Geburtshilfe Frauenheilkd 1989; 49(5): 472-476
DOI: 10.1055/s-2008-1036405
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kommunikation, Compliance und perinatale Risiken bei türkischen Frauen in Tirol

Communication, Compliance and Perinatal Risks in Turkish Women in TyrolCh. Brezinka1 , O. Huter1 , G. Busch1 , S. Unus2
  • 1Univ.-Klinik für Frauenheilkunde Innsbruck (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. O. Dapunt)
  • 2Lehrbeauftragter für „Türkisch am Krankenbett“ an der Medizinischen Fakultät Innsbruck
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

152 in Tirol wohnende türkische Frauen wurden untersucht. Bei 121 Frauen wurden Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbettverlauf analysiert. 31 schwangere Türkinnen wurden anläßlich von Routinekontrollen in ihrer Muttersprache befragt. Die Compliance bei den Schwangeren-Vorsorgeuntersuchungen ist bei unserem Kollektiv gut, mehr als 80% der Frauen nehmen an mindestens 4 Untersuchungen teil. Bei diesen Untersuchungen werden eine Anzahl, mit der Schwangerschaft nicht in Zusammenhang stehende Krankheiten diagnostiziert. Mangelnde Kommunikation bei der Erhebung der Anamnese, die durch insuffiziente Hilfsdolmetsrher kaum verbessert wird, stellt ein wesentliches Problem dar. Die Sectiorate liegt bei 11 %, die kindliche Mortalität liegt wesentlich über dem Durchschnitt. Obwohl Türkinnen nur 2% des Patientinnenkollektivs darstellen, belastet die kindliche Mortalität aus dieser Gruppe die Gesamtmortalität der Klinik erheblich. Probleme mit religiösen Geboten - etwa der Weigerung, die als „unrein“ empfundene Gestose-Diät der Klinik zu essen - hatten keinen Rinfluß auf kindliche und mütterliche Morbidität und Mortalität. Die Hygienevorschriften des Islam, die festen Familienbande und die gute Compliance, wenn die Notwendigkeit einer bestimmten Untersuchung einleuchtend erklärt wird, sind Faktoren, die einen guten Schwangerschaftsausgang begünstigen und die noch zuwmiig ausgenützt werden. Die Autoren weisen darauf hin, daß durch eine Verbesserung der Kommunikation ein Großteil der diese Personengruppe betreffenden Risiken rechtzeitig erkannt und behoben werden könnte.

Abstract

Migrant workers from Turkey and their families make up 1 % of the population of the Tyrol province in the west of Austria. They are the largest group of aliens. 152 Turkish women who were seen at our obstetrics department were investigated. Records of 121 women who had given birth to infants in the years 1984 - 86 were compared. 31 pregnant women were interviewed in their native language. More than 80 % of all women studied went for routine check-ups four times or more during pregnancy. A number of conditions that would otherwise remain undetected are being diagnosed at routine pregancy checks: tuberculosis, diabetes, genetic disease. Although patient compliance is good in this group, communication problems often put a successful outcome of the pregnancy at risk. Many women, who have been living in Austria for many years, are still unable to speak and understand German. Unqualified interpreters (husbands, children, relatives, hospital cleaning staff that is composed largely of Turks) often create problems by making up things the doctor would like to hear. The rate of cesarean sections is 11 % in this group. Perinatal infant mortality rate is much higher than in the native Austrian population. The strict hygienic rules of Islam, the support, and nurture supplied by the tightly-knit family structure of Turkish emigrants and a basically confident and trusting attitude towards doctors and nurses, if these can make themselves understood, should be recognised as positive factors and should be used to reduce perinatal risks in pregnant Turkish women.