Z Orthop Unfall 1985; 123(1): 1-12
DOI: 10.1055/s-2008-1039712
© 1985 F. Enke Verlag Stuttgart

Funktionelle Elektrostimulation querschnittgelähmter Patienten - 1 Jahr praktische Anwendung

Erfolge der Patienten und ErfahrungenFunctional Electrostimulation of Paraplegic Patients: 1 Year of Practical ApplicationSuccesses Achieved by Patients and Experience GatheredH. Kern, M. Frey2 , J. Holle2 , W. Mayr1 , G. Schwanda1 , H. Stöhr1 , H. Thoma1
  • Institut für Physikalische Medizin, Wilhelminenspital der Stadt Wien (Leitung: Prim. Dr. H. Kern)
  • 1II. Chirurgische Universitätsklinik Wien, Biotechnisches Labor (Leitung: Univ. Prof. Dr. Dipl.-Ing. H. Thoma)
  • 2II. Chirurgische Universitätsklinik Wien (Leitung: Prof. Dr. E. Wolner), Abteilung für Plastische Chirurgie (Leitung: Prof. Dr. G. Freilinger)
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Publication Date:
14 May 2008 (online)

Zusammenfassung

Im Oktober 1982 wurden an der II. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien, weltweit erstmalig, je zwei Acht-Kanal-Stimulationsgeräte zwei querschnittgelähmten Patienten implantiert.

Beidseits wurden je 4 Elektroden am Nervus femoralis und am Nervus gluteus inferior mittels mikrochirurgischer Technik angenäht.

Ziel ist es, querschnittgelähmten Patienten das “aktive Aufstehen” und das “Gehen mit 2 Stützkrücken” über kürzere Strecken zu ermöglichen. Dazu müssen sie lernen, mit den Fingern das implantierte Mehrkanalstimulationsgerät “schrittähnlich” zu steuern sowie die Koordination mit der Stützfunktion und der Gleichgewichtsfunktion der Arme herzustellen. Der Rollstuhl soll und kann dadurch nicht ersetzt werden:

Nicht ohne Rollstuhl, sondern mit Rollstuhl und funktioneller Elektrostimulation.

Ein umfangreiches Aufbau- und Trainingsprogramm für Muskelkraft, Gleichgewichtkontrolle und Gangschulung war notwendig. Da beide Patientinnen berufstätig sind, war ein Heimprogramm erforderlich, um die Therapie zu Hause und/oder am Arbeitsplatz absolvieren zu können.

Nach 4 Monaten hatten Kraft und Ausdauer um ca. 200% zugenommen. Die Patienten konnten in einem Standbarren ohne fremde Hilfe stimuliert aufstehen.

Im Rehabilitationszentrum Bad Häring wurden im März 1983 (= 5. Monat postop.) die ersten “Schritte” im Rollbarren getan. Als Höhepunkt war von einer Patientin das stimulierte Aussteigen aus ihrem Auto und Gehen im Schwunggang über eine Distanz von 50-60 Metern möglich.

Nach 1 Jahr ist die Kraft der Muskulatur vervierfacht, die Ausdauerfähigkeit wurde um das 20-30fache, je nach Belastungsart gesteigert. Beiden Patienten ist ein “Gehen” im 4-Punkte-Gang und im Schwunggang über kürzere Distanzen ohne fremde Hilfe, gestützt auf zwei Krücken, möglich. Stimuliertes Fahrradfahren in der Ebene wurde demonstriert.

Abstract

In October 1982 two patients soffering from paraplegia ware, world wide for the first time, implanted two 8-channel-stimulation-devices at the II. Surgical Clinics Vienna.

Four elektrodes were fixed to the nervus femoralis and the nervus gluteus inferior with the help of microsurgical techniques.

The aim of the operation is to enable the paralysed patient to “stand up himself” and to “cover a short distance on crutches”. They must learn to manipulate the implanted “more-channel-device” with their fingers, and to coordinate this with the supporting function and the balance function of their arms. The wheelchair shall not and cannot be substituted with this method:

Not without, but with wheel-chair and functional elektrostimulation.

A comprising training-programme for building up muscles, balance control and gait training was necessary. After 4 months muscle-force and endurance had increased 200%. The patients could stand up stimulatedly without help between parallel bars.

At the rehabilitation center Bad Häring the first steps were done in March 1983 (= 5. month after operation). The greatest success was when a patient could get stimulatedly out of her car and do the through-swinggait over a distance of 60 meters.

After one year the muscle force was quadrupled, the endurance was increased 20-30 times, depending on the type of gait.

Both patients are able to walk in the 4-P-gait or swingthrough-gait on chrutches over short distances without help from others.

Riding a bicycle stimulatedly on even ground was demonstrated.

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