Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225 - R3
DOI: 10.1055/s-2008-1057927

Grundlagen und therapeutisches Konzept des Kollagen-Crosslinking

G Wollensak 1
  • 1Universitätsaugenklinik Halle/Saale

2003 wurde von Wollensak die Behandlung des Keratokonus mittels Kollagen-Crosslinking in einer klinischen Pilotstudie eingeführt. Seitdem hat die Methode zunehmende Verbreitung und neue Anwendungsmöglichkeiten gefunden. Beim Kollagen-Crosslinking der Hornhaut wird nach zentraler Epithelabrasio der Photosensibilisator Riboflavin aufgetragen und die Hornhaut mit UVA-Licht der Wellenlänge 370nm für 30min bestrahlt (3 mW/cm2). Dabei entstehende freie Radikale induzieren kovalente Bindungen in den Kollagenfibrillen, welche zu einer Erhöhung der Rigidität der menschlichen Hornhaut um 328% führt. Der Behandlungseffekt ist am effektivsten in den vorderen 242µm des Hornhautstromas und führt dort auch zu einem signifikanten Antihydratationseffekt. Als morphologisches Korrelat der Behandlung findet sich in der vorderen Hornhaut eine Zunahme des Kollagenfaserdurchmessers um 12% und als biochemisches Korrelat eine Polymerbande von mindestens 1000 kDa in der Gelelektrophorese. Des Weiteren ist die Resistenz gegenüber enzymatischem Abbau durch Kollagenase deutlich erhöht. Zytotoxizitätstudien in Kaninchen und Zellkulturen haben für die Keratozyten eine Schädigungs-Schwellendosis von 0,5–0,77 mW/cm2 und für die Endothelzellen von 0,35 mW/cm2 ergeben. Bei der Standard-Riboflavin/UVA-Behandlung ist mit einem Verlust der Keratozyten durch Apoptose bis in eine Tiefe von 300µm zu rechnen, welcher durch Repopulation wieder ausgeglichen wird. Das Endothel würde bei einer Hornhautdicke inklusive Epithel unter 400µm irreversibel geschädigt, sodass eine Pachymetrie und Dosimetrie vor jeder Behandlung obligat sind. Für die Behandlung des Keratokonus durch Crosslinking liegen mittlerweise schon 7-Jahres-Ergebnisse vor, welche ein effektives Stoppen der Progression von Keratokonus belegen („freezing“). Eine Kombination mit refraktiven Verfahren zur optischen Korrektur des Keratokonus ist möglich. Weitere neue Indikationen sind der Einsatz bei pellucidaler marginaler Randdegeneration, Hornhautulcus, bullöser Keratopathie, iatrogener Keratektasie nach LASIK und Orthokeratologie. Das Kollagen-Crosslinking ist eine sichere und kostengünstige Methode des Tissue-Engineering der Hornhaut und eröffnet einen völlig neuen Ansatz zur Behandlung zahlreicher Hornhauterkrankungen, wodurch auch der Bedarf an Keratoplastiken in der Zukunft für einige Indikationen deutlich gesenkt werden sollte.