Hintergrund
Mistelextrakte gehören zu den am meisten verwendeten komplementärmedizinischen Krebstherapien
in Mitteleuropa. Es wurden zahlreiche klinische Studien durchgeführt, deren Aussagekraft
jedoch kontrovers diskutiert wird. Es wurde nun ein systematisches Review kontrollierter
klinischer Studien durchgeführt mit der Frage, ob sie die Wirksamkeit der Misteltherapie
onkologischer Erkrankungen überzeugend belegen.
Methoden
Die Studien wurden gesucht durch Recherche in 11 elektronischen Datenbanken und in
Literaturlisten sowie durch Expertenbefragung. Die Qualität der Studien wurde kriteriengestützt
kritisch bewertet.
Ergebnisse
23 prospektive klinische, kontrollierte Studien zur Misteltherapie der Krebserkrankung
wurden gefunden: 16 waren randomisiert, 2 quasi-randomisiert und 5 nicht randomisiert.
Die behandelten Krebsarten waren Mamma-, Bronchial-, Kolon- und Rektum-Ca., Kopf-,
Halstumoren, Nieren-, Blasenkarzinom, Gliom und genitale Karzinome. In diesen Studien
zeigte sich ein statistisch signifikantes positives Ergebnis 8-mal für das allgemeine
Überleben, 1-mal für Tumorremissionen, 3-mal für die allgemeine Lebensqualität und
3-mal für die Lebensqualität im Verlauf einer zytoreduktiven Therapie. Darüber hinaus
zeigte sich ein positiver Trend 8-mal für das Überleben, 1-mal für das krankheitsfreie
Überleben, und 2-mal für die Tumorremission. Keinen Effekt zeigten 4 Studien auf das
Überleben, 1 Studie auf das krankheitsfreie Überleben, 2 Studien auf Tumorrezidive,
3 Studien auf die Tumorremission und 1 Studie auf die Lebensqualität. Eine Studie
zeigte einen negativen Trend für das krankheitsfreie Überleben. Die Qualität von Studiendesign,
-durchführung und -publikation lag teilweise weit unter dem heute als notwendig oder
optimal erachteten Standard. In Anbetracht der beträchtlichen Heterogenität der Studien
und der positiven und negativen Biasmöglichkeiten wurde auf eine Effektbestimmung
mittels quantitativer Metaanalyse verzichtet und eine nicht-quantitative Synthese
und Darstellung gewählt.
Schlussfolgerungen
Alle Studien weisen, mehr oder weniger, methodische Schwächen auf. Da auch einige
besser durchgeführte Studien die Wirksamkeit der Misteltherapie deutlich nahelegen,
sollten weitere klinische Studien durchgeführt werden; hierbei sollten aber unbedingt
die Schwächen vergangener Mistelstudien vermieden werden.
[1] Kienle GS, et al.: Eur J Med Res 2003; 8: 109–119.
[2] Kienle GS, Kiene H: Die Mistel in der Onkologie – Fakten und konzeptionelle Grundlagen.
Stuttgart, New York: Schattauer; 2003.