Klinische Neurophysiologie 1997; 28(2): 103-113
DOI: 10.1055/s-2008-1060162
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zentrales EMG

Electromyographic techniques for analysis and monitoring of movement disordersG. Deuschl, F. X. Glocker1
  • Neurologische Klinik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel,
  • 1Neurologische Klinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
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Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Several techniques based on electromyography have been developed to assist the diagnosis and monitoring of movement disorders. Long-latency reflexes (LLR) of hand muscles show a lack of the transcortical reflex in case of lesions within the central transcortical pathway and in Huntington's Disease. Enhanced LLR are found in some movement disorders and are helpful for the differential diagnosis of akinetic-rigid syndromes and the differential diagnosis of myoclonus. Brainstem reflex testing is useful for the diagnosis of lesions within the brainstem or cranial nerves. Paired stimulation techniques allow the evaluation of central excitability of brainstem pathways. The measurement of ephaptic late responses between branches of the facial nerve is the ultimate diagnostic confirmation for hemifacial spasm. Polymyography is a useful tool for the differential diagnosis of tics and myoclonus. It is mandatory for the diagnosis of orthostatic tremor and asterixis and it is sometimes useful for the differential diagnosis of other tremors. Polymyography is meanwhile frequently used to guide the treatment with botulinumtoxin and to monitor the muscles to be injected. This is an important extension of electrophysiological techniques from diagnostic procedures into therapeutic applications.

Zusammenfassung

Eine Reihe von EMG-Untersuchungen können dazu genutzt werden zentralmotorische Erkrankungen zu diagnostizieren. Die vorliegende Übersicht faßt die Möglichkeiten der Long-Iatency-Reflexe (LLR), der Polymyographie, der Hirnstammreflexe und der Fazialisast-Neurographie zusammen. Die Long-Iatency-Reflexe können bei Läsionen des zentralen transkortikalen Reflexweges und bei der Chorea Huntington ausfallen. Bei einigen Bewegungsstörungen finden sich Enthemmungen der Reflexe, die bei der Differentialdiagnose von akinetischrigiden und myoklonischen Syndromen hilfreich sind. Die Polymyographie ist zur Differentialdiagnose der Tics und der Myoklonien oft wichtig. Sie ist unbedingt erforderlich zur Diagnose des orthostatischen Tremors und der Asterixis, und sie ist manchmal nützlich bei der Diagnostik anderer Tremorsyndrome. Das Einsatzgebiet der Hirnstammreflexe umfaßt neben der Diagnostik von Fazialis- und Trigeminusläsionen insbesondere die Läsionslokalisation im Hirnstamm. Mittels repetitiver und gepaarter Reiztechniken eignen sich die Hirnstammreflexe zum Nachweis einer erhöhten Exzitabilität von Moto- und Interneuronen auf Hirnstammebene, wie sie z. B. bei verschiedenen Dystonieformen und beim Morbus Parkinson gefunden wird. Die Fazialisast-Neurographie dient zum Nachweis einer ephaptischen Erregungsausbreitung und liefert pathognomonische Befunde beim hemifazialen Spasmus, die in zweifelhaften Fällen bei der Abgrenzung gegen einen einseitig beginnenden Blepharospasmus diagnoseweisend sind. Besondere Bedeutung hat die Polymyographie in den letzten Jahren zur Optimierung der Botulinumtoxin-Behandlung der Dystönien und andere Hyperkinesen erlangt. Einige Indikationen sind ohne dieses Hilfsmittel nicht zu behandeln, bei anderen kann dadurch eine wichtige Optimierung erfolgen. Die klinische Elektrophysiologie wird hier eng in therapeutische Prozeduren eingebunden.

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