Aktuelle Urol 1985; 16(6): 309-312
DOI: 10.1055/s-2008-1062596
Der interessante Fall

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart · New York

Ist die perkutane Harnableitung bei Patienten mit inkurablem Blasenkarzinom eine sinnvolle palliative Maßnahme?

Is the Percutaneous Urinary Diversion in Patients with Incurable Bladder Cancer an Acceptable Palliative Procedure?S. C. Müller, P. H. Walz, K. Klose1 , G. H. Jacobi
  • Urologische Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. R. Hohenfellner) (Direktor: Prof. Dr. M. Thelen) im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
  • 1Institut für klinische Strahlenkunde (Direktor: Prof. Dr. M. Thelen) im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
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Publication Date:
23 April 2008 (online)

Zusammenfassung

Für Patienten mit fortgeschrittenem Blasenkarzinom gibt es kein anerkanntes Therapiekonzept. Bei 50 Patienten mit inkurablem Blasenkarzinom haben wir eine perkutane Nephrostomie zur palliativen Harnableitung durchgeführt. Die Überlebenszeit lag durchschnittlich bei 6,6 Monaten. Nach einem halben Jahr waren bereits 62% der Patienten verstorben, nur 12% überlebten länger als ein Jahr. An zwei Patienten (5%), die bereits länger als zwei Jahre überlebt haben, zeigt es sich, daß die oft humanitär geprägte Meinung, dem Patienten einen »gnädigen Tod« in der Urämie zu gönnen, sehr problematisch sein kann. Die Indikation zur palliativen Nephrostomie muß unter Berücksichtigung vieler Faktoren immer individuell gestellt werden. Die nur sehr kurze Verlängerung des Lebens wird oft durch andere schwerwiegende Probleme überschattet. Nur durch die konsequente Anwendung aller zur Verfügung stehender perkutaner bzw. angiographischer Techniken kann der Urologe Notfallsituationen wie Sepsis, Blutung und schwerste Blasentenesmen erfolgreich behandeln, ohne dabei das Risiko eines chirurgischen Eingriffs in Narkose einzugehen. Nur wenn man bereit ist, gegebenenfalls die transarterielle Embolisation blutender Tumorgefäße bzw. der kontralateralen Niere durchzuführen und die Blase durch Ballon-Ureterokklusion »trocken zu legen«, ermöglicht die perkutane Nephrostomie dem unheilbar kranken Patienten in vielen Fällen ein ruhigeres Lebensende.

Abstract

There is no therapeutic consent for patients with end-stage bladder tumors. Percutaneous nephrostomy as a palliative urinary diversion was performed in 50 patients with far advanced bladder cancer disease.

The average survival time was 6.6 months. 62% of the patients died within half a year, only 12% survived one year and longer.

However, two patients (5%) still alive after more than 2 years are an example against the common opinion that uremia might be a humane death. Each case of palliative urinary diversion must be decided individually. Prolongation of life is short and of poor quality.

Only the combination of all available percutaneous techniques gives the chance to avoid surgery in such emergency situations as uremia or local tumor symptoms. To control all those problems transarterial embolisation of bleeding tumor vessels or embolisation of the contralateral kidney and ballon occlusion of the ipsilateral ureter are effective tools to offer these patients more peace in their last days of life.

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