Pneumologie 2008; 62 - P263
DOI: 10.1055/s-2008-1074180

Nicht alles, was pfeift, ist Asthma

U Schneider 1, S Kohr 1, H Moor 1, W Padberg 2
  • 1Pneumologische Klinik Waldhof Elgershausen
  • 2Allgemein-, Viszeral-, Thorax-, Transplantations- und Kinderchirurgie der JLU Gießen

Eingewiesen wird ein 16-jähriges Mädchen mit der Verdachtsdiagnose Pneumonie, zuvor waren Hämoptysen aufgetreten. Anamnestisch war im Dezember 2003 erstmals eine Pneumonie im linken Unterlappen diagnostiziert und antibiotisch behandelt worden. Die radiologischen infiltrativen Veränderungen waren damals nach Abschluss der Therapie in Anbetracht des Alters der Patientin nicht kontrolliert worden. Der im Anschluss persistierende Husten war als Symptom eines Asthmas gedeutet und therapiert worden. Rezidivierende respiratorische Infekte in der Folgezeit hatten zu keiner weiteren Diagnostik geführt.

Klinisch zeigt sich eine 16-jährige Patientin in gutem Allgemeinzustand mit Belastungsdyspnoe. Nativradiologisch fällt eine Unterlappenatelektase links auf. Lungenfunktionell wird eine leichtgradige Restriktion gemessen, der Gasaustausch zeigt Normoxämie bei leichtgradiger Hypokapnie. Bronchoskopisch makroskopisch imponiert im distalen linken Stammbronchus ein kugeliger livider Tumor, der diesen komplett verlegt. Vom Aspekt ist der Tumor mit einem Karzinoid vereinbar. Die Cytologie ergibt Zellen zweifelhafter Dignität (Pap III).

Die Patientin wird zur operativen Therapie vorgestellt. Durchgeführt wird zunächst eine linksseitige Unterlappenresektion, aufgrund der Tumorausdehnung und der anatomischen Gegebenheiten ist aber zuletzt eine linksseitige Pneumonektomie nötig. Die histologische Aufarbeitung ergibt ein Karzinoid, das Tumorstadium ist pT2 pN1 M0. Eine Nachbehandlung erfolgt nicht. Der postoperative Verlauf ist komplikationslos.

Karzinoide sind Tumore des neuroendokrinen Systems, die sich durch hohe Differenzierung und sehr langsames Wachstum auszeichnen. Sie treten insgesamt selten und meist im höheren Lebensalter auf. Die Manifestation eines solchen Tumors bei einer 16-Jährigen ist eine extreme Rarität. Wie der vorliegende Fall zeigt, müssen eine persistierende Reizhustensymptomatik sowie rezidivierende bronchiale Infekte Anlass zu einer weiterführenden Diagnostik geben.