manuelletherapie 2008; 12(5): 228-229
DOI: 10.1055/s-2008-1027976
Kongressbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

6. DGOMT-Kongress vom 27.–28.9.2008 in Bad Birnbach

R. Petzold
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Publication Date:
11 December 2008 (online)

Zum Kongress der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Manuelle Therapie (DGOMT), bei dem sich alles um das Thema Hals-Schulter-Arm-Region drehte, waren Manualtherapeuten aus ganz Deutschland und Österreich angereist. Neben der Vertiefung ihres Wissens wollten sie vor allem die beiden Konzepturheber, Prof. Freddy M. Kaltenborn und Prof. Olaf Evjenth erleben.

Die 1. Vorsitzende der DGOMT, Uta Pfäffle, begrüßte die 200 Teilnehmer, Prof. Kaltenborn und Prof. Evjenth sowie die Ehrengäste Dr. Tom Laser und Prof. Lasse Thue.

Hintergrund der Fachtagung war das 20-jährige Bestehen der DGOMT. Einem Verein, der es sich bis heute zum Ziel setzt, die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Physiotherapeuten zu fördern und Physiotherapeuten im Rahmen der Orthopädischen Manuellen Therapie nach internationalen Standards (IFOMT-Standards) zu qualifizieren.

Christian Gloeck eröffnete den Kongress und stellte in seinem Vortrag die Geschichte der Manuellen Therapie in Deutschland und die Entwicklung der DGOMT von der Gründung bis in die Gegenwart dar. Dabei unterstrich er die bedeutende Rolle von Prof. Kaltenborn und Dr. Hinsen, die es deutschen Physiotherapeuten erst ermöglichten, die Manuelle Therapie der Extremitätengelenke und später der Wirbelsäule zu erlernen.

Ein Höhepunkt des 1. Vormittags war die praktische Demonstration der manualtherapeutischen Untersuchung in der HSA-Region von Prof. Evjenth. Er wies dabei auf die Bedeutung der Bandscheibe hin, die meist als primäre Ursache bei einer Symptomatik der Wirbelsäule zu sehen ist. Weiterhin zeigte er differenzialdiagnostische Möglichkeiten auf, die der Unterscheidung zwischen Muskulatur und neuraler Struktur dienen.

Der Nachmittag begann mit einem Referat von Ulrike Tautenhahn, die das Phänomen Schmerz anhand klinischer pathobiologischer Modelle erklärte und sich dabei auf aktuelle Forschungsergebnisse stützte. Die Manuelle Therapie nach dem Kaltenborn-Evjenth-Konzept beruht auf osteopathischen und chiropraktischen Grundlagen. Ralph Schunk stellte den Einfluss viszeraler Pathologien auf die Entstehung einer somatischen Dysfunktion heraus und leitete topografische, vaskuläre, fasziale und neurologische Verkettungen der Viszera zur HSA-Region ab. Lasse Thue verwies auf die Wichtigkeit der motorischen Kontrolle der tiefen gelenknahen Muskulatur bei der Rehabilitation der HWS und stellte in einer praktischen Demonstration die spezifische HWS-Stabilisation in seinen Steigerungen dar.

In den verschiedenen Workshops konnte das theoretische Wissen vertieft und in die Praxis umgesetzt werden. So zeigte unter anderem Heidi Sinz die obere HWS als eine fixierende Ersatzstrategie für den Verlust der linearen Aufrichtung auf und betonte aus neurophysiologischer Sicht die ganzheitlichen Aspekte der Therapie.

Am 2. Tag präsentierte der Österreicher Andreas Gattermeier anhand seiner Pilotstudie die Ergebnisse einer standardisierten radiologischen Videoanalyse. Er untersuchte in verschiedenen Gelenkstellungen die Traktion zwischen Glenoid und Humeruskopf. Die Auswertung der Videobilder ergab einen deutlichen Messunterschied zwischen Ruhe- und Traktionsposition.

Ralf Kusch zeigte in einer dreidimensionalen Videosequenz die anatomischen und biomechanischen Besonderheiten der oberen Kopfgelenke. Seine Aufnahmen sind in Deutschland einmalig und wurden erstmals einem breiten Publikum vorgeführt. In seinem Vortrag über die Kernpunkte seiner manualtherapeutischen Prinzipien in der arthroneuromuskulären Rehabilitation zog Prof. Kaltenborn die Zuhörer mit seinem umfangreichen Fachwissen und Erfahrungsschatz in seinen Bann. Er stellte die elementaren Aspekte der aktuellen Ruhestellung, der Behandlungsebene und -richtung (Konkav-Konvex-Regel) sowie der Längen- und Spannungsstufen und die Unterschiede zwischen Mobilisation und Manipulation hervor.

Rainer Schwarz beschrieb die Entstehung einer Myoarthropathie des Kiefergelenks und deren Einfluss auf die angrenzende HWS-Region. Um die Pathologien einer Myoarthropathie zu verstehen, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und genaue Betrachtungsweise des Kiefergelenks und seiner strukturellen Umgebung einschließlich der 16 Zahnpaare nötig.

Das Beste kam wie immer zum Schluss: die Manipulationsworkshops mit Freddy Kaltenborn und Olaf Evjenth am Sonntagnachmittag. Für alle Anwesenden war es eine besondere Ehre, beide Konzepturheber in Aktion erleben zu dürfen. Mit welcher Energie und Begeisterung sie die Teilnehmer an ihrem Können teilhaben ließen, war sensationell.

Damit ging ein rundum gelungener Kongress zu Ende, geprägt von interessanten Vorträgen/Workshops und außergewöhnlichen Menschen.

Die Abstracts der Vorträge sowie Fotos von der Veranstaltung können Interessierte unter www.dgomt.de einsehen.

Ronny Petzold

Email: RonnyPetzold@web.de

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