Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO1_3
DOI: 10.1055/s-2008-1075773

Akute Schwangerschaftsfettleber mit beginnendem Leber- und Nierenversagen in der 37. Schwangerschaftswoche – ein Fallbericht

E Wiegelmann 1
  • 1Frauenklinik – Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum

Die akute Schwangerschaftsfettleber ist eine Erkrankung der zweiten Schwangerschaftshälfte. Die Inzidenz wird auf 1:7000 bis 1:16000 Schwangerschaften geschätzt. Die Erkrankung ist häufig mit einem autosomal-rezessiv vererbten Defekt des Enzyms 3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase verbunden. Die wichtigsten Differentialdiagnosen sind das HELLP-Syndrom und die akute Virushepatitis. Die Abgrenzung zum HELLP-Syndrom ist häufig schwierig. Die Erkrankung kann zum akuten Leber- und Nierenversagen führen.

Ziel unseres Beitrages ist es, einen typischen Fall einer Patientin mit Schwangerschaftsfettleber darzustellen und eine kurze Übersicht über Diagnostik, Therapie Differentialdiagnosen und Krankheitsverlauf zu geben.

Wir berichten über eine 31-jährige II. Gravida, Nullipara mit akuter Schwangerschaftsfettleber in der 37. SSW. Die Aufnahme der Patientin erfolgte wegen akuten, krampfartigen Oberbauchschmerzen sowie rezidivierender Übelkeit seit 3 Wochen. Kardiotokogramm und Sonographie mit Fetometrie bei der Aufnahmeuntersuchung ergaben keinen pathologischen Befund. Der Blutdruck war normwertig. Es bestand keine Proteinurie. Die weiteren Laboruntersuchungen zeigten eine mäßige Leukozytose, eine Erhöhung der GOT auf 451U/l, der GPT auf 441U/l, eine Erniedrigung des Quickwertes auf 49%, eine Verminderung des Gesamteiweißes sowie des Albumin im Serum und eine Erhöhung von Kreatinin und Harnsäure. Die Thrombozytenzahl lag im Normbereich. Die weitere Gerinnungsdiagnostik zeigte einen deutlichen Abfall des AT III.

Es wurde die Diagnose einer akuten Schwangerschaftsfettleber mit beginnender Einschränkung der Leber- und Nierenfunktion gestellt und eine primäre Sectio caesarea in Intubationsnarkose durchgeführt. Die Patientin wurde von einem reifen Jungen (Apgar 8/8/9, Nabelschnur-pH 7,29) entbunden. Das Neugeborene wurde bei leichter respiratorischer Anpassungsstörung durch den Pädiater versorgt, erholte sich rasch und zeigte auch im weiteren Verlauf keine Auffälligkeiten.

Postoperativ wurde die Patientin für 7 Tage auf der Intensivstation überwacht. Die Transaminasenerhöhung war rasch rückläufig. Die Normalisierung der Gerinnungsparameter erfolgte langsamer nach Substitution von Gerinnungsfaktoren. Am zweiten Tag nach der Sectio erfolgte eine Bauchdeckenrevision mit Ausräumung eines großen, subfaszialen Hämatoms. Der weitere Verlauf war komplikationslos. Am 13. postoperativen Tag konnte die Patientin nach Hause entlassen werden. Bei der Patientin wurde ein 3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt diagnostiziert. Die Lebererkrankung war komplett rückläufig. Aufgrund des Wiederholungsrisikos entschloss sich die Patientin jedoch gegen eine weitere Schwangerschaft.