Klin Monbl Augenheilkd 1998; 213(10): 191-196
DOI: 10.1055/s-2008-1034972
Übersicht

© 1998 F. Enke Verlag Stuttgart

Genetik und molekulare Diagnostik bei Retinoblastom

Genetic and molecular diagnostics in retinoblastomaDietmar Lohmann, Bernhard Horsthemke
  • Institut für Humangenetik der Universität Essen (Direktor: Prof. Dr. med. E. Passarge)
Further Information

Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 16.07.1998

in der vorliegenden Form angenommen

Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Das Retinoblastom ist ein bösartiger Netzhauttumor des Kindesalters. Die erbliche Form des Retinoblastoms, die bei nahezu allen familiär oder beidseitig Erkrankten vorliegt, wird durch Keimbahnmutationen in einem Allel des RB-Gens verursacht. Die Entstehung des Tumors wird durch den Verlust des zweiten Allels dieses Gens ausgelöst. Bei der nicht-erblichen Form des Retinoblastoms, die bei den meisten isoliert einseitig erkrankten Patienten vorliegt, tragen Keimbahnzellen kein mutiertes RB-Gen. Da klinisch bei keinem Patienten eine Keimbahnmutation ausgeschlossen werden kann, muß bei Angehörigen aller Patienten ein erhöhtes Risiko für Retinoblastom angenommen werden. Durch molekulargenetische Diagnostik kann jedoch, wenn die erforderlichen Proben zu Verfügung stehen, das Risiko meist genau bestimmt werden. Bei einem Teil der Angehörigen kann durch eine Segregationsanalyse ein erhöhtes Risiko ausgeschlossen werden. Oftmals ist jedoch die Kenntnis der krankheitsverursachenden Mutation für die Risikoprädiktion erforderlich. Die Mutationssuche wird durch die Größe und den komplexen Aufbau des RB-Gens sowie durch das heterogene Mutationsspektrum erschwert. Mit effizienten Scree-ningmethoden kann die ursächliche Mutation bei den meisten Erkrankten identifiziert werden. Dies ermöglicht bei allen Angehörigen eine genaue Risikobestimmung. Die molekulargenetische Diagnostik ist daher ein wesentlicher Bestandteil bei der Betreuung von Familien mit Retinoblastom geworden.

Summary

Retinoblastoma is a childhood malignancy of the eye. Almost all patients with familial or bilateral disease suffer from the hereditary form of the disease that is caused by germline mutations in one allele of the RB1 gene. Tumor development is initiated by the loss of the second RB allele in a retinal progenitor cell. Most patients with isolated unilateral disease have nonhereditary retinoblastoma and thus do not carry a mutant allele in their germline. In no patient, the presence of a germline mutation can be excluded clinically. Consequently, relatives are at an increased risk for retinoblastoma. Molecular testing, however, enables accurate risk prediction provided that samples are available. In some relatives an increased risk can be excluded by segregation analysis. Most often, however, identification of the disease causing mutation is necessary for accurate risk prediction. Mutation analysis, which is impeded by the size and complexity of the RB gene, is facilitated by use of efficient screening methods. Using these methods, the oncogenic mutation can be identified in most patients. Therefore, predictive testing has become an integral part of contemporary management of retinoblastoma.

    >