnter Progress im Bereich der gesamten Bauchdecke und mässig Aszitesbildung. Daraufhin Entschluss zur Kombinationstherapie mit Hyperthermie und Caelyx 40mg/m2, 4-wöchtlich. Es wurden 2 Zyklen bis 12/07 verabreicht. Bei nur mässiger Verträglichkeit zeigte sich ein ausgeprägter Progress mit multiplen Hautmetastasen, lymphogenen, hepatischen Filiae und Pankreasmetastase sowie Befall der gesamten Bauchdecke und im weiteren Verlauf Entwicklung einer enterokutanen Fistelung. Eine ursprünglich geplante Therapie mit Bevacizumab konnte aufgrund des fulminanten Verlaufs nicht mehr durchgeführt werden.

Diskussion: Die Prognose des kleinzelligen Ovarialkarzinoms vom hyperkalzämischen Typ ist sehr ungünstig. Wir empfehlen daher möglichst alle Patientinnen mit dieser sehr seltenen Entität multimodal (Chemotherapie, Radiatio und Biologicals) zu therapieren, um dadurch gegebenenfalls die Chancen für ein verbessertes Outcome zu erhöhen. Wichtig ist eine radikale operative Vorgehensweise und überlegenswert ist der frühzeitige Einsatz von Biologicals. Ebenso empfehlen wir aufgrund der schwierigen Diagnosestellung eine Referenzpathologie durchführen zu lassen.