Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225 - V111
DOI: 10.1055/s-2008-1058037

Beeinflussen Blaufilter IOL-psychophysische Parameter?

AJ Augustin 1
  • 1Karlsruhe

Lichtwahrnehmung erfolgt über zwei Systeme (visuell/non-visuell) durch verschiedene Photopigmente mit definierten Anregungsmaxima. Aufgrund sich wechselseitig beeinflussender Verschaltungen, Adaptationsprozesse sowie Projektionen auf unterschiedliche Hirnareale liegt eine hohe Komplexität vor. Angesichts dieser hochkomplexen, neuronalen Verarbeitung eingehender Lichtsignale sollte zur Bewertung von möglichen Auswirkungen von Blaufilterlinsen auf verschiedene sinnesphysiologische Parameter zunächst deren Einfluss auf die jeweiligen Eingangssignale überprüft. Bezüglich des zirkadianen Rhythmus ist festzuhalten, dass am Maximum des Geschehens zur Messung der Lichtintensität, bei 480nm, Blaufilterlinsen in etwa den Transmissionseigenschaften der natürlichen Linse von Kindern entsprechen. Des Weiteren ergibt die kritische Evaluation der Physiologie des circadianen Rhythmus beim Menschen zahlreiche sich gegenseitige beeinflussende und kontrollierende Messfühler und Stellglieder. Außerdem ist Licht nur an der Feineinstellung des Rhythmus beteiligt. Eine Beeinträchtigung des circadianen Rhythmus durch Blaufilterlinsen ist daher nicht zu erwarten. Klinische Vergleichsstudien zur Lebensqualität und mentalen Gesundheit bestätigen diese Einschätzung. Auch hinsichtlich des skotopischen Sehens sind nach Implantation von Blaufilterlinsen unter natürlichen Lichtbedingungen keine klinisch relevanten Beeinträchtigungen zu befürchten. Denn am Maximum des Geschehens zur skotopischen Lichtrezeption, 507nm, lässt eine Blaufilterlinse mit 85% sogar etwas mehr Licht durch als die natürliche Linse eines Kindes. Auch hier bestätigen klinische Studien dieses Ergebnis. Eine Implantation von UV-Blocker- oder Kantenfilterlinsen wirkt sich auf keinen der hier beschriebenen physiologischen Parameter positiv – im Sinne einer Verbesserung z.B. des skotopischen Sehens oder einer „stabileren“ circadianen Rhythmik – aus. Klinische Vergleichsstudien zwischen UV-Blocker- und Blaufilterlinsen bestätigen diese Einschätzung. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine klinisch signifikante Beeinträchtigung verschiedener physiologischer Parameter wie skotopisches Sehen, Farben- oder Kontrastsehen bzw. eine Beeinträchtigung des circadianen Rhythmus durch Blaufilterlinsen nicht wahrscheinlich. Hingegen wurde die protektive Wirkung von Blaufilterlinsen vor energiereichem blauem Licht zumindest in labor- und tierexperimentellen Untersuchungen bereits nachgewiesen. Diese Daten müssen selbstverständlich in einer prospektiven Studie untermauert werden. Hier sollten dann auch Fragen wie Indikation für Blaufilterlinsen und Existenz eines Risikokollektivs geklärt werden.