Klinische Neurophysiologie 2000; 31(2): 59-64
DOI: 10.1055/s-2008-1060040
Originalia

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pathologische späte Reizantworten nach transkranieller Magnetstimulation bei Patienten mit Stiff-Man-Syndrom

Abnormal Late Responses upon Transcranial Magnetic Stimulation in Patients with Stiff Man SyndromeW. J. Schulte-Mattler, M. Deschauer, M. Kornhuber, S. Zierz
  • Neurologische Klinik und Poliklinik, Martin-Luther-Universität, Halle (Saale)
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Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Introduction: Stiff Man Syndrome (SMS) is a rare disorder characterized by fluctuating stiffness of axial and proximal limb muscles. The diagnosis is made on clinical signs and symptoms. Elevated titers of antibodies against glutamic acid decarboxylase support the diagnosis. Abnormal late responses (LRs) upon transcranial stimulation (TMS) were found in a patient with SMS. We report on the follow-up of this patient and on TMS findings in another patient with SMS. Methods: Cortex and lumbar plexus were stimulated with a magnetic stimulator. Compound muscle action potentials from anterior tibial muscles were recorded with surface electrodes in the patients and in 22 healthy controls. Results: Upon TMS, in both patients primary responses were normal, but there were LRs with a latency of 69 ms and 67 ms, respectively. The LRs were independent of an attack of stiffness and did not habituate. In the first patient, treatment with diazepam was clinically effective. The LRs were abolished after treatment and did not recur during the following 2 years. In the second patient, treatment with immunoglobulins in addition to benzodiazepines was clinically effective. After this treatment LRs disappeared only in the right leg. Discussion: The LRs were abnormal because they occurred within the physiological silent period. The correspondence between the presence of the LRs and the patients, symptoms indicates that the LRs are part of SMS. In contrast to other electrophysiological findings in SMS, such as spasmodic reflex myoclonus, the LRs showed no habituation. TMS may be a simple test for SMS.

Zusammenfassung

Einleitung: Das Stiff-Man-Syndrom (SMS) ist eine seltene Erkrankung mit dem Leitsymptom einer fluktuierenden Muskelsteife unbekannter Ätiologie. Die Diagnose wird klinisch gestellt und durch den Nachweis von Autoantikörpern gegen Glutamat-Dekarboxylase gestützt. Differenzial-diagnostisch kann die Abgrenzung gegenüber funktionellen Bewegungsstörungen Schwierigkeiten machen. Bei einer Patientin mit SMS wurden abnorme späte Reizantworten nach transkranieller Magnetstimulation (TKMS) beobachtet. Über den weiteren Krankheitsverlauf dieser Patientin und über TKMS-Befunde einer weiteren Patientin mit SMS wird berichtet. Methodik: Reizantworten nach Magnetstimulation des Kortex und des lumbalen Plexus wurden von den Fußhebermuskeln der Patientinnen und von 22 Gesunden abgeleitet. Ergebnisse: Nach TKMS fanden sich bei beiden Patientinnen neben normalen primären Reizantworten späte Antworten mit einer Latenz von 69 ms bzw. 67 ms. Die späten Antworten traten unabhängig von den Attacken von Muskelsteife auf und habituierten nicht. Nach Behandlung der ersten Patientin mit Diazepam ging die Muskelsteife deutlich zurück und die späten Antworten verschwanden. Bei der zweiten Patientin waren die späten Antworten nach einer Therapie mit Immunglobulinen zusätzlich zu Clonazepam nur noch im linken Bein nachweisbar. Diskussion: Die späten Antworten waren pathologisch, da sie während der physiologischen „silent period” nach TKMS auftraten. Der Zusammenhang zwischen dem Auftreten der späten Antworten und dem Ausmaß der Beschwerden legt nahe, dass die späten Antworten ein Zeichen der Erkrankung sind. Im Gegensatz zu anderen elektrophysiologischen Befunden bei Stiff-Man-Syndrom, z.B. dem spasmodischen Reflex-Myoklonus, habituierten die hier beschriebenen späten Antworten nicht. Mittels TKMS kann möglicherweise ein SMS einfach nachgewiesen werden.

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