Klin Padiatr 1983; 195(4): 283-287
DOI: 10.1055/s-2008-1034384
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Granulozytenfunktionsdefekt, Chromosomenanomalien und Blutgruppenchimärismus bei zwei Schwestern mit familiärer aplastischer Anämie (Typ Estren-Dameshek)

Defective Granulocyte Function, Chromosome Anomalies and Blood Group Chimerism in two Sisters with Constitutional Aplastic Anemia (Type Estren-Dameshek)W.  Ebell1 , V.  Wahn1 , H. J. Gebauer2 , B.  Kuntz3 , G.  Arnoldussen1 , U.  Göbel1
  • 1Kinderklinik B, der Medizinischen Einrichtungen der Universität Düsseldorf
  • 2Institut für Humangenetik und Anthropologie der Medizinischen Einrichtungen der Universität Düsseldorf
  • 3Institut für Blutgerinnungswesen und Transfusionsmedizin der Medizinischen Einrichtungen der Universität Düsseldorf
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Publication History

Publication Date:
13 March 2008 (online)

Abstract

Two sisters with constitutional aplastic anemia combined with chromosome anomalies typical of Fanconi's anemia, but without malformations (as first described by Estern and Damsel) presented with pancytopenia. A partial response to treatment with androgens and/or steroids could be achieved in both patients lasting several years. Although the peripheral white cell count returned to approximately normal values, the function of these granulocytes remained defective. The important clinical relevance of this finding was obvious in the younger, 11 year old sister, who showed from the time of diagnosis at the age of 5 years until death six years later recurrent severe, bacterial infections with predominant skin involvement. In contrast her elder, 17 year old sisters had no essential problems during the course of her disease. The first event of sepsis occurred six years post diagnosis along with a rapid worsening of the pancytopenia. The different susceptibilities of both sisters to bacterial infections correlated well with the defect of the in vitro phagocytosis but not with the in vitro chemotaxis.

The spontaneous chromosome anomalies detected in the peripheral lymphocytes of both patients consisted of chromatid gaps, breaks and exchange configurations. The elder sister with the less severe clinical course showed the higher percentage of chromosomal aberrations (68% abnormal cells versus 30% in the younger sister). The sister-chromatid-exchange (SCE) analysis in this patient gave the same results as in normal individuals. And Additional finding was a blood group chimerism in the younger patient which, to our knowledge, has not been described in connection with constitutional aplastic anemia before. The analyses of the blood group with fluorescent antibodies showed that about 10% of the erythrocytes had blood group A and the rest blood group 0 (null).

This report demonstrates the clinical relevance of functional defects of granulocytes in aplastic anemia. In addition, we could detect in our patients chromosome anomalies typical for Fanconi's anemia, however no aberrations which might be specific for the Estren-Dameshek type of aplastic anemia.

Zusammenfassung

Zwei Schwestern mit familiärer aplastischer Anämie werden vorgestellt, bei denen die Panmyelopathie mit typischen Chromosomenanomalien für eine klassische Fanconi Anämie verbunden war, die aber keine Mißbildungen aufwiesen. Somit entsprachen sie den von Estren und Dameshek erstmals beschriebenen Fällen. Beide Mädchen sprachen über Jahre auf eine Therapie mit Androgenen und/oder Steroiden an. Trotz weitgehender Normalisierung der peripheren Granulozytenzahlen kam es bei beiden aber nur zur Ausschüttung von funktionell defekten Granulozyten, Dieser Funktionsdefekt war bei der jüngeren, 11 Jahre alten Schwester von erheblicher klinischer Relevanz, da sie vom Zeitpunkt der Diagnosestellung im Alter von 5 Jahren bis zu ihrem Tod 6 Jahre später an schweren polytopen, bakteriellen Infektionen litt, mit Bevorzugung der Haut, während die ältere, 17 Jahre alte Schwester einen weitgehend problemlosen Krankheitsverlauf zeigte und erst 6 Jahre nach Diagnosestellung erstmalig im Rahmen einer akuten Verschlechterung der Panmyelopathie eine Sepsis bekam. Mit dieser unterschiedlichen Infektionsanfälligkeit war der Grad des Phagozytosedefektes gut korreliert, während dieses für die Chemotaxisstörung nicht zutraf. Die bei beiden Patientinnen gefundenen, spontanen Chromosomenanomalien in peripheren Lymphozyten bestanden aus Chromatidgaps und -brüchen sowie Austauschfiguren (exchanges), wobei die ältere Schwester mit dem leichteren klinischen Verlauf die größere Chromosomeninstabilität zeigte (68% aberrante Zellen gegenüber 30% bei der jüngeren Schwester). Eine sister-chromatid-exchange (SCE) Analyse bei dieser Patientin zeigte normale Austauschraten. Ein seltener zusätzlicher Befund war ein Blutgruppenchimärismus bei der jüngeren Patientin, der unseres Wissens nach bisher nicht in Kombination mit familiären aplastischen Anämien beschrieben wurde. Immunfluoreszenzoptisch wiesen dabei etwa 10% der Erythrozyten die Blutgruppe A, der Rest die Blutgruppe 0 (Null) auf.

Hauptanliegen aber war es, auf die Bedeutung des Granulozytenfunktionsdefektes bei dieser Panmyelopathie hinzuweisen. Darüber hinaus konnten wir die klassischen Chromosomenanomalien der Fanconi Anämie nachweisen. Zusätzliche für den Typ Estren-Dameshek möglicherweise spezifische Veränderungen fanden sich nicht.

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